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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Fall hieß, dass McCalebs Angebot, bei den Ermittlungen zu helfen, nicht positiv aufgenommen beziehungsweise überhaupt nicht angenommen worden war.
    McCaleb hatte auch dem Alter der Vermissten Bedeutung beigemessen. Er schrieb ein Durchschnittsalter auf und zog dann die Alter dreier Opfer heraus, weil sie nur maximal zwei Jahre voneinander differierten und sehr dicht am Durchschnittsalter lagen. Das schienen mir Notizen zu sein, die zu einem Opferprofil gehörten. Die Akte enthielt jedoch keines, und ich wusste nicht, ob McCaleb jemals über das Notizenstadium hinausgekommen war.
    Der Vermerk »Schnittstelle finden« schien ebenfalls Teil dieses Profils zu sein. McCaleb bezog sich auf eine geografische oder den Lebensstil betreffende Schnittstelle im Leben der sechs Vermissten. Wie schon der Metro-Detective in dem Times-Artikel angedeutet hatte, ging auch McCaleb davon aus, dass zwischen den Männern eine Verbindung bestehen musste. Sie kamen zwar aus so weit voneinander entfernt liegenden Orten wie Ottawa und Los Angeles und kannten sich untereinander nicht, aber irgendein verbindendes Element musste es zwischen ihnen geben.
    Der Vermerk »Lücke im Zyklus – es gibt mehr« bezog sich vermutlich auf die Intervalle zwischen den Vermisstenmeldungen. Falls jemand diese Männer entführt und ermordet hatte, wie McCaleb glaubte, hätte es normalerweise einen erkennbaren Zeitzyklus geben müssen. Das ist bei Serienmördern fast immer der Fall. Gewalttätige psychosexuelle Triebe stauen sich an und lassen nach einem Mord wieder nach. Offensichtlich hatte McCaleb den Zyklus rekonstruiert und Lücken darin entdeckt – fehlende Opfer. Er glaubte, dass mehr als sechs Männer verschwunden waren.
    Was mich an den Vermerken am meisten vor ein Rätsel stellte, war der Hinweis auf eine »Dreieckstheorie« und darunter der Vermerk »1 Punkt ergibt 3«. Das war etwas, worauf ich in den Akten bis dahin noch nicht gestoßen war, und ich wusste nicht, was damit gemeint war. Es stand in Zusammenhang mit Hinweisen auf den Leihwagen und die 328 Meilen, die damit gefahren worden waren. Doch je mehr ich daran herumprobierte, desto ratloser wurde ich. Es war ein Code oder Kürzel für etwas, was ich nicht wusste. Das störte mich, aber angesichts dessen, was ich im Moment wusste, gab es nichts, was ich daran hätte ändern können.
    Der Eintrag vom 9. Januar bezog sich auf einen Rückruf von Ritz. McCaleb hatte ihn wahrscheinlich angerufen und eine Nachricht hinterlassen, worauf der Detective aus Las Vegas zurückgerufen, sich McCalebs Vortrag und vielleicht auch sein Profil angehört und dann »Kein Interesse« gesagt hatte. Das war nicht weiter überraschend. Das FBI war bei den lokalen Polizeibehörden oft unerwünscht. Das Kompetenzgerangel zwischen Bundes- und Ortspolizei war fester Bestandteil der Polizeiarbeit. Ein pensionierter FBI-Agent war da vermutlich nicht anders behandelt worden. Terry McCaleb war persona non grata.
    Damit wäre die Sache bei dieser Akte und diesem Fall vermutlich erledigt gewesen, doch dann kam der Eintrag vom 2. Februar. Ein Name und eine Telefonnummer. Ich griff nach meinem Handy und wählte die Nummer ohne Rücksicht auf die späte Stunde. Oder auch frühe, je nachdem, wie man es sah. Ich hörte eine auf Band gesprochene Frauenstimme.
    »Hier spricht Cindy Hinton von der Las Vegas Sun. Im Moment kann ich Ihren Anruf nicht entgegennehmen, aber er ist mir wichtig. Bitte hinterlassen Sie Namen und Telefonnummer, und ich rufe Sie baldmöglichst zurück. Vielen Dank.«
    Ein Piepton ertönte, und ich zögerte, unschlüssig, ob ich schon Kontakt aufnehmen sollte. Aber dann warf ich meine Bedenken über den Haufen.
    »Ähm, ja, hallo, hier spricht Harry Bosch. Ich bin ein Ermittler aus Los Angeles und würde gern über Terry McCaleb mit Ihnen sprechen.«
    Ich hinterließ meine Nummer und klappte das Handy zu, immer noch unschlüssig, ob ich den richtigen Schritt unternommen hatte, aber zumindest in dem Glauben, dass es das Beste gewesen war, mich kurz und rätselhaft zu fassen. Unter Umständen brachte es sie dazu, mich zurückzurufen.
    Der letzte Eintrag auf dem Aktendeckel war der interessanteste. McCaleb hatte »Zzyzx« geschrieben und dann die Frage gestellt, ob es möglich sei und, wenn ja, wie. Das musste sich auf die Zzyzx Road beziehen. Das war ein Sprung. Ein gewaltiger Sprung. McCaleb hatte Fotos von jemandem erhalten, der seine Familie beobachtet und fotografiert hatte. Dieselbe Person hatte unweit der

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