Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
Vom Netzwerk:
löste sich plötzlich in nichts auf. Warum hat es mich verlassen?«
    »Es hat dich nicht verlassen, Dan – es war die ganze Zeit da, aber du warst so sehr mit deinem Basis-Selbst und deinem Bewußten Selbst beschäftigt, daß du es nicht sahst und seine Liebe und Unterstützung nicht spürtest.«
    »Wie kann ich denn so weit kommen, daß ich diese Liebe und Unterstützung spüre? Wie geht es jetzt weiter?«
    »Eine gute Frage – eine sehr gute Frage!« lachte sie und stand auf. Dann schwang sie sich den Rucksack wieder auf den Rücken und begann langsam den steinigen Weg hinaufzusteigen. Ich folgte ihr; in meinem Kopf schwirrten hundert unbeantwortete Fragen umher.
    Wir gingen auf einem steilen Pfad die Klippe hinauf. Allmählich wich der Sand Erde und Gestein. Ich drehte mich um und warf einen Blick zurück auf die Bucht, die ein paar Meter unter uns lag. Jetzt kam wieder die Flut. Zwanzig Meter von uns entfernt rollte eine Welle heran und machte kurz vor der Gestalt halt, die Mama Chia in den Sand gezeichnet hatte. Ich blinzelte und traute meinen Augen nicht: Dort, wo vorher die Figur und der Kreis gewesen waren, glaubte ich jetzt drei Figuren zu erkennen – einen kleinen Körper, wie von einem Kind; eine viereckige, kastenähnliche Gestalt; und ein großes Oval. Dann kam wieder eine Welle und wusch das Bild fort.
    Der Aufstieg war mühsamer als der Hinweg, der bergab geführt hatte. Mama Chia schien in bester Stimmung zu sein, aber ich war bedrückt. Wir redeten beide kein Wort. Während ich hinter ihr den Weg hochstieg, in den immer dunkler werdenden Wald hinein, zogen vor meinem inneren Auge Bilder meiner Vision an mir vorüber.

    Als wir zu der Lichtung kamen, stand die Mondsichel schon hoch am Himmel. Mama Chia wünschte mir eine gute Nacht und ging weiter.
    Ich stand noch eine Weile vor der Hütte und lauschte dem Zirpen der Grillen. Der warme Nachtwind schien direkt durch mich hindurchzuwehen. Erst als ich meine Hütte betrat, merkte ich, wie müde ich war. Ich erinnere mich noch vage daran, daß ich zur Toilette ging; dann sank ich aufs Bett. Ich hörte noch ein paar Sekunden lang die Grillen zirpen – dann war alles Schweigen. In dieser Nacht träumte ich, wie ich nach meinem Höheren Selbst suchte – aber ich fand nichts als gähnende Leere.

8
DAS AUGE DER SCHAMANIN
    Eine große Lehrerin bemüht sich niemals, ihre Vision zu erklären.
Sie fordert dich einfach auf, dich neben sie zu stellen und für dich
selbst zu sehen.
     
    R. INMAN
     
     
    Noch nicht richtig wach – in mancherlei Hinsicht, fürchte ich –, schlug ich die Augen auf. Mama Chia stand an meinem Bett. Zuerst glaubte ich, noch zu träumen; doch als sie laut rief. »Aus den Federn mit dir!«, kehrte ich rasch auf den Boden der Realität zurück. Ich sprang so schnell auf, daß ich beinahe vornübergekippt wäre.
    »Ich … ich bin gleich soweit«, murmelte ich, immer noch benommen, und schwor mir, nächstens aufzustehen, bevor sie kam. Ich stolperte ins Badezimmer, zog meine Shorts über und ging hinaus, um mir meine morgendliche Dusche zu holen – es regnete gerade.
    Tropfnaß kam ich wieder herein und griff nach einem Handtuch. »Es muß gleich Mittag sein.«
    »Kurz nach elf«, bestätigte sie.
    »Oje! Ich …«
    »Und zwar Donnerstag, kurz nach elf«, unterbrach sie mich. »Du bist sechsunddreißig Stunden lang weg gewesen.«
    Beinahe wäre mir das Handtuch aus der Hand gefallen. »Fast zwei Tage?« Ich ließ mich schwer aufs Bett fallen.
    »Warum schaust du so entsetzt – hast du eine Verabredung versäumt?« fragte sie.
    »Nein, ich glaube nicht.« Ich blickte zu ihr empor. »Oder doch?«
    »Mit mir jedenfalls nicht. Außerdem sind Verabredungen auf Hawaii nicht üblich«, erklärte sie. »Die Leute vom Festland haben
zwar versucht, diese Sitte hier einzuführen; aber das ist so, als wolle man Vegetariern Rindfleisch verkaufen. Geht es dir jetzt wieder besser?«
    »Ja, viel besser«, antwortete ich und frottierte mir das Haar trocken. »Aber ich weiß immer noch nicht so recht, was ich hier eigentlich soll  – oder wobei du mir helfen willst. Wirst du mir zeigen, wie ich mein Höheres Selbst sehen kann?«
    »Das müssen wir erst mal sehen «, antwortete sie, lächelte über ihr Wortspiel und reichte mir mein Hemd.
    »Mama Chia«, fragte ich und zog das Hemd an, »das, was ich gesehen habe – diese Vision am Strand – hast du mich da hypnotisiert?«
    »Eigentlich nicht. Was du gesehen hast, stammt aus den

Weitere Kostenlose Bücher