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Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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auf mich niederprasselte. Fluchend lag ich neben dem Tisch, ohne die Kraft zu haben, wieder aufzustehen. Plötzlich fing ich ohne Grund an zu lachen.
    Selbst schuld
, dachte ich, und mein Lachen wurde bitter.
Jetzt hast du auch noch Maria vertrieben. Diese gute, schöne Frau, die dir nichts getan hat.
    Ich kroch hervor und legte mich der Länge nach in den Durchgang. Ein paar Gäste drängten sich um mich, aber ich beachtete sie nicht. Ich starrte in die Luft.
    Seit wann habe ich etwas gegen schöne, liebenswürdige Menschen?
    Ein Mann mittleren Alters reichte mir die Hand und wollte mir aufhelfen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte ich und stand auf. Ich schaute aus dem Fenster, konnte sie aber nicht sehen.
    »Entschuldigen Sie bitte vielmals«, sagte ich zu den Umstehenden, und stürmte aus dem Haus. Der Marktplatz war menschenleer, bis auf ein paar Leute, die an den Tischen der Restaurants saßen.
    »Maria!«
    Als Antwort kam nur das Echo. Ich rannte um die Ecke und schaute in die nächste Straße. Maria war nirgends zu sehen. Mir wurde klar, dass ich weder wusste, wo sie wohnte, falls sie überhaupt irgendwo wohnte, noch woher sie stammte, und dass ich sie, wenn ich sie jetzt nicht fände, vermutlich nie wiedersehen würde. Ich rief ihren Namen so laut, dass es mich selbst überraschte. Wieder antwortete nur das Echo. Ich rannte in die andere Richtung, um zu sehen, ob sie in die Nebenstraße auf der anderen Seite der Pension gegangen war. Als ich um die Ecke bog, entdeckte ich sie oben am Hang. Ich war so erleichtert, sie zu sehen, dass ich ihren Namen nur noch stöhnen konnte:
    »Maria.«
    Ich rannte ihr nach, und als ich sie fast erreicht hatte, hörte sie mich und drehte sich um. Ein paar Schritte vor ihr blieb ich stehen.
    »Maria, ich, ich …«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und platzte dann verwirrt heraus:
    »Ich schulde dir noch Geld.«
    »Nein«, antwortete sie, »ich habe deinen Zirkus und dein Clownskostüm ruiniert. Allen, die sich mir nähern, ergeht es schlecht.«
    Ich nahm alle Scheine aus meinem Geldbeutel.
    »Hier, das gehört dir.«
    »Geh! Alle, die sich mir nähern, werden verletzt oder sterben.«
    Tränen strömten ihr über die Wangen. Ich kam mir blöd vor, als ich mit den Scheinen vor ihrer Nase herumwedelte, musste an die Männer auf dem Bahnsteig denken und hätte das Geld am liebsten in den Rinnstein geworfen.
    »Warum sagst du so was Dummes?«
    »Weil es stimmt! Ich kann nichts, was irgendjemandem hilft, und du findest mich hässlich und langweilig.«
    »Hässlich und langweilig? Jetzt hör aber auf.«
    Behutsam nahm ich sie in den Arm. Mir wurde klar, dass sie sich für mich abgemüht hatte, ohne auch nur ein einziges Mal von mir dafür gelobt zu werden. Ich hatte ihr sogar misstraut und sie noch nicht mal bezahlt.
    »Du bist unverzichtbar für mich geworden.«
    »Du wärst gut ohne mich zurechtgekommen.«
    »Sieh mich an.«
    Sie tat es, und ich konnte ihre Tränen wegwischen.
    »Vergiss, was ich eben gesagt habe.«
    »Du darfst nicht sterben«, wisperte sie.
    »Sterben? Ich werde nicht sterben.«
    »Und du darfst mich nicht so anschauen, als wäre ich irgendwie seltsam.«
    »Aber du bist wirklich ein bisschen seltsam.«
    Maria fand das überhaupt nicht lustig, weinte noch lauter und stieß schluchzend hervor:
    »Nein, ich bin ganz normal, ich bin eine ganz normale Frau.«
    Ich war überrascht, wie sehr sie aus der Fassung geriet, drückte sie noch fester an mich und strich ihr übers Haar.
    »Ja, Liebes, natürlich bist du normal, natürlich bist du eine ganz normale Frau.«
    Doch in meinem Inneren gab es etwas, das sich weigerte, ihr zu glauben, und es erfüllte mich mit Angst und Trauer.
    »Ist ja gut, ist ja gut«, flüsterte ich und umarmte sie wie eine Schwester, spürte aber plötzlich ihre Nähe als Frau. Ich konnte das Gefühl nicht zurückdrängen und begann, ihr über den Rücken zu streichen, obwohl ich vorgab, sie zu trösten. Da spürte ich einen handtellergroßen Blutegel über meinen Rücken kriechen. Ich erschauerte und rührte mich nicht, spürte nur Marias Wärme, die wie ein Kind weinte. Ich bekam wieder Mitleid mit ihr, und das unheimliche Gefühl verschwand sofort. Ohne Maria loszulassen, hob ich ihren Koffer hoch.
    »Komm, du musst dich hinlegen.«
    An der Hotelrezeption bat ich den Jungen, sich in meinem Namen bei den Leuten in der Küche zu entschuldigen und mir sämtliche Kosten für den Schaden in Rechnung zu stellen. Ich begleitete Maria in ihr

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