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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Und selbstbewußt. Sie konnte ihr eigenes Glühen natürlich nicht wahrnehmen, aber die Kraft - die Macht -, die sie durchströmte, reichte aus. Besonders, wenn man ihr Geheimnis hinzuzählte.
    Beldeine rieb sich mit einer Hand über die tränenüberströmten Wangen. »Ich mußte. Ihr müßt das verstehen. Ich mußte. Sie... sie... « Sie atmete tief und bebend ein, und dann brach alles aus ihr heraus: »Vor drei Nächten haben sie mich im Schlaf überfallen und einer Dämpfung unterzogen.« Ihre Worte wurden zum Aufschrei: »Sie haben an mir eine Dämpfung vorgenommen! Ich kann die Macht nicht mehr lenken und fühlen!«
    »Licht«, hauchte Egwene. Der Strom von Saidar dämpfte ihren Schock. »Das Licht helfe dir und tröste dich, Tochter. Warum hast du mir nichts gesagt? Ich hätte dann...« Sie ließ die Worte verklingen, denn sie wußte, sie hätte ihr nicht mehr helfen können.
    »Was hättet Ihr denn tun können? Was? Nichts! Ihr könnt nichts tun! Aber sie sagten, Ihr könntet mir die Gabe zurückgeben, mit Hilfe der Macht des... der Macht des Dunklen Königs.« Sie preßte die Augen zusammen, doch aus den Winkeln drangen Tränen. »Sie haben mir weh getan, Mutter, und ich mußte... O Licht, sie haben mir so weh getan! Elaida sagte mir, sie würden mich wieder heilen und wieder fähig machen, die Macht zu lenken, wenn ich nur gehorchte. Deshalb habe ich... Ich mußte!«
    »Also ist Elaida tatsächlich eine Schwarze Ajah«, stellte Egwene grimmig fest. An der Wand stand ein schmaler Kleiderschrank, und darin hing ein grünseidenes Kleid, das sie hier aufbewahrte, falls sie einmal keine Zeit fand, in ihre Räume zurückzukehren. Neben dem Kleid hing eine gestreifte Stola. Sie zog sich schnell an. »Was haben sie mit Rand gemacht? Wo haben sie ihn hingebracht? Antworte mir, Beldeine! Wo ist Rand al'Thor?«
    Beldeine kauerte da mit zitternden Lippen, den traurigen Blick nach innen gewandt, aber schließlich riß sie sich doch zusammen und sagte: »Im Hof der Verräter, Mutter. Sie haben ihn zum Hof der Verräter gebracht.«
    Egwene wurde von einem Anfall des Zitterns erfaßt. Angstzittern. Elaida hatte nicht gewartet, noch nicht einmal eine einzige Stunde. Man benützte den Hof der Verräter nur für drei Zwecke: Hinrichtungen, die Dämpfung einer Aes Sedai oder die eines Mannes, der die Macht lenken konnte. Doch alles konnte nur auf Befehl der Amyrlin geschehen! Wer trägt dort draußen die Stola? Ganz bestimmt Elaida. Aber wie hat sie es angestellt, daß sie so schnell gewählt wurde, ohne daß ich angeklagt oder gar verurteilt wurde? Es kann keine andere Amyrlin geben, solange man mir nicht offiziell Stola und Stab aberkannt hat Und das wird ihnen nicht leichtfallen. Licht! Rand! Sie ging zur Tür.
    »Was könnt Ihr tun, Mutter?« rief Beldeine. »Was könnt Ihr denn tun?« Es war nicht klar, was sie meinte: für Rand oder für sie selbst.
    »Mehr, als jeder glaubt«, sagte Egwene. »Ich habe die Eidesrute nie in Händen gehalten, Beldeine.« Beldeines überraschtes Nach-Luft-Schnappen verfolgte sie aus dem Zimmer.
    Egwenes Gedächtnis spielte ihr immer noch Streiche. Sie wußte, daß keine Frau Stola und Ring erringen konnte, ohne die Drei Eide zu schwören und dabei die Eidesrute fest in Händen zu halten, den Ter'Angreal, der sie so an die Eide band, als hätte man sie ihr als Kind in die Knochen eingraviert. Keine Frau wurde zur Aes Sedai, ohne an sie gebunden zu sein. Und doch wußte sie, daß gerade bei ihr irgendwie, auf irgendeine Art und Weise, die sie vergessen hatte, die Eide ausgelassen worden waren.
    Ihre Schuhe klapperten beim Laufen. Zumindest wußte sie jetzt, warum die Gänge leer waren. Jede Aes Sedai außer denen, die sie in dem Lagerraum zurückgelassen hatte, jede Aufgenommene, jede Novizin, sogar alle Dienerinnen waren jetzt im Hof der Verräter versammelt, wie es der Brauch verlangte, um zuzusehen, wie der Wille Tar Valons geschah.
    Und die Behüter würden den Hof umringen, um jede Möglichkeit auszuschließen, daß jemand den Mann vor der Dämpfung befreien konnte. Die Überreste des Heeres von Guaire Amalasan hatten das am Ende dessen versucht, was man den Krieg des Zweiten Drachen nannte, kurz bevor sich Tar Valon über den Aufstieg Artur Falkenflügels Gedanken machen mußte. Auch die Anhänger von Raolin Dunkelbann hatten es lange Jahre früher versucht. Sie konnte sich nicht erinnern, ob Rand irgendwelche Anhänger hatte, aber die Behüter dachten an solche Dinge und bereiteten sich

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