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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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zwei Tapferkeitsauszeichnungen gewesen war.
    »Uns kann nichts passieren. Wir spielen die Hauptrollen.«
    »Was, wenn du bloß der treu ergebene Sidekick bist? Die erwischt es immer als Erste.«
    »Kommt darauf an, von wem der Film handelt«, sagte er und durchwühlte das Handschuhfach. Er holte eine Streamlight-Taschenlampe heraus, und dann, mit einer schwungvollen Geste, Kates kleine Glock-Pistole.
    »Würde es dir besser gehen, wenn ich die mitnehme?«
    Kate seufzte und zog den Schlüssel ab.
    »Ja. Aber ich komme mit.«
    »Warum?«
    »Weil es manchmal zuerst die feige Sau erwischt, die im Auto bleibt.«
    Lemon lachte, schloss seine Tür, und Kate stieg aus und verriegelte mit dem Funkschlüssel den Wagen. Er schaltete die Taschenlampe ein, ein greller Halogenstrahl leuchtete auf, und sie folgten ihm ein paar Meter, bis an jenen Punkt, an dem die Autospuren – wenn es denn welche waren – unter den Weidenzweigen verschwanden.
    Kate zögerte, aber Lemon streckte den Arm aus, packte eine Handvoll Zweige und schob sie beiseite, ohne die Taschenlampe zu senken.
    Hinter dem Vorhang erhoben sich die säulengleichen Weidenstämme und dicke Äste gingen von ihnen ab wie freischwebende Stützpfeiler einer Kathedrale aus Grün.
    Die untergehende Sonne leuchtete bis in diesen Innenraum hinein – und sie fühlten sich wirklich wie in einem Innenraum. Er ragte über ihren Köpfen auf, dreißig Meter oder höher, und breitete sich in einem Radius von fünfzehn oder zwanzig Metern rund um sie herum aus. Die Bewegung der obersten Zweige im Wind vom Fluss erfüllte den schwindelerregend weiten Raum mit einem Knarren und Zischen.
    Alle Welt erzählte sich, dass die Weiden von Pattons Hard miteinander flüsterten. Jetzt verstand Kate, wie ein fantasievoller Mensch unter diesen Bäumen Stimmen hören konnte.
    Die Luft roch hier nach Erde, Moor und verrottendem Laub. Der Boden unter ihren Füßen war weich und feucht. Die Spuren schienen sich im Dämmerlicht zu verlieren. Am Stamm der dicksten Weide lehnte etwas Eckiges und Spilleriges.
    Lemon richtete den Strahl der Taschenlampe darauf.
    Es war ein Liegestuhl, ein ramponiertes altes Wrack, das aussah wie vom Flohmarkt oder vom Müll. Mit einem Bungee-Seil war ein Sonnenschirm an einer der Armlehnen befestigt worden. Neben dem Stuhl stand eine umgedrehte Kiste mit einem Stapel zerfledderter Taschenbücher darauf. Vor dem Liegestuhl war der Boden festgetreten. Überall lagen Bonbonpapier und Coladosen. Ein zweiter, zusammengefalteter Liegestuhl lehnte am Stamm der Weide. Kate nahm sich eines der Taschenbücher.
    Es war ein Band Harry Potter – irgendetwas über einen Kelch der Finsternis. Kate schlug ihn auf und sah, was sie erwartet hatte. Rainey hatte seinen Namen auf die Umschlaginnenseite geschrieben. Das machte er immer so.
    Lemon stand dicht neben ihr und beleuchtete die Seite.
    »Ich glaube, wir haben ihr Versteck gefunden.«
    »Sieht ganz so aus. Und sie sind nicht hier.«
    Lemon folgte mit dem Strahl der Taschenlampe den Reifenspuren, die im Dunkel verschwanden. Als er sie sich genau ansah, fiel ihm auf, dass es nur einen Satz Spuren gab. Was bedeutete, dass es keinerlei Anzeichen dafür gab, dass, wer auch immer hier hereingefahren war, nie den Rückwärtsgang eingelegt hatte und auf demselben Weg zurückgekommen war, was den ersten Satz Spuren verwischt und mit einem zweiten Satz überlagert hätte.
    Als dieser Gedanke ihm ganz durch den Kopf gewandert war, krampfte sich ihm der Magen zusammen und sein Atem wurde flach.
    »Warte hier«, sagte er und trat an die andere Seite des Weidenvorhangs. Dahinter konnte er das Donnern des Tulip River hören, der auf die große Flussbiegung zubrauste, die er sich in Pattons Hard gekerbt hatte. Als Lemon näher ans Ufer kam, konnte er die Kraft des Stroms im Boden spüren. Kate tauchte hinter ihm auf.
    »Wo führen sie hin?«, fragte sie. »Es gibt hier nirgends Anzeichen dafür, dass jemand gewendet hat. Das hätte Spuren hinterlassen …«
    Ihre Stimme verklang, als sie die Stelle erreicht hatte, an der Lemon schon erstarrt war.
    Sie standen nun direkt am Ufer des Tulip River. Zwei Meter unter ihnen toste und zischte das dunkelbraune Wasser wie ein lebendiges Wesen murrend an die schlammige Abbruchkante. Weiter draußen drehten sich Zweige, Blätter und Schwemmgut träge in dem Strudel, den die Strömung an der Flussbiegung erzeugte.
    Vor Jahren hatte Kate zugesehen, wie ein Hund das schlammige Ufer heruntergerutscht und in den

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