Die Rückkehr der Templerin
bewegten, erschien es ihr unwahrscheinlicher, dass sich eine solche Gelegenheit überhaupt noch ergeben könnte.
Salims Gesicht tauchte vor ihr auf. Seine dunklen Augen schienen ihr zuversichtlich zuzulächeln, aber sie verscheuchte das Bild fast erschrocken, riss die Augen auf und straffte fast trotzig die Schultern. Man hätte meinen können, dass ihr der Gedanke an Salim Kraft gab, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Wenn sie an ihn dachte, schloss sich eine kalte Hand aus Furcht um ihr Herz. Furcht um ihn. Salim würde schwerlich die Hände in den Schoß legen und gar nichts tun, aber gerade das war es, was ihr Angst machte.
Mit einem Male hatte sie das Gefühl, die Untätigkeit nicht mehr auszuhalten. Obwohl ihr jede Bewegung noch immer große Mühe abverlangte, hatte ihr die kurze Erholungspause doch spürbar gut getan. Ihre Knie zitterten leicht, als sie aufstand und zu Rother hinüberging, aber zumindest die Übelkeit war größtenteils verflogen.
Der junge Tempelritter hatte die Arme vor der Brust verschränkt und lehnte in nachlässiger Haltung an einem Mauerrest, hinter dem der Hügel wie abgeschnitten aufhörte und gute sechs oder acht Meter weit senkrecht in die Tiefe stürzte. Er wirkte nicht besonders aufmerksam, sondern schien im Gegenteil eher mit offenen Augen vor sich hinzudösen, aber mehr war nach Robins Meinung auch nicht nötig. Wenn sie jemals einen Platz gesehen hatte, der sich nicht für einen Hinterhalt eignete, dann diesen. Von der Kuppe des Hügels aus fiel ihr Blick über Meilen ungehindert über das weite Land mit seinen ausgedörrten Hügelrücken und den fruchtbaren, flachen Tälern. Ab und zu gewahrte Robin zwar eine Bewegung, aber es waren nur die üblichen Herden, deren Hirten sich vor dem näher kommenden Heer versteckt hatten. Nur ein Stück unterhalb ihres improvisierten Aussichtsturms suchte sich ein schmales Rinnsal seinen Weg zwischen Felsen und verbranntem Erdreich hindurch, und der bloße Anblick allein reichte schon, Robins Durst erneut zu wecken.
»Warum nutzt Ihr die Gelegenheit nicht und ruht Euch noch ein wenig aus?«, fragte Rother. Er wirkte fast verärgert, auf jeden Fall aber ertappt; möglicherweise hatte er tatsächlich stehend und mit offenen Augen geschlafen, eine Fähigkeit, die viele ihrer ehemaligen Ordensbrüder im Laufe der Jahre zu wahrer Meisterschaft entwickelt hatten.
»Ihr habt schon …« Robin verbesserte sich: »DU hast schon genug für mich getan, Rother. Und Dariusz würde nur misstrauisch, wenn ich zu ausgeruht von der Wache zurückkehre.«
Rother sah sie an, als wisse er nicht genau, was er von diesen Worten zu halten habe, hob aber dann nur die Schultern und löste sich mit einem leisen Seufzen von seinem Halt. Er nahm die Arme herunter, während er sich umdrehte und aus eng zusammengekniffenen Augen zu Dariusz und den anderen Rittern zurücksah. »Wenn du schon einmal da bist …«
»Ja?«
Rother deutete mit einer Kopfbewegung auf den Wasserschlauch zu seinen Füßen, und Robin verstand. »Geh ihn ruhig auffüllen«, sagte sie. »Ich halte inzwischen Wache.«
Der junge Tempelritter lächelte flüchtig, als hätte sie einen guten Scherz zum Besten gegeben, bückte sich nach dem Schlauch und begann mit erstaunlichem Geschick die nahezu lotrechte Abbruchkante hinunterzuklettern. Robin folgte seinen Bewegungen aufmerksam, drehte sich zwischendurch aber auch immer wieder um und sah zu Dariusz und dem Rest des Heeres zurück. Die Hand voll Templer lagerte ein Stück abseits der Haupttruppe. Die meisten Männer hatten sich erschöpft zu Boden sinken lassen und redeten leise miteinander; etliche stierten auch einfach nur ins Leere oder hatten versucht, sich unauffällig in den kümmerlichen Schatten zu setzen, den ihre eigenen Pferde warfen.
Robin fragte sich, warum Dariusz die Hand voll Männer nicht alle hier auf die Ruine geführt hatte. Das winzige Geviert aus zerfallenen Steinen war zwar nicht groß, doch die Schatten hätten gereicht, ihnen wenigstens die Illusion von Linderung zu vermitteln. Er gewann nichts, wenn er seine Männer dort draußen ungeschützt in der Gluthitze lagern ließ. Vielleicht war es einfach wieder eine seiner verrückten Übungen, mit denen er die Krieger abzuhärten meinte. Je länger sie über den hochrangigen Tempelritter nachdachte, desto weniger verstand sie, warum er so war, wie er war. Dariusz war gewiss kein guter Mensch, er war niemand, dessen Nähe sie gesucht oder dessen Freundschaft sie auch
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