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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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namens Cielo Azul fand. Sie gefiel ihr so gut, dass sie noch eine hören wollte, aber ich sagte ihr, es sei schon spät und ich müsse jetzt Schluss machen. Dann fragte sie mich völlig unvermittelt, ob der Burger King und die Dairy Queen verheiratet seien. Ich lächelte und staunte darüber, wie ihr Verstand arbeitete. Ich sagte ihr, sie wären verheiratet, und sie fragte mich, ob sie glücklich wären.
    Man kann sich aus der Welt ausklinken und von ihr abkapseln. Man kann sich für einen ständigen Außenseiter halten. Doch die Unschuld eines Kindes holt einen zurück und gibt einem den Schild der Freude, um sich zu schützen. Das habe ich erst spät im Leben gelernt, aber nicht zu spät. Es ist nie zu spät. Es tat mir weh, an die Dinge zu denken, die sie über die Welt erfahren würde. Ich wusste nur, dass ich ihr nichts beibringen wollte. Ich fühlte mich befleckt von den Wegen, die ich im Leben eingeschlagen hatte, und von den Dingen, die ich wusste. Ich hatte nichts, von dem ich wollte, dass sie es hätte. Ich wollte nur, dass sie mir etwas beibrächte.
    Deshalb sagte ich ihr, ja, der Burger King und die Dairy Queen seien glücklich und führten ein wunderschönes Leben miteinander. Ich wollte, dass sie ihre Geschichten und Märchen hatte, solange sie noch an sie glauben konnte. Denn bald genug würden sie ihr weggenommen werden.
    Meiner Tochter am Telefon Gute Nacht zu sagen, hatte etwas Einsames und Deplatziertes. Ich war gerade von einem zweiwöchigen Aufenthalt in Las Vegas zurückgekommen, und Maddie hatte sich daran gewöhnt, mich zu sehen, und ich hatte mich daran gewöhnt, sie zu sehen. Ich holte sie von der Schule ab, ich sah ihr beim Schwimmen zu, ich machte ihr ein paarmal Abendessen in dem kleinen, zweckmäßigen Apartment am Flughafen, das ich gemietet hatte. Abends, wenn ihre Mutter in den Casinos Poker spielte, fuhr ich sie nach Hause und brachte sie zu Bett, um sie dann unter der Aufsicht der im Haus lebenden Kinderfrau zurückzulassen.
    Ich war etwas Neues in ihrem Leben. In ihren ersten vier Lebensjahren hatte sie nie etwas von mir gehört, und ich hatte nichts von ihr gehört. Das machte die Schönheit und Schwierigkeit der Beziehung aus. Ich war mit plötzlicher Vaterschaft geschlagen und genoss sie in vollen Zügen und tat mein Bestes. Maddie hatte plötzlich einen weiteren Beschützer, der in ihrem Leben ein und aus ging. Eine zusätzliche Umarmung und ein zusätzlicher Kuss auf ihr Haar. Aber sie wusste auch, dass dieser Mann, der plötzlich in ihr Leben getreten war, ihrer Mutter eine Menge Schmerzen und Tränen bereitete. Eleanor und ich hatten zwar versucht, unsere Diskussionen und manchmal harten Worte von unserer Tochter fern zu halten, aber manchmal sind die Wände dünn, und Kinder, stellte ich fest, sind die besten Detektive. Sie sind meisterliche Deuter menschlicher Ausstrahlung.
    Eleanor Wish hatte mir das Geheimnis schlechthin vorenthalten. Eine Tochter. An dem Tag, an dem sie mir Maddie schließlich vorstellte, dachte ich, auf der Welt sei alles in Ordnung. Zumindest in meiner Welt. Ich sah meine Erlösung in den Augen meiner Tochter, meinen eigenen Augen. Was ich an diesem Tag allerdings nicht sah, waren die Risse. Die Sprünge unter der Oberfläche. Und sie waren tief. Der glücklichste Tag meines Lebens sollte zu einigen der scheußlichsten Tage führen. Zu Tagen, an denen ich nicht über das Geheimnis hinwegkam und was mir so viele Jahre vorenthalten worden war. Während ich einen Augenblick lang dachte, ich hätte alles, was ich mir vom Leben wünschen könnte, stellte ich bald fest, dass ich ein zu schwacher Mensch war, um es festzuhalten, um den dahinter verborgenen Verrat als Gegenleistung für das zu ertragen, was ich geschenkt bekommen hatte.
    Andere, bessere Männer könnten so etwas. Ich konnte es nicht. Ich verließ das Zuhause von Eleanor und Maddie. Mein Zuhause in Las Vegas ist eine schmucklose Zweizimmerwohnung über einem Parkplatz neben dem Ort, an dem spielende Millionäre und Milliardäre ihre Privatjets abstellen, um sich mit dezent summenden Limousinen zu den Casinos fahren zu lassen. Ein Standbein habe ich in Las Vegas, das andere hier in Los Angeles, einem Ort, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht auf Dauer verlassen kann, jedenfalls nicht, ohne zu sterben.
    Nachdem sie Gute Nacht gesagt hatte, gab meine Tochter das Telefon ihrer Mutter, die ausnahmsweise abends mal zu Hause war. Unser Verhältnis war gespannter denn je. Wir lagen wegen unserer

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