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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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das wusste.
    In der Wohnung warf ich die Zeitungen auf den Boden und legte McCalebs Straßenatlas auf den Esstisch. Ich zog den Notizblock aus der Tasche und legte ihn dazu. Dann ging ich an die Schiebetür und öffnete sie, um ein wenig zu lüften. Mein Vormieter hatte den Raucherbalkon nicht benutzt, und in der Wohnung schien sich dauerhafter Nikotingestank festgesetzt zu haben.
    Nachdem ich das Ladegerät des Handys in die Dose unter dem Esstisch gesteckt hatte, rief ich Buddy Lockridge an, bekam aber nur seine Mailbox dran. Ich unterbrach die Verbindung, bevor ich aufgefordert wurde, eine Nachricht zu hinterlassen. Als Nächstes rief ich Graciela McCaleb an und fragte sie, ob das FBI schon bei ihr aufgetaucht sei.
    »Sie sind gerade gegangen«, sagte sie. »Sie haben hier alles Mögliche durchsucht und sind gerade runter zum Boot. Sie hatten Recht, sie werden das Boot mitnehmen. Ich weiß nicht, wann ich es zurückbekomme.«
    »Haben Sie Buddy heute schon gesehen?«
    »Buddy? Nein, sollte er denn vorbeikommen?«
    »Nein, ich dachte nur.«
    »Hält Sie das FBI immer noch fest?«
    »Nein, sie haben mich vor ein paar Stunden laufen lassen. Ich bin in meiner Wohnung in Las Vegas. Ich werde weiter an dem Fall arbeiten, Graciela.«
    »Warum? Offensichtlich … die FBI-Agenten sagten, es wäre inzwischen ein vorrangiges Ermittlungsverfahren. Sie glauben, dass dieser Exagent seine Medikamente ausgetauscht hat. Backus.«
    Sie wollte wissen, was ich tun könnte, wozu die hehren Kräfte des Federal Bureau of Investigation nicht in der Lage wären. Die Antwort darauf war natürlich: nichts. Aber ich wusste, was Terry zu Graciela über mich gesagt hatte. Dass er wollte, dass ich mich der Sache annähme, falls ihm etwas zustoßen sollte. Das machte es mir unmöglich, der Sache einfach den Rücken zu kehren.
    »Weil es das ist, was Terry wollte«, sagte ich. »Aber keine Sorge, wenn ich auf etwas stoße, was das FBI nicht weiß, sage ich ihnen Bescheid. Genau wie heute. Ich versuche nicht, sie auszustechen. Ich arbeite einfach an dem Fall, Graciela.«
    »Okay.«
    »Aber Sie wissen doch, dass Sie ihnen das nicht sagen müssen, wenn sie fragen. Sie sind wahrscheinlich nicht begeistert darüber.«
    »Ich weiß.«
    »Danke, Graciela. Ich melde mich, wenn es etwas Neues gibt.«
    »Danke, Harry. Viel Glück.«
    »Das werde ich wahrscheinlich brauchen.«
    Nachdem ich die Verbindung unterbrochen hatte, versuchte ich es noch einmal bei Buddy Lockridge, bekam aber wieder nur seine Mailbox dran. Ich nahm an, er war in einem Flugzeug und hatte das Handy ausgemacht. Jedenfalls hoffte ich das. Ich hoffte, er hätte es geschafft, auf das Boot zu kommen und es wieder zu verlassen, bevor die FBI-Agenten auftauchten. Ich legte das Handy beiseite und ging zum Kühlschrank. Ich machte mir schnell ein Weißbrotsandwich mit Schmelzkäse. Beides hatte ich im Kühlschrank, falls meine Tochter ein getoastetes Käsesandwich wollte, wenn sie zu Besuch war. Es war eines ihrer Grundnahrungsmittel. Ich sparte mir das Toasten und stellte mich einfach an die Küchentheke und aß das geschmacklose Sandwich, um das Loch in meinem Bauch zu füllen. Dann setzte ich mich an den Tisch und schlug eine neue Seite in meinem Block auf. Ich machte ein paar Entspannungsübungen, die ich vor Jahren in einem Hypnoseseminar gelernt hatte. Ich sah eine leere Tafel vor meinem inneren Auge. Relativ bald nahm ich die Kreide und begann in weißer Schrift auf die schwarze Oberfläche der Tafel zu schreiben. So gut ich konnte, rekonstruierte ich Terry McCalebs Notizen in der Vermisstenakte – die Notizen, die mir das FBI weggenommen hatte. Als ich alles, woran ich mich erinnern konnte, auf der Tafel hatte, begann ich, alles auf meinen Block zu schreiben. Ich glaubte, das meiste zu haben, bis auf die Telefonnummern, aber die waren mir nicht so wichtig, weil ich nur die Auskunft anzurufen brauchte, um sie mir zu besorgen.
    Durch die offene Balkontür hörte ich das hohe Heulen von Düsentriebwerken. Eine weitere Maschine rollte gerade auf ihren Platz. Ich hörte die Triebwerke auslaufen, und es wurde wieder friedlich.
    Ich öffnete McCalebs Straßenatlas. Ich sah auf jeder Seite nach und fand keine weiteren handschriftlichen Eintragungen außer denen auf der Seite, auf der das südliche Nevada und die angrenzenden Teile Kaliforniens und Arizonas zu sehen waren. Wieder sah ich mir an, was McCaleb gemacht hatte. Er hatte das Mojave-Naturschutzgebiet eingekreist, in dem die

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