Die Rückkehr des Poeten
dem Zeitpunkt gefunden, als Backus angeschossen wurde und durch ein Fenster eines freitragenden Hauses im Canyon fiel und in dem Dunkel und Gestrüpp des Steilabhangs darunter verschwand. An dem Toten wurden ein FBI-Ausweis und eine Dienstmarke gefunden. Auch die stark in Mitleidenschaft gezogene Kleidung war von Backus – ein in Italien angefertigter Maßanzug, den sich Backus hatte machen lassen, als er in Zusammenhang mit einer Serienmörderfahndung als Berater nach Mailand geschickt wurde.
Allerdings war die technische Identifizierung der Leiche nicht eindeutig. Die Überreste waren so stark verwest, dass eine Fingerabdruckanalyse nicht möglich war. Außerdem fehlten mehrere Körperteile, was man ursprünglich darauf zurückführte, dass sie von Ratten und anderen Tieren, die in den Kanälen nach Nahrung suchten, verschleppt worden waren. Unter anderem fehlten der ganze Unterkiefer und die obere Brücke, weshalb ein Vergleich mit den zahnärztlichen Unterlagen von Robert Backus nicht möglich war.
Auch die Todesursache konnte nicht festgestellt werden, auch wenn im oberen Zwerchfell ein Schusswundenkanal festgestellt wurde – also in dem Bereich, in dem Agent Wallings Kugel laut ihren eigenen Aussagen getroffen hatte. Außerdem war, möglicherweise durch die Wucht des Treffers, eine Rippe gebrochen. Allerdings wurden keine Geschossfragmente gefunden, was auf einen glatten Durchschuss hindeutete und einen Vergleich mit einer Kugel aus Wallings Waffe unmöglich machte.
Ein DNS-Vergleich wurde nie vorgenommen. Nach dem Schuss auf Backus – als man davon ausging, Backus könnte noch am Leben und auf der Flucht sein – durchsuchten Agenten zwar seine Privatwohnung und sein Büro. Allerdings hatten sie dabei nach Beweisen für die von ihm begangenen Straftaten und nach Hinweisen auf seine Motive gesucht. Sie hatten dabei nicht die Möglichkeit berücksichtigt, dass sie eines Tages seine verwesten Überreste identifizieren müssten. Infolge einer Panne, die das Ermittlungsverfahren überschattete und dem FBI später den Vorwurf der Dienstvernachlässigung und der Verschleierung eintrug, wurden keinerlei potenzielle DNS-Rezeptoren geborgen – Haar- und Hautpartikel aus dem Duschabfluss, Speichel von der Zahnbürste, Fingernagelschnipsel aus den Abfalleimern, Schuppen und Haare von der Rückenlehne des Schreibtischsessels. Und als die Leiche drei Monate später in dem Flutkanal gefunden wurde, war es zu spät. Die Rezeptoren waren inzwischen unbrauchbar oder nicht mehr vorhanden. Das Gebäude, in dem Backus eine Eigentumswohnung gehabt hatte, brannte, drei Wochen nachdem das FBI dort seine Ermittlungen abgeschlossen hatte, unerklärlicherweise bis auf die Grundfesten nieder. Und Backus’ Büro war von einem Agenten namens Randal Alpert, der bei Behavioral Sciences Backus’ Nachfolge angetreten hatte, übernommen und renoviert und neu eingerichtet worden.
Die Suche nach einer Blutprobe von Backus erwies sich als erfolglos und als neuerliche Blamage für das FBI. Als Agent Walling Backus in dem Haus in Los Angeles angeschossen hatte, war eine kleine Menge Blut auf den Fußboden gespritzt. Es wurde zwar eine Probe genommen, die dann aber im zuständigen Labor in Los Angeles bei der Entsorgung medizinischer Abfälle versehentlich vernichtet wurde.
Die Suche nach Blut, das Backus bei einer ärztlichen Untersuchung oder einer Blutspende gegeben haben könnte, blieb ohne Erfolg. Infolge behördlichen Versagens und seiner eigenen raffinierten Planung, gepaart mit einer Portion Glück, war es Backus gelungen, unterzutauchen, ohne irgendetwas von sich zu hinterlassen.
Offiziell wurde die Suche nach Backus mit der Entdeckung des Toten im Flutkanal beendet. Obwohl es auf wissenschaftlicher Basis nie zu einer Bestätigung der Identität des Toten kam, genügten der FBI-Führung Ausweis, Dienstmarke und italienischer Anzug, um den Fall, der in den Medien für großes Aufsehen gesorgt und das ohnehin schon angeschlagene Image des FBI noch weiter beschädigt hatte, kurzerhand für abgeschlossen zu erklären.
In der Zwischenzeit wurden jedoch insgeheim weiter Ermittlungen über die psychologischen Hintergründe des Killeragenten angestellt. Das waren die Berichte, die ich jetzt las. Geführt von Behavioral Sciences – eben der Abteilung, in der Backus gearbeitet hatte – schien sich das Verfahren mehr mit der Frage zu befassen, warum er tat, was er tat, als mit der Frage, wie er es vor der Nase anerkannter Experten in
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