Die Rueckkehr
mit zwei Kindern. Da hat sie vielleicht ein wenig Mitgefühl.«
»Ich weiß, Schatz. Aber ich weiß auch, wie du dich fühlst, und sich finde ganz toll, was du für die Jungs tust. Ich bewundere dich dafür. Ich liebe dich dafür.«
»Danke, Kate … aber ich muss ganz ehrlich sein. Ich mache das vielleicht für Axel, Beth und Hannah. Aber nicht für Rainey. Bei dem Jungen habe ich wirklich meine Zweifel. Da stimmt etwas nicht. Ich mache das für dich und Beth und die Familie.«
»Rainey gehört auch zur Familie.«
Nick schwieg.
Sie drang nicht weiter in ihn.
»Bye, Baby«, sagte sie und klickte sich weg.
Harvill Endicott konferiert mit Lyle Preston Crowder
Die Entführung von Lyle Preston Crowder war für Lyle Preston Crowder eine Riesenüberraschung. An jenem Freitag, dem letzten Tag einer Sechstagewoche, hängte er an der Laderampe einer Home-Depot-Filiale zehn Straßen vom Galleria-Einkaufszentrum im Nordwesten von Niceville einen mit Rigipsplatten beladenen Flachbettauflieger ab.
Die Anlieferung dauerte ungefähr eine halbe Stunde, weil der Flachbettauflieger uralt war, die Klinken verrostet, und es für Lyle wirklich eine Scheißarbeit war, das Kackteil von seiner Kenworth-Zugmaschine loszukriegen.
Aber er schaffte es und fuhr sein Gerät vom Platz, wobei er überlegte, wo der nächsten 7-Eleven war, weil er sich ein Zwölferpack Dos-Equis-Bier, eine DVD mit Tres-Equis-Pornos und eine Jumbo-Peperoni-Pizza besorgen und alles mit auf sein Fast-Stamm-Zimmer im Motel 6 an der North Gwinnett nehmen wollte, um mal so richtig abzuschalten, was er sich redlich verdient hatte, wie er fand.
Wenn er im Dienst war, arbeitete er hart, weil er froh war, dass er nach dem »Unfall«, in den er im vergangenen Frühjahr verwickelt gewesen war, noch immer einen Job hatte.
Das war die einzige richtig krumme Tour gewesen, die er jemals abgezogen hatte – war völlig in die Hose gegangen – es hatte Tote gegeben – und in den Wochen darauf war er ganz krank vor Angst gewesen und bei jedem Telefonklingeln und jedem Klopfen zusammengezuckt.
Aber die Zeit verging, er wurde nicht verhaftet und die Schuldgefühle ließen nach. Er lebte wieder wie früher, lobet den Herrn, mit zehntausend Dollar extra, und so ein Risiko würde er nie wieder eingehen. Das war eine Art innerliches Gebet, das er sich jeden Feierabend vorsagte, so auch als er seinen Kenworth auf den Parkplatz des Motel 6 lenkte und mit seinem Bier, seiner Pizza und seinen Pornos aus der Fahrerkabine kletterte, ein blasser gedrungener Junge mit einem schütteren Ziegenbärtchen, in Jeans und einem T-Shirt mit einem ausgeblichenen MARGARITAVILLE -Logo.
Er war siebenundzwanzig, hatte sich von seiner Highschool-Freundin getrennt, die auf Kokainentzug war – das war der Trennungsgrund –, war ein begeisterter Fan der Green Bay Packers und kein richtiger Bösewicht, trotz allem, was er im vergangenen Frühjahr getan hatte, aber Vergeltung scheint in die Maschen des Universums eingewebt zu sein. Sie wartete geduldig im Zimmer 229 des Motel 6 an der North Gwinnett.
Er hatte sich das Zimmer ausgesucht – zahlbar montlich –, weil es einen Blick auf den Pool im Hof und den Parkplatz hinter dem Haus hatte, so dass er auf seinen Truck aufpassen und dabei die Mädchen bewundern konnte, die sich am Beckenrand bräunten.
Er kämpfte mit dem Einkaufsbeutel, schloss auf und trat in den schwach beleuchteten Raum. Sofort fiel ihm der Zigarettengeruch auf.
Auf dem ramponierten Kunstledersessel mitten im Zimmer saß mit dem Gesicht zur Tür ein Mann mit einer großen harten grauen Pistole.
Die Pistole, ausgestattet mit einem langen Stahlrohr, das Lyle als Schalldämpfer identifizierte, lag dem Mann ruhig in der Hand, und vom anderen Ende des Arms, der an der Hand hing, starrte ihn ein kaltes Gesicht an. Der Mann trug einen hübschen grauen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Vielleicht war er ein Cop, dachte Lyle, obwohl er mehr wie ein Beerdigungsunternehmer aussah.
»Scheiße, wer sind denn jetzt bitte Sie? Und was ist ihr scheiß Problem?«
»Ich habe überhaupt kein Problem, Mr Crowder«, sagte der Mann kühl und leise und mit einem Akzent, den Lyle nicht einordnen konnte. Kommen Sie doch bitte herein, stellen Sie Ihre Einkäufe ab und setzen Sie sich dort beim Schreibtisch hin.«
Lyle starrte die Waffe an. Angst hatte er noch nicht. Junge Menschen in Amerika haben diese Art von Konfrontation oft mitangesehen, wenn auch nur im Fernsehen oder im
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