Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
Vom Netzwerk:
kann ich es nicht mehr leiden.« Mit diesen Worten sprang sie davon wie ein kleiner Kobold und lief zur Hütte zurück. Ich verabschiedete mich stumm vom ›alten Griesgram‹. Mit einem lauten ›Quaaak‹ sprang er ins Wasser, daß es nur so nach allen Seiten spritzte, und tauchte unter.
    Als ich die Lichtung erreichte, war Sachi schon da und übte Tanzschritte. »Das hat Mama Chia mir gezeigt«, erklärte sie. »Sie bringt mir viel bei.«
    »Das glaube ich«, antwortete ich. Dann kam mir eine Idee. »Vielleicht kann ich dir auch etwas beibringen. Kannst du radschlagen?«
    »Ja, so etwas Ähnliches«, erwiderte sie und probierte einen Handstand. »Aber wahrscheinlich sehe ich dabei aus wie einer von diesen Fröschen«, kicherte sie. »Kannst du mir zeigen, wie man richtig radschlägt?«
    »Ich glaube schon – früher habe ich das ganz gut gekonnt«, sagte ich und schlug mit einem Arm ein Rad über den Holzblock.
    »Toll!« rief sie beeindruckt. »Das ging ja wie von selber!« Durch mein Beispiel angespornt, versuchte sie es wieder; aber es war noch nicht viel besser.
    »Komm, Sachi, ich zeige es dir noch einmal«, erbot ich mich.
    Der Rest des Nachmittags verging im Handumdrehen – so vertieft war ich in meinen geliebten alten Sport. Und ich muß sagen, Sachi lernte sehr graziös radzuschlagen.
    In der Nähe entdeckte ich eine leuchtend rote Blume. Einem Impuls folgend, pflückte ich sie und steckte sie ihr ins Haar. »Weißt du, ich habe eine kleine Tochter – jünger als du –, und ich vermisse sie sehr. Ich freue mich, daß du bei mir vorbeigeschaut hast.«
    »Ich auch«, sagte sie, berührte die Blume mit der Hand und schenkte mir ihr reizendstes Lächeln. »Jetzt muß ich aber gehen. Danke, daß du mir das Radschlagen beigebracht hast, Dan.« Sie rannte den Weg entlang, drehte sich noch einmal um und rief mir zu: »Und vergiß nicht, dein Brot zu essen!«
    Dieses Lächeln hatte meinen Tag gerettet.
    Als Mama Chia am nächsten Morgen wiederkam, wartete ich schon auf sie und zielte mit Kieselsteinen nach einem Baum, um mir die Zeit zu vertreiben. »Wie wär’s mit ein paar Scheiben frischem Brot?« fragte ich. »Ich habe zwar schon gegessen, aber wenn du Hunger hast …«
    »Nein, danke«, wehrte sie ab. »Wir müssen los, wir haben bis zum Sonnenuntergang noch etliche Kilometer vor uns.«

    »Wohin gehen wir denn diesmal?« fragte ich, als wir die Hütte verließen und bergauf stiegen.
    »Dorthin.« Sie zeigte auf die Bergkette aus schwarzem Lavagestein im Zentrum der Insel, fast tausend Meter über uns. Dann reichte sie mir ihren Rucksack. »Jetzt bist du kräftig genug, um ihn zu tragen«, sagte sie kurz und bündig.
    Langsam stiegen wir einen immer steiler werdenden Pfad mit vielen Kurven und Windungen hinauf. Es war ganz still im Wald; nur ab und zu hörte man den Ruf eines Vogels und meine rhythmischen Schritte, die den Takt zu Mama Chias hin und her schwingendem Bambusstock und ihrem humpelnden Gang schlugen.
    Ab und zu blieb sie stehen, um einen farbenprächtigen Vogel zu bewundern oder mir einen ungewöhnlichen Baum oder einen kleinen Wasserfall zu zeigen.
    Am späten Vormittag konnte ich die Gedanken, die mich bedrückten, nicht mehr länger für mich behalten. »Mama Chia«, rief ich ihr zu, »Socrates hat einmal zu mir gesagt: Wirklich gelernt hat man eine Sache erst dann, wenn man sie auch selbst tun kann.«
    Sie blieb stehen, drehte sich zu mir um und sagte bestätigend: »Ich höre etwas und vergesse es wieder, ich sehe etwas und erinnere mich; ich tue etwas und begreife es.«
    »Genau das ist es«, gab ich zu. »Ich habe schon von vielen Dingen gehört und auch vieles gesehen ; aber getan habe ich in meinem Leben eigentlich noch nichts. Ich habe schon einiges über das Heilen gelernt, aber kann ich deshalb selbst Menschen heilen? Und ich weiß zwar von meinem Höheren Selbst, aber ich kann es nicht spüren !«
    Endlich brach die ganze Enttäuschung, die sich seit fünf Jahren in mir angestaut hatte, aus mir heraus. »Ich war Weltmeister im Turnen, ich habe mein Examen an der University of California gemacht, und ich habe eine reizende kleine Tochter. Ich achte auf meine Gesundheit, ernähre mich richtig – mache alles richtig. Ich bin Professor am College  – ich habe alles getan, was man von mir erwartet – aber trotz all dem und trotz meiner Ausbildung bei Socrates habe ich das Gefühl, daß mein Leben auseinanderfällt! Früher habe ich
immer geglaubt, wenn ich nur genügend

Weitere Kostenlose Bücher