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Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Zimmer, half ihr aus dem Mantel und führte sie zum Bett. Als ich auf ihrer Bettkante saß, wollte sie meine Hand nicht loslassen.
    »Bitte lass es mich wiedergutmachen«, bat sie kläglich.
    »Aber es war nicht deine Schuld.«
    »Lass es mich für dich tun.«
    »Es war meine eigene Schuld.«
    Doch sie beruhigte sich erst, als ich ihr versprach, sie bei der Vorführung ihres Zaubertricks zu unterstützen.
    »Dann sind wir also weiterhin Kollegen?«
    »Ja«, bestätigte ich, »wir sind weiterhin Kollegen. Und jetzt versuch, ein bisschen zu schlafen.«
    »Versprichst du mir, dass du da bist, wenn ich aufwache?«
    »Ich werde hier sein.«
    »
Michaels und Marias Zirkus
« war das Letzte, was sie vor dem Einschlafen murmelte. Ich ließ ihre Hand los, holte eine Decke, legte ein Kissen auf den Boden und legte mich hin. Bevor ich einschlief, lag ich lange wach und sah Maria an.
    Am nächsten Morgen hoffte ich, sie hätte mein Versprechen, mit ihr gemeinsam
Michaels und Marias Zirkus
zu gründen, vergessen, aber das war nicht der Fall. Das Erste, worüber sie am Frühstückstisch sprach, war, was wir bräuchten, um den neuen Zaubertrick vorzuführen.
    »Wir brauchen eine lange Reihe mannshoher Spiegel.«
    »Gut, und was noch?«
    »Nichts.«
    »Sonst nichts?«, fragte ich skeptisch.
    »Nein.«
    »Was ist das denn für ein Zaubertrick, wenn ich fragen darf?«
    »Das ist ein Geheimnis, du wirst ihn sehen, aber nicht erfahren, wie ich es mache.«
    »Und wir brauchen nichts anderes als Spiegel?«
    »Ja, viele große Spiegel.«
    Ich sah eine riesige Zuschauermenge vor mir stehen und sich spiegeln. Die Sache gefiel mir nicht.
    »In Ordnung. Du kümmerst dich um die Spiegelnummer und ich mich um ein paar andere.«
    »Gut, dann gehe ich jetzt Spiegel suchen. Wir sehen uns heute Nachmittag.«
    Ich sah sie hinausgehen und dachte:
    Spiegel. Sonst nichts. Das kann ja heiter werden. Am besten rufe ich Samuel an.
    Von der Rezeption aus rief ich im
Zirkus Wallenda
an, plauderte ein bisschen mit der Sekretärin und fragte dann nach dem Chef. Ich wartete einen Moment, während die vertraute Melodie in der Leitung dudelte, und hörte dann Samuels Stimme:
    »Micha, bist du das?«
    »Wer denn sonst?«
    »Wo zum Teufel bist du gewesen, Junge? Ich habe dauernd versucht,dich zu erreichen. Hast du Blomsterfeld inzwischen verkauft?«
    »Nein, es ist was dazwischengekommen.«
    »Micha, das muss klappen, ich kann die Bankleute nicht mehr lange hinhalten. Sie wollen etwas Reelles sehen, und du weißt, was das ist.«
    »Geld, ich weiß. Aber als ich nach Blomsterfeld kam, da dachte ich, du weißt schon, dass ich die Sache anders regeln könnte.«
    »Du hast doch wohl nicht die ganze Zeit an deinem Zirkusschrank rumgebastelt?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Was dann?«
    »Ach, spielt doch keine Rolle, es hat jedenfalls nicht funktioniert.«
    »Und wann verkaufst du?«
    »Das regelt sich alles, mach dir keine Sorgen.«
    »Du hast doch wohl nicht vor, auf dem Land den Adligen zu spielen? Du weißt doch, was mit solchen Spinnern passiert.«
    »Ich habe dir versprochen, die Sache zu regeln, und das mache ich auch. Ich rufe aus einem anderen Grund an. Ich brauche ein paar Sachen.«
    Ich erklärte Samuel, was ich brauchte, erzählte ihm aber nichts von
Michaels und Marias Zirkus
, um ihn nicht zu verärgern.
    Am Abend hatte ich alles Notwendige aus dem Lager des
Zirkus Wallenda
geholt, und Maria hatte in einer Ballettschule, die den Betrieb aufgab, sieben große Spiegel gekauft, außerdem noch sieben seidene Schleier in unterschiedlichen Farben, um die Spiegel abzudecken. Wir nutzten den nächsten Tag, um das Programm einzuüben. Die meiste Zeit brauchten wir fürs Messerwerfen. Ich war mir nicht sicher, ob wir es zeigen sollten, da die Frau vor der Zielscheibe Nerven wie Drahtseile haben muss. Doch Maria zeigtekeinerlei Anzeichen von Nervosität, noch nicht einmal, als sie sich die kleine, herzförmige Zielscheibe vor den Bauch hielt. Ich forderte sie auf, die Spiegelnummer zu üben, aber sie weigerte sich. Wir organisierten die Vorführung so, dass zuerst die traditionellen Nummern – Clown, Feuerschlucker, Jongleur und Zauberer – drankamen, dann die Spiegelnummer und am Ende das Messerwerfen. Ich wollte etwas Spannendes am Schluss haben, falls Marias Zaubertrick, den ich für nichts Besonderes hielt, misslang.
    Am dritten Tag nach der Explosion eröffnete
Michaels und Marias Zirkus
. Die Leute waren wohl etwas misstrauisch, da unsere letzte Vorführung

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