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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Rücken. Sie wurde intensiver und verklang dann aber auch schnell, als hätten sich die Türen eines riesigen Schmelzofens geöffnet und wieder geschlossen. Überrascht wandte er sich um. Der Raum war leer.
    Nur ein Traum, sagte er sich vor Kälte zitternd, und damit verschob sich alles.
    Er blickte in den Spiegel. Ein Teil seiner selbst verstand nicht, was er da sah, während ein anderer Teil es hinnahm. Er trug wie selbstverständlich einen vergoldeten Helm in Form eines Löwenkopfes. Auf seinem gehämmerten Brustpanzer waren goldene Blätter zu sehen, und auch die Kettenärmel und Beinschützer waren mit Gold verziert. Nur die Axt an seiner Seite war die gleiche. Eine Stimme - seine eigene - flüsterte ihm im Geist zu, daß er diese Waffe lieber als jede andere trüge, daß er sie tausendmal getragen hatte in hundert Schlachten. Nein! Er wollte sie aus der Schlaufe ziehen und wegwerfen. Ich kann nicht! In seinem Kopf erklang eine Stimme, lauter als das übliche Gemurmel, beinahe so, daß er sie verstehen konnte.
    »Ein Mann, der zum Ruhm geboren wurde.« Er wirbelte herum und sah sich der schönsten Frau gegenüber, die er je gesehen hatte. Er sah überhaupt nichts, was den Raum betraf, in dem er sich befand. Er hatte nur Augen für sie. Ihre Augen waren Mitternachtsseen, ihre Haut blaß und sicherlich zarter noch als ihr Kleid aus weißer Seide. Als sie auf ihn zukam, trocknete sein Mund aus. Ihm wurde klar, daß jede andere Frau, die er jemals gesehen hatte, dagegen plump und formlos wirken mußte. Er schauderte und fragte sich, woher die Kälte kam.
    »Ein Mann sollte sein Schicksal in beide Hände nehmen«, sagte sie lächelnd. Dieses Lächeln reichte beinahe aus, um ihm warm werden zu lassen. Sie war hochgewachsen, und nur eine Handbreit fehlte, um ihm direkt in die Augen blicken zu können. Silberne Kämme steckten in rabenschwarzem Haar. Ein breiter Gürtel aus silbernen Einzelgliedern umspannte eine Taille, die er mit seinen Händen hätte umfassen können.
    »Ja«, flüsterte er. In seinem Innern stritt Überraschung gegen Zustimmung. Er brauchte keinen Ruhm. Aber wenn sie es sagte, gab es nichts Erstrebenswerteres. »Ich meine...« Das Gemurmel bohrte in seinem Kopf. »Nein!« Es war weg, und genauso war für den Moment jedenfalls alle Zustimmung verflogen. Beinahe. Er hob eine Hand zum Kopf und berührte den Helm. Er nahm ihn ab. »Ich... glaube nicht, daß ich das brauche. Es gehört mir nicht.«
    »Ihr wollt es nicht?« Sie lachte. »Welcher Mann, in dessen Adern Blut strömt, wollte keinen Ruhm? Genausoviel Ruhm, als hättet Ihr das Horn von Valere geblasen.«
    »Ich nicht«, sagte er, und ein Teil von ihm schrie auf und bezichtigte ihn der Lüge. Das Horn von Valere. Das Horn erklang, und der wilde Angriff begann. Der Tod ritt neben ihm, und trotzdem wartete auch sie dort auf ihn. Seine Geliebte. Sein Verhängnis. »Nein! Ich bin ein Schmied.«
    Ihr Lächeln war mitleidig. »Was für ein bescheidener Wunsch. Ihr müßt denen nicht gehorchen, die Euch von Eurem Schicksal abbringen wollen. Sie würden Euch erniedrigen, demütigen, Euch zerstören. Sich dem Schicksal entgegenzustemmen bringt nur Schmerz. Warum den Schmerz suchen, wenn Ihr den Ruhm haben könnt? Wenn Euer Name neben denen aller Helden der Legende erklingen kann?« »Ich bin kein Held.«
    »Ihr wißt nicht einmal die Hälfte darüber, was Ihr seid. Oder was Ihr sein könntet. Kommt, trinkt einen Becher mit mir auf das Schicksal und den Ruhm.« In der Hand hielt sie einen glänzenden Silberbecher, der mit blutrotem Wein gefüllt war. »Trinkt!«
    Er sah den Becher mit gerunzelter Stirn an. Es war etwas... Vertrautes daran. Ein Knurren nagte an seinem Gehirn. »Nein!« Er kämpfte sich davon frei, wollte nicht hinhören. »Nein!«
    Sie hielt ihm den goldenen Becher hin. »Trinkt!«
    Golden? Ich dachte, der Becher sei... Er war... Der Rest des Gedankens entglitt ihm. Doch in seine Verwirrung hinein erklang der Laut in seinem Kopf erneut, nagend, auffordernd. »Nein«, sagte er. »Nein!« Er sah den goldenen Helm in seinen Händen an und warf ihn weg. »Ich bin Schmied. Ich bin... « Der Laut in seinem Kopf kämpfte gegen ihn an, näherte sich der Stärke, mit der er hörbar wurde. Er wickelte die Arme um den Kopf, um ihn auszusperren, und sperrte ihn damit nur ein. »Ich-bin-ein-Mensch!« schrie er.
    Dunkelheit umgab ihn, doch ihre Stimme folgte ihm und flüsterte: »Die Nacht ist immer da, und alle Menschen träumen. Besonders Ihr, mein

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