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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Blazers steckte. Dann ging sie nach draußen und setzte sich zu Bosch in den Mercedes.
    »Und?«, fragte er. »Ist Agent Dei sauer?«
    »Nein. Wir haben ihr gerade zum entscheidenden Durchbruch verholfen. Warum sollte sie da sauer sein?«
    »Ich weiß auch nicht. Manche Leute haben es so an sich, immer sauer zu sein, egal, wie sehr man ihnen hilft.«
    »Wie lange sollen wir eigentlich noch hier sitzen?«, fragte Mecca vom Rücksitz.
    Rachel drehte sich zu den zwei Frauen um.
    »Wir fahren jetzt zum Westkamm rüber, um uns einen Wohnwagen anzusehen. Sie können mitkommen und im Auto bleiben, oder sie können in die Bar gehen und warten. Es sind weitere Agenten auf dem Weg hierher. Wahrscheinlich reicht es, wenn Sie hier vernommen werden. Dann brauchen Sie nicht nach Vegas mitzukommen.«
    »Gott sei Dank«, sagte Mecca. »Ich warte hier.«
    »Ich auch«, sagte Tammy.
    Bosch ließ sie aussteigen.
    »Aber warten Sie auch wirklich hier«, rief ihnen Rachel zu. »Wenn Sie in Ihren Wohnwagen oder sonst wohin gehen, werden Sie nicht weit kommen, und außerdem erreichen Sie damit nur, dass sie richtig sauer werden.«
    Sie gaben nicht zu erkennen, ob sie diese Warnung gehört hatten. Rachel beobachtete, wie sie die Rampe hinauf und in die Bar gingen. Bosch stieg wieder ein und legte den Rückwärtsgang ein.
    »Wollen Sie das wirklich tun?«, fragte er. »Wenn mich nicht alles täuscht, hat Ihnen Agent Dei gesagt, Sie sollten nichts unternehmen, bis Verstärkung eingetroffen ist.«
    »Sie hat auch gesagt, mit als Erstes würde sie Sie wegschicken. Wollen Sie warten, dass sie das tut, oder wollen Sie mitkommen, den Wohnwagen ansehen?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, ich komme mit. Es ist ja nicht meine Karriere, die hier auf dem Spiel steht.«
    »Tolle Karriere.«
     
    Wir folgten der unbefestigten Straße, die uns Billings Rett gezeigt hatte, und sie führte vom Westrand der Ansiedlung Clear etwa eine Meile weit einen Abhang hinauf. Danach verlief die Straße eben und krümmte sich um einen rötlich orangefarbenen Felsen, der genauso aussah, wie Rett ihn beschrieben hatte. Er sah aus wie das Heck des großen Passagierschiffs, als es in einem Winkel von sechzig Grad aus dem Wasser ragte und in die Tiefe glitt. Zumindest dem Film zufolge. Der von Rett erwähnte Kletterer war zu der entsprechenden Stelle des Felsens hochgestiegen und hatte mit weißer Farbe »Titanic« darauf gepinselt.
    Wir hielten nicht an, um den Felsen oder den Schiffsnamen zu bewundern. Ich fuhr um ihn herum, und wenig später erreichten wir eine freie Stelle, wo ein kleiner Wohnwagen auf Betonblöcken aufgebockt war. Daneben standen ein schrottreifes Auto mit vier platten Reifen und eine Öltonne, die zum Verbrennen von Abfällen verwendet worden war. Auf der anderen Seite waren ein großer Treibstofftank und ein Stromgenerator.
    Um keine Tatortspuren zu zerstören, hielt ich ein Stück vor dem Wohnwagen an und machte den Motor aus. Der Generator lief nicht. Die Stille, die über der Szenerie lag, hatte etwas Ominöses. Ich hatte das Gefühl, ans Ende der Welt gekommen zu sein, an einen Ort der Finsternis. Ich fragte mich, ob Backus seine Opfer hier in seine Gewalt gebracht hatte, ob das für sie das Ende der Welt gewesen war. Wahrscheinlich, nahm ich an. Es war ein Ort, an dem das Böse lauerte.
    Rachel brach das Schweigen.
    »Und? Sollen wir es uns nur von außen ansehen oder gehen wir rein?«
    »Ich warte nur darauf, dass Sie den ersten Schritt tun.«
    Sie öffnete die Tür auf ihrer Seite, und dann öffnete ich meine. Wir trafen uns an der Motorhaube des Mercedes. In diesem Moment merkte ich, dass die Fenster des Wohnwagens alle offen waren. Das war nicht, was man erwartete, wenn jemand sein Zuhause für längere Zeit zurückließ. Nach dieser Feststellung kam der Geruch.
    »Riechen Sie das?«
    Sie nickte. In der Luft lag Tod. Es war viel schlimmer, viel intensiver als in Zzyzx. Instinktiv wusste ich, dass das, was wir hier finden würden, nicht die vergrabenen Geheimnisse des Mörders wären. Diesmal nicht. In diesem Wohnwagen war eine – mindestens eine – Leiche, die Luft und Verwesung ausgesetzt war.
    »Mit meiner letzten Handlung«, sagte Rachel.
    »Wie bitte?«
    »Die Karte. Was er auf der Karte geschrieben hat.«
    Ich nickte. Sie dachte an Selbstmord.
    »Glauben Sie?«
    »Ich weiß nicht. Lassen Sie uns nachsehen.«
    Wir gingen langsam los, ohne dass einer von uns noch ein Wort sagte. Der Geruch wurde stärker, und uns war beiden klar, was

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