Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
irgendjemand in der Nähe des Tatorts etwas Verdächtiges gesehen hat, dann bitten wir ihn oder sie, sich bei der Polizei von Millers Kill zu melden.«
    »Auf welche Weise wurde das Opfer ermordet?«
    »Dazu kann ich vorläufig nichts sagen.«
    »Gibt es irgendwelche konkreten Spuren oder Anhaltspunkte? Irgendwelche Verdächtigen?«
    »Dr. Scheeler ist überzeugt, eine Untersuchung der Leiche könnte eindeutige Hinweise erbringen.« Das hatte der Arzt zwar nicht gesagt, aber Russ’ Erfahrung nach waren alle Pathologen sicher, etwas zu finden, wenn sie nur gründlich genug suchten. »Im Moment haben wir keine Verdächtigen.«
    »Vielen Dank, Chief.« Der Kamerascheinwerfer ging aus, und die junge Reporterin sagte mit normaler Stimme: »Nochmals danke. Wir hätten gern ein paar erste optische Eindrücke und einige Zeugenreaktionen. Sind Sie einverstanden?«
    Die Frage war pro forma gestellt, weil es nicht in seiner Macht lag, die Presse daran zu hindern, aber er wusste die Höflichkeit zu schätzen. »Überschreiten Sie mir nur nicht die Absperrung! Wir sind immer noch dabei, die Spuren zu sichern.«
    »In Ordnung. Los, Matt!« Es ertönte ein Klappern von Metall, als der Gorilla die Kamera schulterte und seiner Kollegin folgte.
    Russ duckte sich unter dem Band hindurch, um zu seinem Streifenwagen zu laufen. Er riss die Tür auf und schnappte sich das Mikrofon. Die Männer vom Leichenschauhaus – die Jungs mit dem Sack, wie Lyle sie nannte – tasteten sich mit ihrer Trage gerade aus dem Gebüsch heraus und gaben Acht, dass ihre Last nicht ins Rutschen geriet. Der Anblick des schwarz glänzenden Plastikbündels erinnerte Russ plötzlich an die fetten Blutwürste, die Großmutter Campbell ihm immer aufgedrängt hatte. Bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um. Der Kameramann von Channel 6 folgte den Trägern zum Heck des Transporters.
    Russ gab der Leitstelle in Glens Falls seine Instruktionen, wo man zwischen zweiundzwanzig und sechs Uhr früh auch Meldungen aus Millers Kill bearbeitete. Sheena Bevin nahm sich unterdessen die verbliebenen Schaulustigen vor, stellte Fragen und zog gelegentlich das kleine Mikrofon hervor. Als Russ mit seiner Durchsage fertig war, stürmte er zu Lyle und Durkee, um ihnen bei der Sicherung des Tatorts zu helfen.
    Er befand sich zirka fünfzehn Meter entfernt und zurrte gerade das Absperrband an einer biegsamen Plastikstange fest, da ließ ihn ein Lichtblitz in seinem Augenwinkel aufblicken, und er entdeckte, wie sich die Kamera auf Clare richtete.
    Selbst aus dieser Distanz erkannte er die Veränderung in Clares Körpersprache: von Schock über Entsetzen zu … nun, »rechtschaffene Empörung« war in Anbetracht ihres Berufs wohl das treffendste Wort. Russ erinnerte sich an das Gespräch im Flur des Krankenhauses: wie sie mit in die Hüfte gestemmten Händen gedroht hatte, einen Protestmarsch gegen die Polizei zu organisieren, falls es noch einen Überfall gebe. »O nein«, stöhnte er. »Nein, nein, nein, nein.« Wenn Pastorin Clare Fergusson auf dem Kreuzzug war, dann würde sie wahrscheinlich alles hinausposaunen.
    Er ließ das Absperrband fallen und marschierte zielstrebig zu der Baumgruppe, wo Clare mit ausholenden Gebärden ihren Standpunkt klar machte. Gott, warum hatte er ihr nicht den Mund zugeklebt und sie in den Streifenwagen gesperrt, solange noch Gelegenheit dazu war?
    Er bremste sein Tempo bewusst, als er in Hörweite kam. »… Mangel an Respekt vor einer allgemeinen Menschlichkeit und vor bürgerlichen Grundrechten –«
    »Clare!«, rief er. Clare und die Reporterin wandten ihre Köpfe herum. Er bemühte sich um etwas, von dem er hoffte, dass es ein nettes Lächeln sei, und versuchte es in weniger warnendem Tonfall noch einmal. »Reverend Fergusson? Ich muss Sie doch wohl nicht daran erinnern, dass die Preisgabe von Informationen die Ermittlungen gefährden könnte.«
    »Wieso?«, fragte sie.
    Er zog mit zusammengebissenen Zähnen die Luft ein, aber noch ehe er antworten konnte, hatten Sheena und der Kameramann auf ihn umgeschwenkt. »Chief Van Alstyne, wie wir soeben erfahren, waren der Mann, der heute ermordet wurde, und die Opfer der beiden Überfälle letzte Woche alle homosexuell. Können Sie uns dazu etwas sagen?«
    »Nein«, knurrte er.
    »Geht die Polizei von einem Hassdelikt aus? Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den drei Vorfällen?«
    »Wir untersuchen jeden Mord so gründlich wie möglich, ob Sie es nun als Hassdelikt bezeichnen oder nicht. Meiner

Weitere Kostenlose Bücher