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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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gewesen, und in allen hatte es von Ungeziefer jeder Art gewimmelt. Normalerweise stank es vom Fledermausdung nach Ammoniak, und immer hörte man das Rascheln und Gurren der Tauben unter dem Dach.
    Candleford House war leer.
    Und still .
    Reed konnte keinen Verkehrslärm von draußen hören, und der Jahrmarkt ein paar Straßen weiter trieb im Umkreis von Meilen die Hunde in den Wahnsinn. Aber hier drinnen? Kein Laut. Es war, als würde das Haus den Atem anhalten. Selbst das Geräusch seiner Schritte auf dem Schutt war gedämpft und stumpf.
    Plötzlich kam es Reed vor, als wäre Candleford House gar nicht leer. Als wäre es voll mit Schweigen , dichten Schwaden aus ohrenbetäubendem Schweigen.
    Zum ersten Mal, seit er das Haus betreten hatte, spürte Reed, wie es ihm eng um Brust und Kehle war und die Haut auf seinem Rücken an manchen Stellen heiß und an anderen kalt wurde. Er kannte das Gefühl. Das war die Angst.
    Wovor? , dachte er.
    Vor nichts , kam die Antwort von einem uralten Ort tief unten in seinem limbischen System.
    Nichts ist im Candleford House.
    Nichts ist mit dir in diesem Flur.
    Nichts steht hinter dir.
    Reed wirbelte herum, zog die Beretta, ließ den Lichtstrahl durch das Erdgeschoss geistern und leuchtete dann in die dunklen Schatten der oberen Geschosse hinauf.
    Er sah … nichts.
    Er schüttelte sich und zwang seinen Körper, sich zu entspannen.
    Das war doch verrückt. Wenn es Nichts gewesen war, was Leah Searle erschreckt hatte, dann war diese ganze Übung absurd.
    Er beschloss, sich rasch umzusehen, in allen vier Geschossen, Zimmer für Zimmer, gründlich, und dann zu verschwinden.
    Er suchte die erste Treppe, prüfte ihre Tragfähigkeit und ging dann vorsichtig hinauf, wobei er seine Schritte am Rand der Stufen setzte, weil er der Mitte nicht traute.
    Er erreichte den ersten Rundgang. An allen vier Seiten gingen vier große Zimmer ab, mit leeren Fensterhöhlen, und alle sechzehn Zimmer waren leer. Er brauchte eine weitere Stunde, bis er alle vier Geschosse abgesucht hatte, und seine Erwartungen waren ganz und gar erfüllt worden. In jedem Zimmer war nichts.
    Nichts erfüllte das Atrium in der Mitte. Nichts war im Speisesaal, nichts war in den lange verlassenen Gemächern, die einmal Krankenstationen gewesen sein mochten. Nichts war in den winzigen fensterlosen Kammern im obersten Stock, die schwere Türen mit kleinen vergitterten Öffnungen hatten. In jeder einzelnen sah Reed nach. Dann, am Ende des Rundgangs im vierten Stock, am Ende einer Reihe von Räumen, die man nur Zellen nennen konnte, entdeckte er eine offene Tür.
    Er folgte dem Lichtkegel seiner Taschenlampe durch die Tür und fand sich in einem Raum, der einmal sehr schön gewesen sein musste.
    Das Eichenparkett war noch vorhanden. Durch vier hohe Fenster mit intakten Scheiben drang ein milder Schein, der nur vom aufgehenden Mond stammen konnte.
    Reed trat ans Fenster, blickte hinaus und sah tief unter sich die Division Street, halb verdeckt von den Zweigen der Virginiaeichen. Sie war noch immer verlassen, so wie die ganze Gegend, aber die wuchtige Stille, die im Rest des Gebäudes jeden Laut abzuwürgen schien, war hier nicht so stark.
    Leise, über die Wipfel der Bäume, in deren Mitte Gracie hauste, hörte er Kinderlachen und die stampfende Musik vom Karussell. Sogar die Luft war hier lieblicher und frischer.
    Er drehte sich um und nahm den Raum in Augenschein. Er war nicht groß, aber in der Zimmermitte fand sich auf den Resten eines Perserteppichs ein hübsches Muster aus weißen Blüten und grünen Ranken, das ihn an die bemalte Tür am Ende des oberen Flurs in Dads – nein, Kates – Haus erinnerte.
    Auf dem Teppich sah man tiefe Abdrücke, wie von Möbelfüßen. Ihre Abstände ließen eher an ein Bett als an eine Couch denken. An einer Kette hing eine große Lampe, grünes Blech, in Kegelform, die Art Lampe, die man in alten Fabriken und brandneuen Loft-Wohnungen fand; sie war so aufgehängt, dass sie die Mitte des Bettes beleuchtet hätte. Das Zimmer hatte eine gewölbte Decke, und oben an den Wänden gab es ein reich verziertes Kranzprofil.
    Von der grässlichen Lampe abgesehen, war die Atmosphäre des Zimmers sogar jetzt noch recht schön und stand in deutlichem Widerspruch zum Rest von Candleford House, der sich anfühlte wie ein viktoranisches Gefängnis.
    Was Reed wirklich beunruhigte, war die Position der Lampe. Sie hing mitten über dem Teppich, und wenn er recht hatte, was die Abdrücke im Teppich anging, und sie

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