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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ordentlich. Ich blieb in ihrer Mitte stehen und sah sie mir eine halbe Minute lang einfach nur an, bevor ich zum Kartentisch ging und Schubladen herauszog. Hier hatte McCaleb die Geschäftsunterlagen der Charterfirma aufbewahrt. Ich fand Kundenlisten und einen Kalender für Charterreservierungen. Außerdem gab es Unterlagen über seine Abbuchungen von Visa und MasterCard, die er offensichtlich von Kunden als Zahlungsmittel akzeptierte. Die Charterfirma hatte ein eigenes Konto, und in der Schublade war auch ein Scheckheft. Ich sah mir das Hauptbuch an und sah, dass so ziemlich alles, was reinkam, für Treibstoff und Liegegebühren sowie für Angel- und sonstigen Charterbedarf wieder draufging. Es gab keine Belege für Barzahlungen, woraus ich schloss, dass sich die Gewinne, falls es solche gab, auf nicht belegte Barzahlungen von Kunden beschränkten, je nachdem, wie viel es davon gab.
    In der untersten Schublade war ein Ordner mit ungedeckten Schecks. Es waren nur wenige, relativ geringfügige Beträge und zeitlich so stark gestreut, dass sie keinen ernsten Schaden für die Firma darstellten.
    Mir fiel auf, dass im Scheckheft und in den meisten Geschäftsunterlagen entweder Buddy Lockridge oder Graciela McCaleb als Betreiber der Charterfirma aufgeführt waren. Graciela hatte mir gesagt, das läge daran, dass Terry offiziell nur ein sehr niedriges Einkommen haben durfte. Überstieg es einen bestimmten Betrag – der unglaublich niedrig angesetzt war –, stand ihm kein staatlicher Versicherungsschutz mehr zu. Wäre ihm dieser abgesprochen worden, hätte er seine gesamten Medikamente und Arztkosten selbst bezahlen müssen – was ihn als Empfänger eines Spenderherzens auf schnellstem Weg in den finanziellen Ruin getrieben hätte.
    In dem Ordner mit den ungedeckten Schecks fand ich außerdem die Kopie eines Dokuments des Sheriff’s Department, das nichts mit irgendwelchen ausstehenden Zahlungen zu tun hatte. Es war eine zwei Monate alte Bestandsaufnahme des Schadens, der in Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Einbruch auf der Following Sea entstanden war. Die Anzeige war von Buddy Lockridge erstattet worden, und aus der Zusammenfassung ging hervor, dass nur ein Gegenstand vom Boot entwendet worden war, ein tragbares GPS-Gerät. Der Wert war mit 300 Dollar angegeben, und die Typenbezeichnung lautete Gulliver 100. Laut einem beigefügten Vermerk konnte der Geschädigte die Seriennummer des fehlenden Geräts nicht angeben, weil er es beim Pokern von einer Person gewonnen hatte, deren Namen und Adresse er nicht kannte, und sich die Gerätenummer nicht notiert hatte.
    Nachdem ich kurz alle Schübe des Kartentisches durchgesehen hatte, nahm ich mir die Kundenkartei noch einmal gründlicher vor. Besonders genau sah ich mir die Kunden an, die McCaleb und Lockridge in den sechs Wochen vor Terrys Tod an Bord genommen hatten. Keiner der Namen kam mir irgendwie auffällig oder verdächtig vor, und es gab auch keinerlei Vermerke von Terry oder Buddy, die eine solche Reaktion gerechtfertigt hätten. Trotzdem holte ich einen Notizblock aus der Gesäßtasche meiner Jeans und machte eine Liste mit den Namen aller Kunden, der Anzahl der Teilnehmer an einer Tour und dem Datum.
    Sobald ich damit fertig war, konnte ich sehen, dass die Chartertouren nicht auf regelmäßiger Basis stattgefunden hatten. Drei oder vier Halbtagstouren waren für die Firma schon eine gute Geschäftswoche. Eine Woche gab es, in der sie überhaupt keinen Charter gehabt hatten, und eine mit nur einem. Allmählich verstand ich, warum Buddy dafür plädiert hatte, die Firma aufs Festland zu verlegen, um mehr und längere Aufträge abzuschließen. McCaleb betrieb die Charterfirma als Hobby und wäre in dem Stil, in dem er das tat, nie auf einen grünen Zweig gekommen.
    Ich wusste natürlich, warum das so war. Er hatte ein zweites Hobby – wenn man es so nennen will –, und er brauchte Zeit, um ihm ebenfalls nachgehen zu können. Ich legte die Unterlagen in die Schublade zurück und wollte gerade nach unten ins Vorschiff gehen, um mich mit Terrys anderem Hobby zu befassen, als ich die Kajütentür hinter mir aufgehen hörte.
    Es war Buddy Lockridge. Er war an Bord gekommen, ohne dass ich den kleinen Außenborder des Schlauchboots gehört hatte oder gespürt hatte, wie es am Heck angelegt hatte. Auch Buddys beachtliches Gewicht hatte ich nicht gespürt, als er an Bord geklettert war.
    »Morgen«, sagte er. »Tut mir Leid, dass ich zu spät komme.«
    »Das macht

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