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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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ist nicht mit eingestiegen. Und er ist noch nicht zu Hause.«
    »Sie sind fast meine ganze Schicht über zwischen hier und dem Greyhound-Busbahnhof hin und her gependelt. Ich wollte schon die Polizei rufen, na ja, sie sahen ein bisschen nach Ausreißern aus, aber gegen neun sind sie beide hier ausgestiegen. Ich habe sie gefragt, ob alles in Ordnung sei, und sie haben gesagt, sie hätten die Schule geschwänzt, aber jetzt wollten sie nach Hause. Ich dachte, sie wohnen hier oben. Mein Gott, das hätte ich anders machen müssen.«
    »Ich heiße Lemon Featherlight. Darf ich fragen …«
    »Doris Godwin.«
    »Miss Godwin …«
    »Doris …«
    »Doris. Ich bin Lemon …«
    »Sind Sie Indianer?«
    »Mayaimi. Sie haben Miami nach uns benannt.«
    »Ich bin halb Cherokee.«
    Sie kurbelte das Fenster herunter, reichte ihm ihre Hand und Lemon nahm sie. Sie war trocken und kräftig und die Frau roch nach Eukalyptusöl.
    »Ich glaube, ich weiß, wo er sein könnte. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er auf den obersten Rand von Tallulahs Wall geguckt. Als wollte er …«
    »Sein Freund sagt, er sei diese Treppe rauf.«
    Sie schwieg und blickte ihn an.
    »Sie wollen wohl da rauf und nach ihm suchen, oder?«
    »Das muss ich.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Da oben ist der Crater Sink. Ein übler Ort, so lange mein Volk zurückdenken kann. Vor langer Zeit haben wir diese Felswand nach dem Wesen benannt, das dort oben hauste. Sie ist noch immer dort, Lemon.«
    »Ich weiß. Ich habe auch von ihr gehört. Aber ich muss trotzdem hin.«
    »Schon klar.«
    »Na, danke auch, Doris.«
    Sie blickte ihn eine Weile an und griff dann zum Funkgerät.
    »Zentrale, hier Wagen 30. Ich bin kurz auf Zehn-Sieben. Hier ist eine Zivilperson, sein Kind ist weg. Wir gehen es suchen.«
    »Wenn ein Kind vermisst wird, ruf die Polizei, Doris.«
    Eine weibliche Stimme, älter.
    »Für die Polizei ist es noch nicht lange genug weg, June. Bin gleich wieder da …«
    »Hast du dein Handy dabei?«
    »Ja.«
    »Mach ein Foto von dem Vater und maile es mir. Bevor du aussteigst.«
    Doris warf Lemon einen Blick zu.
    »Macht Ihnen das was aus?«
    »Nein. Nur zu.«
    Doris hob ihr iPhone, nahm drei Bilder auf, drückte auf KONTAKTE und dann auf SENDEN .
    »Sind angekommen … Okay, jetzt verstehe ich. Aber sieh dich vor. Wie heißt der Typ?«
    »Lemon Featherlight. Ein Mayaimi-Indianer.«
    »Vom Stamm der Oberschlawiner, wenn du mich fragst. Nimm dein Funkgerät mit. Sieh dich vor. Ich checke seinen Namen. Wenn ich in zehn Minuten nichts von dir höre, melde ich das.«
    Doris stieg aus dem Waggon, schloss mit einer Fernbedienung ab und ließ die Wagenbeleuchtung eingeschaltet.
    »Okay, Lemon. Auf gehts.«
    Und sie stiegen die Treppe hinuaf. Oben waren sie beide schwer außer Atem. Tief unter ihnen glitzerte Niceville und die Solarlampen markierten einen verschlungenen Pfad, der im alten Wald verschwand. Im Südwesten ging der Mond auf. Sie wandten sich zum Pfad um. Reglos türmten sich die Bäume über ihnen auf. Die Sterne waren nicht mehr zu sehen.
    Keiner von ihnen sprach ein Wort.
    »Ruf nach ihm«, sagte Doris.
    »Rainey. Ich bins, Lemon. Rainey?«
    Die Stille schluckte seine Stimme. Es war, als hätte er in einen Wattebausch hineingerufen. Lemon seufzte, setzte einen Fuß auf den Pfad und ging einen Schritt voran, dann noch einen. Doris blieb dicht hinter ihm. Nach ungefähr fünfzig Metern fanden sie Rainey.
    Lemon warf einen Blick auf ihn, dann war er am Handy. Kein Empfang.
    Doris hatte zugesehen und holte ihr Funkgerät heraus. Sie kniete sich neben Rainey und legte ihm einen Finger an den Hals.
    »June, hier Doris.«
    »Doris – alles okay?«
    »Wir haben das Kind gefunden. Tallulahs Wall, ganz oben. Offenbar ein Schockzustand. Wir brauchen einen Notarzt.«
    »Ich rufe 911 an. Rühr dich nicht vom Fleck.«
    Lemon kniete neben Rainey. Doris versuchte es auf ihrem iPhone. Auch dort kein Empfang. Und jetzt fing rundherum die Luft zu zittern an, das Zittern schwoll an und ab, als würde da draußen etwas Riesenhaftes im Dunkel lauern und atmen. Das Blut gefror ihr in den Adern.
    Doris stand auf, nahm ihr iPhone und machte ein paar Bilder, ihr Blitzlicht zuckte durch die Finsternis, sie drehte sich beim Fotografieren im Kreis, einmal rundherum.
    »Wozu machst du das?«
    »Da draußen ist irgendetwas.«
    »Ja. Stimmt. Wir holen ihn hier raus.«
    Lemon hob den Jungen auf und ging mit großen Schritten den Pfad entlang in Richtung Treppe. Doris kam ihm

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