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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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der Windpocken eines polnischen Gesprächspartners jubilierte, der wegen der Entfernung nur noch ein halbes Dutzend merkwürdiger Gurgelgeräusche war. Die Ehefrau des Botanikers tischte einen Eintopf auf, den Veilchen halb verschlungen hatten, die auf Gebärmuttervorfälle und eingeklemmte Weisheitszähne spezialisiert waren, und kauerte sich voller Angst vor dem Spinat gegen den schlechten Atem und die Geranien für die versteiften Rückenwirbel an eine Ecke des Tisches, und während sie für die überlebenden, dem Hunger der Pflanzen entgangenen Kinder das Obst schälte, antwortete sie dem Gelähmten, der ihr aus dem Nebenzimmer vom Winter in Manteigas, von den Schneekristallen erzählte, die trotz der Weihnachtskrippenatmosphäre der Totenwachen auf den Augenlidern der Toten glitzern, von den Wölfen, die mit Alptraumpupillen durch die kleine Stadt traben, der ihr vom Murmeln des Windes in den Kiefern erzählte und vom vulkanischen Gestank der Tiere im Stall unter dem Schlafzimmer, der ihr von der Vergangenheit, verdammt noch mal, von der Vergangenheit erzählte, der eine lange Unterhose und ein Unterhemd von ihr forderte, um im Garten bei den Tomaten, Alzira, nach Rauhreifschäden zu schauen, warum habe ich nur, allein aus dem einfachen Wunsch heraus, das Meer zu sehen, eingewilligt, nach Lixboa zu ziehen und einen Verrückten mit Radios und Pflanzensamen zu heiraten, wo das Meer nur der Wasserbottich mit den Karavellen ist, die voller glückloser Siedler aus Afrika zurückkehren, voller Verrückter, die die Asche ihres Vaters wie dieser Schwachkopf verkaufen, der hier blöd rumsteht und kein Benehmen hat, sich beim Essen mit Fett beschmiert und zwischendurch auf
einen Rechnungsblock geschriebene Sätze deklamiert, die man nicht verstehen kann, das Meer, Teufel auch, das beschissene Meer und diese Stadt, die nach Waschtrog und Kalkschutt riecht, Lassen Sie nur, Vater, lassen Sie nur, rief sie, taub für einen ungarischen Dialog im Radio, dem Alten zu, Spätestens diesen Sommer gehen wir ins Gebirge.
    Letztlich ist sie nicht dorthin gegangen und mußte nicht einmal viel herumschreien oder lange Unterhosen zum Zubinden für die Reise vorbereiten, weil eine Woche vor der Abreise, als eine gezähmte Petunie den Kindern die Fingernägel schnitt, ein Bündel Begonien den Gelähmten während des Mittagsschlafes unvermittelt verschluckte. Der Mann namens Luís korrigierte auf dem Wachstischtuch vom Mittagessen unglückselige Lieben von Hofdamen und Königen, und Garcia da Orta kommunizierte, während er Knöpfe einstellte, mit einem persischen Religionsoberhaupt, das von seiner fünfzehnten Konkubine zu den Hertzschen Wellen bekehrt worden war, die ihrerseits Patenkind des mexikanischen Konsuls war, mit dem er Bordellgespräche führte und vage wissenschaftliche Kenntnisse aus Oberschulbüchern austauschte. Die Ehefrau des Botanikers, die zufällig mit dem Wäschetablett unter dem Arm am Eingang zum Kabuff des Gelähmten vorbeikam, konnte gerade noch sehen, wie eine Blüte einen karierten Pantoffel wiederkäute und dann die zufriedene Verdauungsruhe der Pflanzen, die den leeren Stuhl umringten, auf dessen Sitz sich die Erinnerung an den Toten eingrub. Garcia da Orta, der aus seinem aus Gebrüll und seufzenden Mechanismen bestehenden Dialog gerissen wurde, drohte den Blumen mit ausgestrecktem Finger, sie zu Rheumatees zu pulverisieren, und zog sich
schließlich Trauerkleider an und organisierte eine paranoide Zeremonie um einen Sarg voller Stengel, die er vor der konsternierten Nachbarschaft mit einer kleinen Gießkanne sprengte. Die Angestellten des Bestattungsunternehmens, Trauerprofis mit Metermaß in der Faust, weigerten sich, einen Blumentopf mit einem Wagen mit Säulen und Schleiern zur Beerdigung zu fahren, und der Arzt, den sie riefen, damit er die Sterbeurkunde ausstellte, vernahm, als er das Stethoskop an die Wurzeln hielt, nur den leisen Klang schmelzender Schneetränen und das Elfuhrrauschen der Eukalyptusbäume von Manteigas. Und so behielten sie am Ende den vollständig in Medikamenten für Mittelohrentzündung aufgegangenen Gelähmten zu Hause, bis eine Sonnenblumenhecke gegen steifen Hals und Rippenbrüche die Sehnsucht überwucherte und die Tochter zu einer Tante in Pinhel reiste, und Platanen und Emigrantenhäuser am Fenster entlangglitten und sie den Topf mit dem Mittagessen auf dem Schoß hielt, der in das Hemd gewickelt war, das der Verstorbene zum ersten Mal hätte anziehen sollen.
    Während die

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