Die Rückkehr des Drachen
lagen sauber zusammengelegt auf der anderen Koje.
»Ich hatte einen Traum«, verkündete er, und dann erzählte er ihr davon. Alles. Er zog sogar sein Hemd hoch, um ihr die kleine runde Brandwunde auf der Brust zu zeigen. Rote wellenförmige Striemen gingen davon aus. Vorher hatte er ihr immer Dinge verschwiegen, und das würde er wahrscheinlich wieder tun, aber diesmal war es zu wichtig. Der Scharnierstift war das kleinste und einfachste Teil einer Schere, doch ohne ihn konnte die Schere keinen Stoff schneiden. Als er fertig war, stand er abwartend vor ihr.
Sie hatte ihm mit ausdruckslosem Gesicht zugehört. Nur diese dunklen Augen hatten jedes Wort aus seinem Mund untersucht, abgewogen, gemessen und ans Licht gehalten. Nun saß sie noch genauso da, aber es war an ihm, sie forschend und abwägend anzublicken.
»Also, war es wichtig?« fragte er schließlich. »Ich denke, das war einer dieser Wolfsträume, von denen Ihr mir erzählt habt - ganz gewiß war es ein solcher; es kann nicht anders sein - aber deshalb muß das noch nicht wirklich sein, was ich gesehen habe. Nur, daß Ihr mir gesagt hattet, ein paar der Verlorenen seien frei, und er nannte sie Lanfear, und... Ist es wichtig, oder stehe ich nur hier umsonst herum und mache einen Narren aus mir?«
»Es gibt Frauen«, sagte sie bedächtig, »die ihr Bestes tun würden, um Euch einer Dämpfung zu unterziehen, falls sie hörten, was Ihr mir gerade erzählt habt.« Seine Lunge schien einzufrieren; er bekam keine Luft. »Ich beschuldige Euch nicht, die Macht benützen zu können«, fuhr sie fort, und das Eis in ihm schmolz, »oder auch nur in der Lage zu sein, es zu erlernen. Der Versuch, Euch einer Dämpfung zu unterziehen, würde Euch nicht schaden, abgesehen von der etwas - rauhen - Behandlung durch die Roten Ajah, bevor sie ihren Irrtum bemerken. Männer wie Ihr sind so selten, daß selbst die Roten bei all ihren Nachforschungen in den letzten zehn Jahren nur drei gefunden haben. Jedenfalls vor dieser Schwemme von falschen Drachen. Was ich Euch damit klarzumachen versuche, ist, daß ich nicht glaube, Ihr könntet plötzlich anfangen, die Macht zu lenken. Davor müßt Ihr keine Angst haben.«
»Na danke für alles«, sagte er bitter. »Ihr hättet mir keinen Todesschreck einjagen müssen, nur um mir hinterher zu sagen, daß ich mich nicht fürchten solle!«
»Oh, Ihr habt allen Grund, Euch zu fürchten! Oder zumindest sehr vorsichtig zu sein, wie es der Wolf Euch schon sagte. Rote Schwestern oder auch andere würden Euch vielleicht töten, bevor sie merken, daß es bei Euch nichts zu dämpfen gibt.«
»Licht! Licht, seng mich!« Er blickte sie finster an. »Ihr versucht, mich an der Nase herumzuführen, Moiraine, aber ich bin kein Kalb und trage keinen Ring in der Nase. Die Roten Ajah oder andere würden nicht glauben, bei mir eine Dämpfung durchführen zu müssen, wenn nicht an meinen Träumen etwas Reales wäre. Heißt das, die Verlorenen sind tatsächlich wieder frei?«
»Ich habe Euch schon vorher gesagt, das könne sein. Einige davon. Eure... Träume allerdings habe ich nicht erwartet, Perrin. Manche Träumer haben bereits von Wölfen berichtet, aber ich habe das jetzt nicht erwartet.«
»Also, ich glaube, es war wirklich. Ich glaube, ich habe etwas gesehen, das wirklich geschah und das ich eigentlich nicht hätte sehen sollen.« Was du sehen mußt. »Ich glaube, daß zumindest Lanfear frei ist. Was werdet Ihr unternehmen?«
»Ich gehe nach Illian. Und von dort aus nach Tear, was ich noch vor Rand zu erreichen hoffe. Wir mußten Remen zu schnell verlassen, so daß Lan nicht mehr feststellen konnte, ob er den Fluß überquert oder sich eingeschifft hat. Aber das sollten wir schon herausfinden können, bevor wir Illian erreichen. Falls er diesen Weg gewählt hat, werden wir seine Spuren finden.« Sie blickte in ihr Buch, als wolle sie jetzt weiterlesen.
»Ist das alles, was Ihr tun wollt? Obwohl Lanfear frei ist, und das Licht allein weiß, wie viele noch?«
»Fragt mich nicht aus«, sagte sie kalt. »Ihr wißt nicht, welche Fragen Ihr stellen müßt, und Ihr würdet nicht einmal die Hälfte meiner Antworten verstehen, wenn ich sie Euch gäbe. Was ich nicht tun werde.«
Er trat unter ihrem Blick nervös von einem Fuß auf den anderen, bis klar war, daß sie nichts mehr zu sagen gewillt war. Sein Hemd scheuerte schmerzhaft über den Brandfleck auf seiner Brust. Es schien keine schlimme Verletzung zu sein - nicht, wenn man nur vom Blitz getroffen
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