Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Verwaisten sich im Norden aufhielten und in der Beira und den Trümmern des Winters umherirrten, litten Garcia da Orta und der Mann namens Luís, von den Kindern einmal abgesehen, die eines nach dem anderen von Eisenhut und Narden verzehrt wurden (eine Bougainvillea kümmerte sich mit einem einzigen Bulldoggenbiß um das letzte), den vagabundierenden Hunger der Verlassenen, indem sie in den Schränken nach Krümeln suchten, das kalte Fett von den Tellern leckten und in einem Beutel hinter der Tür nach Brotresten stöberten und schließlich aufs Geratewohl für eine Suppenmahlzeit in einer billigen Taverne
trotz der eindringlichen Bitten von im Radio knisternden Eskimos das Haus verließen, obwohl das medizinische Amazonien nicht aufhörte, im Deliriumsrhythmus zu wachsen und sie auf dem Treppenabsatz von einer mit ihren monströsen Zähnen malmenden Mohnblumenbarriere daran gehindert wurden, in die Wohnung zurückzukehren.
Sie gingen die Rua do Loreto entlang, schauten in Arbeiterrestaurants, in denen das verbrannte Öl von Frittiertem in der Luft lag wie der Muffgeruch auf den Dachböden. Sie entzifferten Fischpreise aus den Orthographiefehlern der in die Vitrinen der Schaufenster geklebten Speisekarten. Zögerten angesichts des Rotweins der Imbißstuben, der so dickflüssig war, daß man ihn mit dem Löffel essen konnte. Sie überschlugen sich vor Begeisterung in einer Snackbar mit wunderbaren Eiscremes, in Orgelpfeifen eingelassenen Glühbirnen und gebratenen Spanferkeln, die mit Tannenzapfen in den Ohren auf Thymian und Petersilie gebettet lagen, und nahmen am Ende einen schüchternen Tresterschnaps als Abendessen zu sich in einem noch offenen Krämerladen, an dessen Tür ein alter Mann nachdenklich auf einem Faß Kartoffeln sitzend frische Luft schöpfte und sich mit der leichten Brise der Wahlvoraussagen der Abendzeitung befächelte, während zur selben Zeit im letzten Stock des Hauses in der Rua do Norte die Kräuter gegen Diabetes die Wohnung übernommen hatten und sich nunmehr in der Absicht zur Treppe hin bewegten, sich des Bassets und der Käfersammlung des Nachbarn im Stockwerk darunter zu bemächtigen, eines Lageristen, der ständig von blonden Jünglingen mit engen Hosen und dunklen Brillen begleitet wurde, die den in Öl gemalten Porträts der Prinzen
in den Altamirahöhlen des Museums für Alte Kunst ähnelten. Sie kauten einige Likörgläser hintereinander weg, während der fächelnde Rentner sich, die Zeitung unter dem Arm, zu einer nahen Erdgeschoßwohnung schleppte, deren Fensteröffnungen von gepunkteten Vorhängen verdeckt wurden. Der Besitzer des Krämerladens mußte sie um halb zwölf unter Prostest wegschicken, Hört mal, das ist mein Feierabend, Scheiße, und wir beide setzten uns auf den Bordstein und unterhielten uns mit den Stimmen der Puppen aus dem Radio, die ich mir immer allzeit bereit vorstellte, ihre riesigen Bakelitaugen zu öffnen und mit perverser Unschuld Mama zu sagen. Trotz der hippokratischen Tugenden der Staubfäden der Nelken und der körperlosen Schweizer, die im Apparat ihr merkwürdiges Gemorse aus Buchstaben und Zahlen krächzten, verschwand der Botaniker, als ich gerade damit begonnen hatte, ihm die Struktur meines Gedichtes zu erklären und ihm die Absicht der Metaphern näherzubringen, in Richtung Calçada do Combro oder zum Elevador da Bica, zu jener Zahnradbahn, die den Fluß auf den Gipfel der Stadt zu den Fassaden beförderte, die ebenso glotzäugig waren wie die alten, im Halbdunkel ihrer Hütten hockenden, in grenzenlosem Vergessen schwebenden greisen schwarzen Frauen. Und so wälzte ich in Gedanken heroische Episoden, hielt, um mir Notizen zu machen, vor den erleuchteten Kurzwarenläden, bis ich auf dem Platz meiner Statue ankam, Mutter, auf dem zig Tauben auf den Balkons in porzellanenen Haltungen schliefen und Hunde am Sockel meines Ruhmes die Pfote hoben, und obwohl mir der Trester die Beine durcheinanderbrachte und mich zwang, die Schuhe im Thrombosegang nachzuziehen,
gelang es mir, ein Stück Treppe zwischen zwei Gassen zu erreichen, von wo aus man gleichzeitig das Denkmal, die Züge nach Cascais und die Fischkutterlaternen des Flusses sah, und genau in diesem Augenblick, werte Leser, erhellte sich die Rua do Carmo mit einem Fackelzug und dem Gelächter von Pagen, stießen Hellebarden in den Asphalt, röchelten Rachenmandeln spanischer Hengste, und König D. Sebastião erschien, umringt von Günstlingen, Erzbischöfen und Vertrauten zu Pferde, angetan
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