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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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heruntergerissen, es roch nach Urin.
    Jeder Besucher New Yorks wurde eindringlich davor gewarnt, diesen Teil der Stadt aufzusuchen – besonders nachts konnte es hier schnell gefährlich werden. Inzwischen war es stockdunkel. Die Bilder von Straßengangs und die bürgerkriegsähnlichen Szenen, die man von der Stadt kannte, waren meist hier aufgenommen. In den letzten dreißig Jahren schienen alle kriminellen Elemente und Drogensüchtigen von Harlem aus hierher ans Festland gekrochen zu sein. Harlems Straßen verwandelten sich nach und nach in ruhige und teilweise noble Wohnviertel, die Bronx, besonders im Süden, in den Vorort der Hölle.
    »Meine Eltern – mit Sicherheit nicht!«, schnaubte Sid mit gespielter Gelassenheit. An Rascals Seite wollte er sich seine Angst nicht anmerken lassen. »Sie sind für zwei Tage zum Golfen auf Staten Island. Ein Kunde meines Vaters hat sie eingeladen.«

»Ohne dich? Ich dachte, du stehst Tag und Nacht unter ihrer Kontrolle?«
    Sid nickte. »Tue ich auch. Eigentlich wachen sie über jeden meiner Schritte. Aber als ich das letzte Mal bei so einem Treffen dabei war, habe ich mich – wie soll ich sagen? – kapitalismuskritisch geäußert.« Er war stolz, dass ihm so ein intellektuelles Wort eingefallen war. »Ihr ganzes oberflächliches Gesülze um Geld ging mir dermaßen auf die Nerven. Seitdem lassen sie mich bei solchen Gelegenheiten lieber zu Hause.«
    Rascal bog um eine Hausecke. Die Eingangstür war mit dicken Brettern vernagelt. Sid folgte ihr widerwillig.
    »Gratuliere, du hast Potenzial!«, sagte sie kichernd.
    »Wenn sie allerdings wüssten, wo ich mich im Augenblick befinde…« Sid versuchte, sich nicht zu genau umzusehen. Es gelang ihm nicht. Katastrophentourismus nannte man dieses neuartige Phänomen wohl. Menschen bereisten in ihren Ferien nicht mehr die schönsten Orte der Welt, sondern die, die sie aus den Nachrichten kannten. Meerblick wurde als Kriterium unwichtig, Bombengarantie füllte die Hotels.
    Die meisten Häuser hatten nicht mehr als vier, fünf Stockwerke. In manchen Fenstern leuchtete das grelle Licht einer nackten Glühbirne, andere waren mit Teppichen gegen die Blicke der Nachbarn abgedichtet. Fast aus jedem Eingang drang Geschrei auf die Straße. Ehekrach, Drogengeschäfte, häusliche Gewalt. Sie passierten ein aufgebocktes Autowrack, dessen Räder wohl schon vor ewigen Zeiten gegen Crack eingetauscht worden waren. Sid schielte durch die zerbrochenen Scheiben ins Innere. Aufgeschlitzte Sitze, blutige Spritzen, leere Kondompackungen – alle Insignien des menschlichen Elends waren vorhanden. Hass, Sucht, verkaufte Körper. Sid lief es kalt den Rücken hinunter. Die Straßenlaterne flackerte unruhig. Vor einem Backsteinhaus standen ein paar Schwarze um ein brennendes Ölfass herum. Einer von ihnen schleuderte wütende Rapsalven in die Gruppe. Mit den polierten, beinahe romantischen Bildern aus MTV hatte diese Szene wenig zu tun. Keiner von ihnen würde je mit aufgemotztem Geländewagen seine hübsche Bikinibraut abholen. Vielleicht würden sie nicht einmal alt genug werden, um Auto zu fahren.
    Sid schlug die Kapuze seiner Jacke hoch. Es war nur Stoff, aber irgendwie schirmte er das Leid von ihm ab. Irritiert beobachtete er aus dem Augenwinkel, wie der Rapper die Hand hob und Rascal mit theatralischer Geste abklatschte. Die anderen nickten ihr gleichgültig zu, was wohl das Freundlichste war, zu dem sie sich einer Weißen gegenüber herablassen konnten.
    Kaum hatte sich Sid von dem Anblick der Gang erholt, als vor ihnen ein hellhäutiger Freak krakeelend auf den Asphalt sprang. Seine Augen waren weit aufgerissen und von roten Äderchen durchzogen, die fettigen Haare klebten ihm wie eine gammelige Mütze auf dem Kopf. Er stierte über ihre Schultern hinweg in die Unendlichkeit.
    »Hey, ihr zwei Hübschen! Wollt doch wohl nicht einfach so vorbeigehen?«, schnaubte er. Seine rechte Hand hielt er hinter dem Rücken. Deutlich vernahm Sid das Klicken eines Springmessers.
    Jetzt sind wir dran!, durchzuckte es ihn.
    »’n Abend, Micky«, sagte Rascal ruhig. »Wieder auf Speedball?«
    Mickys linke Gesichtshälfte zuckte. Trotz der zunehmenden Kälte schwitzte er.
    »Nein, Schwester, nein!«, stammelte er. »Ich bin clean! Aber vielleicht könntest du deinem alten Kumpel trotzdem ein paar Dollar leihen. Kriegst sie wieder, ehrlich!« Langsam zog er die Hand hinter dem Rücken hervor. Sid atmete auf. Es war kein Messer. Micky fuhr sich mit einem öligen Kamm

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