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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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Mann. Birger Jacobsen packte ihn am Kragen seines schwarzen Anzugs und befreite ihn mit einem Ruck aus seinem Gefängnis. Mühelos schleifte er das wehrlose Bündel zu seinem Stuhl. Mit der flachen Hand strich er ihm die Kleidung glatt. Er nahm das Namensschild von seiner Jacke und heftet es dem Mann ans Revers. Einen Moment schnaufte Birger Jacobsen durch. Dann fingerte er den Eselsflakon aus seinem Jackett, träufelte etwas Blut auf seinen Handrücken und hielt ihn dem Professor unter die Nase.
    »Jo-Seth, ba’ek em ach, sechan’ek em heti« , murmelte er beschwörend. Sofort schlug der Mann die Augen auf. Sein Blick ging ins Leere. »Vielen Dank für die Auskunft, Professor Abeladse«, sagte Birger Jacobsen abwesend. »Sie haben mir sehr geholfen!«
    Hastig verließ er das Büro.

35. Kapitel
    NYC , 9. Oktober 2007, 17 Uhr 30
    Die U-Bahn ratterte vorwärts. Von einem geheimnisvollen Takt getrieben fraß sie sich wie eine Made immer tiefer in den Big Apple hinein. Sid wehrte sich nicht gegen den mechanischen Rhythmus. Sein Körper wurde von den zackigen Bewegungen des Zuges wie eine leblose Puppe hin und her geworfen. Er war verrückt. Geisteskrank. Schizophren.
    Sid bemerkte, wie ihm die abgestandene Luft im Waggon mehr und mehr den Atem nahm. Mit einem Mal wehte nicht mehr der Hauch von Freiheit durch die Unterwelt, sie kam ihm vor wie ein stickiges Gefängnis. Er musste hier raus! Als der Zug stoppte, sprang er von seiner Bank auf und schlängelte sich an den stehenden Passagieren vorbei nach draußen. Mit den Ellenbogen bahnte er sich einen Weg die Treppen hinauf, bis er den Himmel über sich sah. Tief durchatmend lehnte er sich an eine Straßenlaterne. Er setzte sich fahrig die braune Flasche mit den Tabletten an die Lippen. Drei, vier, fünf glatte Pillen rollten ihm über die Zunge. Er hatte Schwierigkeiten, sie die trockene Kehle hinunterzuzwingen. Nach einigen Minuten glaubte er zu spüren, wie sich alles in seinem Magen zu einem heilenden Brei auflöste. Gelassenheit überkam ihn.
    Jetzt erst sah Sid sich um. Er war am Washington Square ausgestiegen, dem Zentrum von Greenwich Village. Vor zweihundert Jahren hatte sich hier ein Friedhof befunden, hatte ihm sein Patenonkel einmal erzählt. Lange Zeit war dieser Ort auch ein beliebter Duellierplatz gewesen. Außerdem wurde der Park als Hinrichtungsstätte genutzt. Die berühmte Galgen-Ulme stand noch immer an irgendeiner Stelle und war ein begehrtes Fotoobjekt für Touristen mit morbidem Humor. Mit verzerrten Gesichtern und heraushängender Zunge knipsten sie sich gegenseitig unter den dichten Ästen.
    Plötzlich ekelte Sid der Park an, den er mit Panajotis früher so gerne besucht hatte. In Richtung Hudson rannte er davon. Wie mit Scheuklappen eilte er die Avenue of the Americas Richtung Chelsea hinauf. Immer wieder rempelte er Passanten an, die ihm genervte Flüche hinterherschickten. Er hatte kein Ziel, er wollte einfach nur weg. Am besten raus aus der Stadt, raus aus dem Land, raus aus dem Leben, das ihn immer mehr zu zermalmen drohte. Noch nie hatte er sich so einsam gefühlt.
    Unter dem Schild der 7th Street West blieb er urplötzlich stehen. Die Straße versprühte den typischen Charme von Greenwich Village, der Charme, für den Gutbetuchte tief in die Taschen ihrer feinen Anzüge griffen, wie Sid von seinem Vater oft genug gehört hatte. Er konnte sie mit einem Mal verstehen. Die Backsteingebäude waren höchstens dreistöckig, beim nicht zu behebenden Platzmangel in der Stadt ein geradezu perverser Luxus. Eine Allee von alten Laubbäumen spendete Schatten. Das Gesamtbild musste die Besucher beinahe unweigerlich in die Zeit der Pferdekutschen zurückversetzen. Bis auf ein paar Fußgänger, die wohl in der Nähe ihre Einkäufe erledigen wollten, herrschte wohltuende Leere, nur wenige Autos störten den friedlichen Eindruck.
    Sid stellte erleichtert fest, wie die eiskalte Beklemmung von ihm wich. Der Druck in seinem Magen verflüchtigte sich mit jedem Schritt, die panische Angst verschwand. Wie von einer Zentnerlast befreit schlenderte er beinahe vergnügt weiter.
    Die Häuser waren alle im selben Stil errichtet, hinter gepflegten Vorgärten führten einige Stufen bis zur Eingangstür. Emailleschilder wiesen die Bewohner überwiegend als Doktoren und Ingenieure aus, Fabrikarbeiter und Kellner konnten sich die Mieten in diesem Viertel sicher nicht leisten. Umso mehr überraschte Sid, dass im Erdgeschoss eines der Häuser ein kleines, schäbiges

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