Die Rueckkehr des Daemons
Schreibmaschine.
»Aus welchem Grund verprügeln sie dich denn?«, wollte er in väterlichem Ton wissen.
Birger wusste, was los war. Weil er keine Namen nannte, hegte der Mann den Verdacht, seine eigenen Eltern hätten ihn so zugerichtet, das gesunde Maß an Züchtigung ein kleines bisschen übertrieben. Gereizte Väter verpassten ihren Kindern oftmals den einen Schlag zu viel. Um einer Anzeige durch »besorgte« Nachbarn zuvorzukommen, gingen sie lieber in die Offensive und zeigten Unbekannte an.
»Warum wohl?«, keifte seine Mutter plötzlich. »Weil er so hässlich ist!«
Birger spürte, wie die Augen des Polizisten sein Gesicht quadratzentimeterweise abtasteten. Das Väterliche verschwand aus seinen Zügen. »Ach so ist das!«, nuschelte er. Grinsend zwinkerte er seinem Kollegen zu und hob die Hand vor seinen Mund. »Na ja«, flüsterte er deutlich hörbar. »Verdenken kann man es ihnen nicht!«
Als die Cops an ihm vorbeieilten, spuckte Birger Jacobsen einem von ihnen auf die schwarze Uniformjacke. Sie waren schon immer schleimige Mistkerle gewesen. Der Geschmack von Zwiebeln stieß ihm auf.
Wie erwartet kam Sid die Straße herunter. Aber er war verdammt noch mal nicht alleine! Zwischen den grauen Anzügen der business people tauchte eine rote Frisur auf, die er nur zu gut kannte.
Die Schlampe war bei ihm!
Die Sache war doch komplizierter, als er angenommen hatte. Er würde seinen Plan ändern müssen. Sein kurzzeitiges Glücksgefühl war definitiv verschwunden.
Entsetzt stellte er fest, welche Richtung die Kids eingeschlagen hatten. Den Broadway hinunter, Richtung SoHo und Little Italy. Nein, verbesserte er sich selber. Wollte man in Manhattan untertauchen, gab es kaum einen besseren Ort als Chinatown! In dem Gewirr von Straßen versteckten sich Zehntausende von illegalen Einwanderern vor den Behörden. Andererseits überragten selbst amerikanische Säuglinge diese Schlitzaugen schon um ein paar Köpfe.
Energisch schmiss er die Reste seines Kebab in einen Mülleimer. So oder so, es war Zeit, in die Offensive zu gehen!
37. Kapitel
NYC , Chinatown, 9. Oktober 2007, früher Abend
Sid und Rascal verlangsamten das Tempo, sobald die ersten chinesischen Zeichen in der Grand Street die üblichen Werbeplakate abgelöst hatten. Aber erst nachdem sie rechts in die Mott Street abgebogen waren, traute sich Sid, seine Puste für ein Gespräch zu verschwenden. Sie waren in einer anderen Welt. Hier war China, eine halbe Erdkugel von Greenwich Village entfernt.
»War das jetzt Zufall oder verfolgst du mich auf Schritt und Tritt?«, fragte er schnaufend.
Rascal lachte, wie nur sie es konnte. Sid bewunderte ihre makellosen weißen Zähne. »Meinst du nicht, du hältst dich für ein bisschen zu wichtig?«, erwiderte sie. »Am Astor Place war nichts los. Da bin ich mit Joey Ramone zum Park rübergewandert.«
»Joey Ramone? Ich dachte, der ist tot?«
Rascal warf den Kopf in den Nacken. »Der echte schon. Ich war mit seinem einzig legitimen Nachfolger dort!«
Sid verstand. Der Bierbauch mit dem Fingertattoo.
»Wusstest du, dass der Washington Arch hohl ist?«, fragte sie. »Während des Zweiten Weltkriegs hatte sich über Monate ein Obdachloser darin versteckt. Wahrscheinlich würde er heute noch dort wohnen, wenn er nicht so dumm gewesen wäre, seine Wäsche zum Trocknen zwischen die Bögen zu hängen!«
Jetzt musste auch Sid lachen. Er dachte an überdimensionale Unterhosen, die von japanischen Touristen fotografiert wurden.
»Joey und ich waren heute drin, ist ganz gemütlich da!«
Verwundert musterte Sid sie. »Ihr wart im Washington Arch?«
Rascal nickte. »Ja. Natürlich hängt mittlerweile ein dickes Schloss vor dem Eingang. Aber ich habe einen Freund, der sich mit so was auskennt. Der kopiert dir jeden Schlüssel. Als Joeys Schnapsflasche leer war, haben wir unser Versteck wieder verlassen. In dem Moment bist du wie ein Hase an mir vorbeigehoppelt. Und du sahst aus, als ob du in Schwierigkeiten wärst.«
Sid gab sich alle Mühe, seinen Neid nicht zu zeigen. Rascal war so frei wie ein Vogel und sprudelte über vor abgefahrenen Ideen. Zwischen den umherwuselnden Chinesen bewegte sie sich so locker durch die Straßen wie er in seinem Zimmer. Und sie kannte offenbar jeden Trick, zum Beispiel, wie man unliebsame Verfolger abschüttelte.
In der Canal Street blieb Rascal unvermittelt vor einem fensterlosen Betonwürfel stehen. »Das ist der Mahayana Buddhist Temple. Da drin ist es meistens ruhig.« Er schien
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