Die Rückkehr des Poeten
schaffen machen können.«
Sie verstummte und ließ das erst einmal eine Weile auf mich einwirken.
»Was wird Dr. Hansen jetzt unternehmen?«, fragte ich.
»Er meinte, er hätte keine Wahl. Falls sich im Krankenhaus jemand an den Medikamenten zu schaffen gemacht hat, muss er der Sache auf den Grund gehen. Es könnten andere Patienten gefährdet werden.«
»Das halte ich für unwahrscheinlich. Sie sagten doch selbst, es wären zwei Medikamente ausgetauscht worden. Das heißt, es ist wahrscheinlich irgendwo außerhalb des Krankenhauses passiert, als sie sich bereits in Terrys Besitz befanden.«
»Ich weiß. Das meinte Dr. Hansen auch. Er sagte, er würde es den zuständigen Behörden melden. Das müsste er. Ich weiß allerdings nicht, wer das ist und was sie tun werden. Das Krankenhaus ist in L.A., und Terry starb etwa fünfundzwanzig Meilen vor der Küste von San Diego auf seinem Boot. Ich weiß nicht, wer …«
»Zuerst geht es vermutlich an die Küstenwache, und die wird es ans FBI weiterleiten. Irgendwann. Aber das wird einige Tage dauern. Sie könnten die Sache beschleunigen, wenn Sie sich gleich an das FBI wenden. Ehrlich gestanden, verstehe ich auch nicht, warum Sie damit zu mir kommen und nicht zu ihnen gehen.«
»Das geht nicht. Noch nicht jedenfalls.«
»Warum nicht? Natürlich geht das. Sie sollten nicht zu mir kommen. Gehen Sie damit zum FBI. Sagen Sie es den Leuten, mit denen er gearbeitet hat. Sie werden sich der Sache bestimmt sofort annehmen, Graciela. Ganz sicher.«
Sie stand auf und ging zur Schiebetür und blickte nach draußen, über den Pass. Es war einer dieser Tage, an denen der Smog so dicht ist, dass er aussieht, als könnte er sich entzünden.
»Sie waren Detective. Überlegen Sie doch mal. Jemand hat Terry ermordet. Diese Kapseln wurden doch sicher nicht aus Versehen ausgetauscht – nicht bei zwei verschiedenen Medikamenten aus zwei verschiedenen Packungen. Dahinter steckt Absicht. Also ist die nächste Frage: Wer hatte Zugang zu seinen Medikamenten? Wer hatte ein Motiv? Ihr Verdacht wird zunächst auf mich fallen, und vielleicht werden sie woanders gar nicht mehr suchen. Ich habe zwei Kinder. Das kann ich nicht riskieren.«
Sie wandte sich ab und sah mich wieder an.
»Und ich war es nicht.«
»Welches Motiv?«
»Geld. Zum einen. Er hatte aus der Zeit beim FBI eine Lebensversicherung.«
»Zum einen? Heißt das, es gibt noch ein zweites Motiv?«
Sie senkte den Blick zu Boden.
»Ich habe meinen Mann geliebt. Aber wir hatten Probleme. Er hatte die letzten paar Wochen auf dem Boot geschlafen. Deshalb hat er vermutlich auch diese lange Chartertour übernommen. Sonst machte er meistens nur Tagestouren.«
»Was waren das für Probleme, Graciela? Wenn ich mich der Sache annehmen soll, muss ich das wissen.«
Sie zuckte die Achseln, als wüsste sie die Antwort nicht, doch dann antwortete sie.
»Wir lebten auf einer Insel, und mir gefiel es dort nicht mehr. Ich glaube, es war kein großes Geheimnis, dass ich aufs Festland zurückziehen wollte. Das Problem war, dass er wegen seiner FBI-Tätigkeit nach wie vor Angst um unsere Kinder hatte. Er hatte Angst vor der Welt. Er wollte die Kinder von der Welt abschirmen. Ich nicht. Ich wollte, dass sie etwas von der Welt mitbekämen und darauf vorbereitet wären.«
»Und das war alles?«
»Da waren auch noch andere Dinge. Ich war nicht glücklich darüber, dass er weiter Fälle übernahm.«
Ich stand auf und stellte mich neben sie an die Tür. Ich schob sie auf, um etwas von der stickigen Luft hinauszulassen. Ich hätte sie öffnen sollen, sobald wir hereingekommen waren. Im Haus roch es abgestanden. Ich war zwei Wochen weg gewesen.
»Was für Fälle?«
»Er war wie Sie. Die, die ungestraft davonkamen, ließen ihm keine Ruhe. Er hatte massenweise Akten unten auf dem Boot, ganze Kisten voll davon.«
Ich war vor langer Zeit mal auf dem Boot gewesen. Im Bug gab es eine Kabine, die McCaleb zu einem kleinen Büro umfunktioniert hatte. Ich konnte mich an die Schachteln mit Akten auf der oberen Koje erinnern.
»Er hat lange versucht, es vor mir geheim zu halten, aber es war ganz offensichtlich, und wir hörten auf, uns was vorzumachen. In den letzten Monaten fuhr er oft aufs Festland. Wenn er keine Charter hatte. Wir stritten deswegen, aber er sagte mir nur, das wäre etwas, was er nicht einfach auf sich beruhen lassen könnte.«
»War es ein einziger Fall oder mehr als einer?«
»Das weiß ich nicht. Er hat mir nie erzählt, woran genau
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