Die Rueckkehr des Daemons
das hier heißt?«
Der Mann warf nur einen kurzen Blick auf das Papier, dann schüttelte er den Kopf. »Ich passe nur auf, dass niemand etwas beschädigt«, antwortete er gelangweilt. »Frag mal im Büro nach, da sitzen die Experten!«
Er deutete auf das andere Ende der Halle. »Aber du musst dich beeilen! Wir schließen in zwanzig Minuten!«
Gegen den Strom der Besucher schlängelte sich Sid zur Seitenwand des Raumes. Das Schild wies den Trakt als Platz für Special Exhibitions aus, doch solange bis wieder besondere Stücke für eine Ausstellung eintrafen, wurden die Räume offenbar als Büros für die wissenschaftlichen Angestellten des Museums genutzt. Neben einer unauffälligen Tür stand auf einem handgeschriebenen Zettel: Professor Dr . Dr . Dimitri Abeladse. Sid schnaufte tief durch, dann klopfte er an.
»Herein!«, ertönte es von drinnen.
Sid beeilte sich einzutreten. Seine Nase kitzelte. Aus dem kargen, schmucklosen Büro schlug ihm ein abgestandener Geruch entgegen. Auf den Regalen an den Wänden stapelten sich unzählige Papiere und Akten, sicher archäologische Aufzeichnungen oder Angebote für den Kauf neuer Objekte, vermutete Sid. Aus einer strohgefüllten Kiste ragte der Kopf einer Katzenstatue heraus. Der Ägyptenexperte selbst war hinter dem voll beladenen Schreibtisch kaum auszumachen. Mit einer Lupe studierte er einen brüchigen Papyrus.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte er, ohne von seinem Text aufzusehen.
Sid fühlte, wie sich in seinem Hals ein dicker Kloß bildete. Die Zeichen auf dem Dokument waren der Inschrift auf seinem Nachttisch erschreckend ähnlich. Wollte er wirklich wissen, was die Nachricht bedeutete? Ja!, entschloss er sich noch einmal. Ja, ich will!
»Können Sie mir sagen, was das hier bedeutet?«, fragte er entschlossen. »Ich glaube, es handelt sich um altägyptische Hieroglyphen!«
Professor Abeladse trug weiße Baumwollhandschuhe. Vorsichtig, als hätte er ein rohes Ei in den Fingern, hob er den Papyrus von der Tischplatte und legte ihn in einen Metallbehälter.
»Zeig mal her«, sagte er knapp.
Sid legte den Zettel auf den Tisch und strich ihn mit der Handfläche glatt. An den Stellen, wo er ihn festgehalten hatte, hatten seine Finger feuchte Abdrücke hinterlassen.
»Dann wollen wir mal sehen«, sagte Abeladse geschäftig. Er nahm die Lupe wieder zur Hand und betrachtete das Papier. Sid fand es sehr nett, dass sich der Mann so viel Mühe gab. Immerhin hatte er sonst sicher nur bedeutende Bücher vor sich oder Grabinschriften, die seit Jahrtausenden kein Mensch mehr gesehen hatte. Den ganzen Weg hierher hatte er befürchtet, dass man ihn auslachen würde. Offensichtlich war er an den Richtigen geraten.
»Wo hast du das her?«, fragte der Professor konzentriert.
»Ich… abgemalt von einem Stein, den meine Eltern geschenkt bekommen haben«, log Sid. »Angeblich stammt er aus einem Tempel in Ägypten.« Er fühlte, wie sich seine Wangen röteten. Hoffentlich bemerkte der Wissenschaftler nichts. Wenn er ihm die Wahrheit erzählen würde, fühlte er sich sicher auf den Arm genommen.
Abeladse legte die Lupe zur Seite. »Du hast Recht! Es sieht tatsächlich nach ägyptischen Hieroglyphen aus«, sagte er schließlich. »Aber nur fast. Ich muss dir leider sagen, dass der… Stein, den ihr zu Hause habt, eine Fälschung ist.«
Sid fühlte einen schmerzhaften Stich im Herzen. Mühsam versuchte er seine Enttäuschung zu verbergen. »Es bedeutet also nichts?«
Müde schüttelte der Mann den Kopf. »Nein, tut mir leid. Es sieht aus wie die ungelenken Zeichnungen von jemandem, der Hieroglyphen malen wollte, ohne die leiseste Ahnung von dieser schwierigen Kunst zu haben. Die alten Ägypter nannten sie die Schrift der Gottesworte . Fünf Jahre soll es gedauert haben, bis ein Schreiber sie perfekt beherrschte. So etwas kann ein moderner Mensch nicht einfach nachäffen!«
Sid war wieder bei null, er drehte sich im Kreis. »Trotzdem vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben!«, sagte er mit gepresster Stimme.
»Ich hoffe, ich habe dir ein wenig helfen können!«, antwortete Abeladse tröstend. »Aber jetzt musst du gehen. Wir schließen gleich!« Ruhig nahm er das Blatt mit den Zeichen und schob es in seine Schublade. Sid stand ihm mit ausgestrecktem Arm gegenüber. Eigentlich hatte er seinen Zettel wieder mitnehmen wollen. Es war seine einzige Kopie. Und das Original war – dank seiner Mutter – unwiederbringlich zerstört.
»Ist noch was?« Zum ersten Mal
Weitere Kostenlose Bücher