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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sie ein, verbarg sie, wuchs und wuchs.
    Perrin wickelte die Arme schützend um seinen Kopf und ließ sich hinter das Steingeländer fallen. Dort kauerte er, während der Wind ihn zauste und an seiner Kleidung riß. Der Wind war heiß wie Feuer. Der Wind war Feuer. Selbst mit geschlossenen Augen konnte er es sehen. Flammen umschlossen alles, drangen durch alles hindurch. Der Feuersturm durchraste auch ihn. Er konnte ihn fühlen, wie er brannte und zog und versuchte, ihn zu verschlingen und die Asche zu verstreuen. Er schrie, klammerte sich an sein Leben und wußte doch, daß es nicht reichte.
    Und von einem Herzschlag zum nächsten war der Sturm vorbei. Er verging nicht langsam, nein, im einen Moment noch peitschte ihn der Sturm und im nächsten herrschte absolute Stille. Der einzige Laut war das Echo klatschender Wassertropfen.
    Langsam setzte sich Perrin auf und untersuchte sich. Seine Kleidung war nicht einmal versengt, und seine freiliegende Haut wies keine Brandwunde auf. Nur die Erinnerung an die Hitze ließ ihn glauben, daß es wirklich geschehen war. Die Erinnerung lag nur in seinem Geist allein; der Körper erinnerte sich an nichts.
    Vorsichtig blickte er über das Geländer. Von der Brücke, auf der die Männer gestanden hatten, war auf jeder Seite nur ein kurzes Stück abgeschmolzenen Steins zu sehen. Die Männer waren verschwunden.
    Seine Nackenhaare prickelten und richteten sich auf. Er blickte hoch. Auf einer Rampe über ihm und etwas rechts abgesetzt stand ein zerzauster grauer Wolf und sah ihn an.
    »Nein!« Er sprang auf und rannte los. »Das ist ein Traum! Ein Alptraum! Ich will aufwachen!« Er rannte, und alles in seiner Sicht verschwamm. Die verschwommenen Schlieren verschoben sich. Ein Summen erfüllte sein Gehör und verklang wieder. Dann verfestigte sich das Bild vor seinen Augen.
    Er zitterte vor Kälte und wußte vom ersten Augenblick an ganz sicher, daß dies ein Traum war. Er war sich verschwommen schattenhafter früherer Träume bewußt, aber diesen nun kannte er. Er hatte sich in anderen Nächten bereits an diesem Ort befunden, und auch wenn er ihn nicht begriff, wußte er sich doch in einem Traum. Aber das Wissen änderte diesmal nichts.
    Riesige rote Sandsteinsäulen umgaben die offene Fläche, auf der er stand. Fünfzig Schritt oder höher über seinem Kopf befand sich eine Kuppeldecke. Er und ein weiterer genauso großer Mann hätten eine dieser Säulen nicht mit ihren Armen umschließen können. Der Boden war mit großen, grauen Steinplatten ausgelegt, hart, und doch von unzähligen Generationen von Füßen ausgetreten.
    Und in der Mitte unter der Kuppel befand sich der Grund dafür, daß all diese Füße hierhergekommen waren: ein Schwert, das mit dem Griff nach unten in der Luft hing, offensichtlich durch nichts gehalten, wo anscheinend jedermann danach greifen und es nehmen konnte. Es drehte sich langsam, wie durch einen schwachen Lufthauch bewegt. Und doch war es eigentlich gar kein Schwert. Es schien aus Glas zu bestehen, oder vielleicht aus Kristall, sowohl die Klinge wie auch der Griff und der Querbügel. Es fing das wenige Licht auf und zersplitterte es in tausend Blitze.
    Er ging darauf zu und streckte die Hand aus, so wie jedesmal zuvor. Er erinnerte sich deutlich daran, daß er das getan hatte. Der Griff hing vor seinem Gesicht, leicht zu erreichen. Doch einen Fuß vor dem glitzernden Schwert traf seine Hand in der leeren Luft auf einen Widerstand. Als habe er Stein berührt. Wie er es ja auch gewußt hatte. Er drückte stärker dagegen, aber er hätte genauso gegen eine Wand drücken können. Das Schwert drehte sich und glitzerte, einen Fuß entfernt und doch so weit außerhalb seiner Reichweite, als befände es sich auf der anderen Seite des Meeres.
    Callandor. Er war nicht sicher, ob die flüsternde Stimme sich in seinem Kopf befand oder außerhalb; sie schien um die Säulen herumzuklingen, überall gleichzeitig, eindringlich und doch sanft wie eine Frühlingsbrise. Callandor. Wer mich führt, der hält das Schicksal in Händen. Nimm mich und trete die letzte Reise an. Er trat in plötzlich aufkeimender Angst einen Schritt zurück. Dieses Flüstern war noch nie zuvor erklungen.
    Viermal schon hatte er diesen Traum geträumt. Daran erinnerte er sich genau: vier Nächte lang, eine nach der anderen. Und dies nun war das erste Mal, daß sich etwas verändert hatte. Die Entstellten kommen. Das war ein anderes Flüstern aus einer Quelle, die ihm bekannt war, und er fuhr

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