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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gerade wenig.«
    »Okay. Dann hören wir beim nächsten Mal voneinander.«
    Damit meinte sie die nächste Besprechung in der Außenstelle. Doran verabschiedete sich und unterbrach die Verbindung. Danach blieb die Bordfunkverbindung still. Wenig später überquerte der Hubschrauber die Trennlinie zwischen der rauen, unerschlossenen Landschaft und den Außenbezirken von Las Vegas. Als Rachel nach unten schaute, wurde ihr klar, dass hier nur eine Form von Wüste gegen eine andere ausgetauscht wurde. Auch dort unten, unter all den Ziegel- und Kiesdächern, warteten Räuber darauf, nachts hervorzukommen. Um ihre Opfer zu finden.

21
    D
    as Executive Extended Stay Motel lag in einer Seitenstraße am Südende des Strip. Es hatte keine grellen Neonreklamen. Es hatte kein Casino und kein Unterhaltungsprogramm. Es wohnten dort auch keine Führungskräfte. Vielmehr war es von Angehörigen der Randgruppen von Las Vegas bevölkert. Die Spielsüchtigen, die Parodisten, die im Sexbusiness Beschäftigten, die Sorte Leute also, die nicht von hier wegkommen, aber auch keine Wurzeln schlagen können.
    Leute wie ich. Wenn man im Double X, wie die Langzeitmieter das Motel nennen, einen Mitbewohner trifft, wird man nicht selten gefragt, wie lang man schon da ist und wie lang man noch bleibt, fast so, als säße man eine Gefängnisstrafe ab. Ich glaube, viele der Bewohner des Motels hatten ein Gefängnis auch tatsächlich schon von innen gesehen, und ich hatte mich aus zwei Gründen dafür entschieden. Einer war, dass ich in Los Angeles immer noch eine Hypothek abzuzahlen hatte und es mir nicht leisten konnte, in einem Hotel wie dem Bellagio oder dem Mandalay Bay oder selbst dem Riviera abzusteigen. Und der zweite war, dass ich mich in Las Vegas nicht zu wohl fühlen wollte. Ich wollte vermeiden, dass ich mich hier heimisch zu fühlen begann. Denn ich wollte möglichst nur den Schlüssel abgeben müssen und mich ins Auto setzen, wenn es Zeit für mich würde, von hier zu verschwinden.
    Ich kam um drei in Las Vegas an und wusste, dass meine Tochter aus dem Hort zurück war und ich zum Haus meiner Exfrau fahren und sie besuchen konnte. Das hätte ich gern getan, aber ich wollte auch warten. Buddy Lockridge würde in Kürze eintreffen, und ich musste noch Verschiedenes erledigen. Das FBI hatte mich mit meinem Notizblock in meiner Jackentasche und mit Terry McCalebs Straßenatlas in meinem Auto aus dem Wohnmobil gelassen. Ich wollte von beidem optimalen Gebrauch machen, bevor Agent Dei vielleicht auf ihren Fehler aufmerksam wurde und wieder bei mir anrückte. Ich wollte sehen, ob ich bei den Ermittlungen den nächsten Schritt vor ihr machen könnte.
    Ich fuhr auf das Gelände des Double X und parkte auf meinem Stammplatz an dem Zaun, der das Motel von den Privatjet-Stellplätzen auf dem McCarran-Rollfeld trennte. Ich stellte fest, dass eine Gulfstream 9, die schon bei meiner Abreise aus Las Vegas drei Tage zuvor dort gestanden hatte, immer noch dastand. Außerdem war daneben ein schwarzer Jet geparkt, der kleiner, aber schnittiger aussah. Ich wusste nicht, was für ein Jet das war, außer dass er nach Geld aussah. Ich stieg aus und ging zu meiner Zweizimmerwohnung im ersten Stock hoch. Sie war sauber und zweckmäßig, und ich versuchte, so wenig Zeit wie möglich dort zu verbringen. Das Beste daran war der kleine Balkon, der vom Wohnzimmer abging. In den an der Rezeption ausliegenden Prospekten wurde er als Raucherbalkon bezeichnet. Um einen Stuhl darauf zu stellen, war er zu klein. Aber ich konnte dort draußen stehen und mich auf das extra hohe Geländer lehnen und die Milliardärsjets landen sehen. Und ich ertappte mich dabei, dass ich das oft tat. Ich stand auf dem Balkon und wünschte mir sogar, ich würde noch rauchen. Oft stand einer der Bewohner der Wohnungen links oder rechts von meiner auf seinem Balkon und rauchte, wenn ich dort draußen war. Auf der einen Seite wohnte ein Kartenzähler oder »Vorzugsspieler«, wie er sich selbst bezeichnete –, auf der anderen eine Frau mit undefinierbarer Einkommensquelle. Meine Gespräche mit ihnen waren oberflächlich. In diesem Motel wollte niemand zu viele Fragen stellen oder beantworten.
    Auf dem abgetretenen Gummifußabstreifer vor meiner Tür lagen die letzten zwei Ausgaben der Sun. Ich hatte die Zeitung nicht abbestellt, weil ich wusste, dass die Frau von nebenan sie gern stibitzte, um sie zu lesen und dann wieder zu falten und in den Plastikumschlag zu stecken. Sie wusste nicht, dass ich

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