Die Rückkehr des Bösen
oder unserem Erfolg. Ihn preisgeben, um ihn zu retten? Sich auf die hauchdünne Wahrscheinlichkeit verlassen, daß wir ihn schon irgendwie wieder in die Finger bekommen würden, bevor sein Wissen uns schaden konnte? Ein Dilemma. Immer wieder ein großes Dilemma. Goblin meinte: »Wir sehen uns die Geschichte noch einmal an. Dieses Mal übernehme ich
die Vorhut. Einauge sorgt für die Deckung.«
Einauges säuerlicher Blick zeigte, daß sie sich in dieser Sache schon auf Leben und Tod in den Haaren gelegen hatten. Ich hielt die Klappe. Schließlich war es ihr Spezialgebiet. »Nun?« wollte Goblin wissen.
»Wenn du meinst, daß es die Mühe wert ist.« »Das meine ich. Jedenfalls gibt es nichts zu verlieren. Ein anderer Blickwinkel könnte auch hilfreich sein. Vielleicht finde ich etwas, das er übersehen hat.« »Daß ich nur noch ein Auge habe, macht mich doch nicht zum Blinden«, fauchte Einauge. Goblin starrte ihn finster an. Auch das war schon besprochen worden. »Verschwendet keine Zeit«, sagte ich. »Wir können nicht ewig hier bleiben.«
Manchmal werden einem die Entscheidungen aus der Hand genommen. Tiefe Nacht. Wind in den Bäumen. Kälte kriecht in den Unterschlupf und läßt mich aufschrecken, bis ich erschauernd wieder einschlafe. Ständig prasselt Regen, ohne daß mich das Geräusch beruhigt. Ihr Götter, ich hatte den Regen so satt. Wie konnte die Ewige Garde dabei auch nur halbwegs bei Verstand bleiben. Eine Hand schüttelte mich wach. Tracker raunte: »Wir kriegen Gesellschaft. Ärger.« Köter Krötenkiller stand mit gesträubten Nackenhaaren am Zelteingang. Ich lauschte. Nichts. Aber es war wenig sinnvoll, ihm nicht zu glauben. Lieber in Sicherheit als tot. »Was ist mit Goblin und Einauge?« »Die sind noch nicht fertig.«
»Au weia.« Ich suchte hastig nach Kleidungsstücken, nach Waffen. Tracker sagte: »Ich gehe raus, kundschafte sie aus und versuche, sie entweder zu verscheuchen oder sie abzulenken. Warne du die anderen. Macht euch bereit zur Flucht.« Er schlüpfte hinter Köter Krötenkiller aus dem Zelt. Das verflixte Vieh zeigte jetzt tatsächlich ein paar Lebenszeichen! Unser Geflüster weckte Case. Keiner sagte ein Wort. Ich fragte mich, was er riskieren würde. Ich zog mir die Decke über den Kopf und ging hinaus. Für diesen Tag genug des Übels.
Im anderen Zelt fand ich die beiden in Trance vor. »Mist. Und jetzt?« Wagte ich es, Einauge aufzuwecken? Leise: »Einauge. Ich bin’ s Croaker. Wir haben Ärger.« Ah ja. Sein heiles Auge öffnete sich. Einen Augenblick lang schien er orientierungelos zu sein. Dann: »Was machst du denn hier?«
»Schwierigkeiten. Tracker sagt, daß sich jemand im Wald herumtreibt.« Ein Schrei drang durch den Regen. Einauge setzte sich bolzengerade auf. »Die Macht!«
stieß er hervor. »Was zur Hölle?«
»Was ist denn?«
»Gerade hat jemand einen Zauber losgelassen, fast wie einer der Unterworfenen.« »Kannst du Goblin rausholen? Schnell?«
»Ich kann…« Ein zweiter Schrei zerriß die Wälder. Dieser wollte einfach nicht aufhören, voller Verzweiflung und Agonie. »Ich hole ihn.« Er klang, als ob alle Hoffnung verloren sei. Unterworfene. Ganz bestimmt. Auf unserer Fährte. Und sie kamen näher. Aber diese Schreie… War der erste von einem, dem Tracker aufgelauert hatte? Hatte der zweite Tracker erwischt? Es hatte nicht nach ihm geklungen. Einauge legte sich hin und schloß sein Auge. Augenblicke später war er wieder in der Trance, obgleich seine Miene die Angst widerspiegelte, die in seinem Oberflächenbewußtsein vorherrschte. Es war gut, wenn er unter dieser Anspannung wieder abtauchen konnte. Aus dem Wald erklang ein dritter Schrei. Verdutzt wandte ich mich um und spähte in den Regen hinaus. Ich sah nichts. Kurz darauf regte sich Goblin. Er sah furchtbar aus. Aber an seiner Entschlossenheit sah man, daß er gewarnt worden war. Er zwang sich in eine aufrechte Haltung, obgleich man sehen konnte, daß er dafür noch nicht bereit war. Sein Mund ging immer wieder auf und zu. Ich hatte das Gefühl, daß er mir etwas sagen wollte.
Einauge kam erst nach ihm in die Höhe, aber er erholte sich schneller. »Was tut sich dort draußen?« fragte er.
»Ein dritter Schrei.«
»Alles liegenlassen? Und loslaufen?«
»Das können wir nicht. Zumindest etwas von dem Zeug müssen wir in der Steppe abliefern. Sonst könnten wir genausogut hier aufgeben.« »Stimmt. Pack es zusammen. Ich kümmere mich um den Kram hier.« Das Zusammenpacken nahm nicht viel Zeit in
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