Die Rueckkehr
eingeschlossen.
Die Straßenbahn ratterte über die Armory Bridge und machte sich langsam an die Steigung über die langen Serpentinen, die an dem Rondell am Upper Chase Run endeten; dort würde die Straßenbahn kehrtmachen und wieder hinunterfahren, immer hin und her.
Sie saßen jetzt schon drei Stunden in diesem Waggon – für zwei Dollar konnte man den ganzen Tag lang fahren, wenn man wollte – und die Fahrerin, eine junge Frau mit dunkelbraunen Augen, die ihre Fahrgäste mit fröhlichem Hallo begrüßte, wurde langsam auf die beiden Kinder aufmerksam, die nie ausstiegen und die ganze Zeit über links hinten auf der letzten Bank saßen.
Axel sagte Rainey, er könne schon sehen, dass sie bald etwas unternehmen würde.
Sie hatten noch ungefähr eine halbe Meile vor sich, bis sie wieder am Rondell wären, das am höchsten Punkt des Upper Chase Run in die Felswand von Tallulahs Wall geschlagen worden war.
Vom Ende des Upper Chase, gleich hinter dem Rondell, führte eine klapprige Holztreppe im Zickzack die sanfter ansteigende Seite von Tallulahs Wall hinauf; sie führte zu einem Pfad, der sich durch die alten Bäume über den Kamm zog.
Der Pfad endete am Crater Sink, aber so weit ging nie jemand, weil Crater Sink als unheimlicher, von bösen Wesen besessener Ort galt.
Obwohl Axel wie alle Kinder aus Niceville über Crater Sink Bescheid wusste, war er nie dorthin gegangen. Vor allem weil es dort einfach zu gruselig war.
Rainey war nur ein einziges Mal am Crater Sink gewesen, mit seiner Mutter, zu einer Art Picknick. Sie waren mit dem Auto gekommen und hatten ihr Essen ausgepackt, aber dann war seine Mutter ganz nervös geworden, weil die Bäume so tief über dem Wasser hingen und es so viele Krähen gab und sich kein Fitzelchen blauer Himmel im Wasser spiegelte, obwohl es ein wolkenloser sonniger Tag war. Die Wasseroberfläche blieb rabenschwarz.
Also waren sie wieder gegangen. Aber Rainey fühlte sich von dem Ort angezogen, besonders jetzt, seit er wusste, dass seine Mutter dort angeblich ins Wasser gegangen war.
Langsam rumpelten sie an den großen Villen des Viertels The Chase vorüber, die hinter hohen Steinmauern auf ihren Privathügeln saßen. Sie passierten die Upper Chase Road 682, ein großes Holzhaus mit allerlei Türmchen, Buntglasfenstern und kunstvollem Schnitzwerk – Rainey fand, es sehe aus, als würde es dort spuken. Es war dunkel und mit Brettern vernagelt.
Davor stand ein schwarzes Eisentor, mit einer Kette verschlossen und einer Messingtafel daran.
TEMPLE HILL
Rainey hatte ein paar Jungs in der Schule darüber reden hören und sich schlau gemacht. Es hatte sich herausgestellt, dass Temple Hill viel mit ihm zu tun hatte. Er rüttelte Axel aus seinem Halbschlaf und zeigte auf das Haus.
»Dieses Haus hat mit dem zu tun, was mir passiert ist«, sagte er. Axel setzte sich auf, plötzlich ganz dabei.
»Das Haus da? Wow, das ist ja ein richtiges Schloss! Ein Gespensterschloss. Echt cool!«
Rainey erklärte ihm, dort habe eine alte Schachtel namens Delia Cotton gewohnt. Einer Story im Niceville Register nach sei sie schon vor Monaten verschwunden, mit ihrem Hausmeister, einem Typen namens Gray Haggard, der im Zweiten Weltkrieg zusammen mit Dillon Walker gedient habe, Axels Opa, der oben am VMI ein großes Tier sei und um dieselbe Zeit auch verschwunden sei, und jetzt kommts, ihr Hausmädchen sei Alice Bayer gewesen, und das passe alles zusammen, denn es sei Nick gewesen, der den Fall Cotton bearbeitet habe, der nie gelöst worden sei, und Nick sei es auch gewesen, der Alice Bayer den Job als Sekretärin für Anwesenheitsfragen an der Regiopolis-Oberschule verschafft habe.
Axel war der Geschichte mit nur einem Ohr gefolgt – er versuchte, in Grand Theft Auto an die Stelle zu kommen, wo man ein nacktes Mädchen zu sehen bekam –, aber bei der Erwähnung von Alice Bayer horchte er auf, denn er wurde den schrecklichen Gedanken nicht los, dass Rainey irgendetwas Schlimmes über sie wusste. Er blickte zu Rainey auf, während dieser ihn volltextete, und sein Verdacht stand ihm mitten ins Gesicht geschrieben, aber Rainey merkte es nicht.
Rainey redete einfach weiter, völlig begeistert davon, wie die Story ihnen beiden kalte Schauer über den Rücken jagte.
Außerdem hatte Rainey herausgefunden – weil er heimlich in Nicks Akten gestöbert hatte, die immer in dessen Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch lagen, wenn er nicht im Dienst war –, dass der Spiegel in Onkel Moochies
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