Die Rückkehr des Tanzlehrers
Sorgen mache.«
»Ich komme morgen nach Boras. Das verspreche ich dir.«
»Kannst du mir nicht sagen, warum du so gereizt bist?«
»Ich habe doch schon gesagt, daß ich müde bin.«
»Fahr bloß nicht zu schnell.«
»Das tue ich nie.«
»Das tust du immer!«
Das Gespräch wurde unterbrochen. Stefan seufzte, rief aber nicht wieder an, sondern schaltete das Telefon aus: Die Uhr in seinem Wagen zeigte fünf Minuten vor halb acht. Vor Mitternacht würde er es nicht wagen, bei Wetterstedt einzubrechen. Ich sollte nach Hause fahren, dachte er. Was passiert, wenn sie mich erwischen? Ich werde entlassen und mache mich unmöglich. Kein Staatsanwalt wird für einen Polizisten Verständnis aufbringen, der Einbrüche begeht. Ich bringe nicht nur mich selbst in Schwierigkeiten, ich bringe auch jeden einzelnen Kollegen in Verlegenheit. Giuseppe wird glauben, daß er einen Wahnsinnigen zu Besuch hatte. Und Olausson in Boras wird in seinem ganzen Leben nicht mehr lachen.
Er fragte sich, ob er möglicherweise ertappt werden wollte.
Ob es eine selbstzerstörerische Reaktion war. Er hatte Krebs und somit nichts zu verlieren.
War es das? Er wußte es nicht. Er zog die Jacke dichter um sich und schloß die Augen.
Als er erwachte, war es halb neun. Er hatte nicht wieder von den Hunden geträumt. Noch einmal versuchte er, sich davon zu überzeugen, daß er Kalmar so schnell wie möglich verlassen sollte. Doch vergebens.
In den Fenstern in der Lagmansgata erloschen die letzten Lichter. Stefan stand im Schatten unter einem Baum und schaute zur Hausfassade hinauf. Es war windig geworden, und es hatte angefangen zu regnen. Er ging hastig über die Straße und faßte den Haustürgriff an. Zu seiner Verwunderung war die Haustür noch unverschlossen. Er glitt in das dunkle Treppenhaus und horchte. Die Werkzeuge hatte er in der Tasche. Er machte die Taschenlampe an und ging hinauf in die oberste Etage. Er leuchtete die Tür von Wetterstedts Wohnung an. Er hatte sich richtig erinnert. Als er am Vormittag dort gewesen war und gewartet hatte, daß ihm geöffnet wurde, hatte er sich die Schlösser angesehen. Es waren zwei, aber keins von beiden war ein Sicherheitsschloß. Das erstaunte ihn. Sollte ein Mann wie Wetterstedt nicht größtmögliche Sicherheit anstreben? Im schlimmsten Fall gab es eine Alarmanlage, aber das Risiko mußte er eingehen.
Er öffnete den Briefschlitz und lauschte. Er konnte nicht mit völliger Sicherheit davon ausgehen, daß sich niemand in der Wohnung befand. Aber alles war still. Er holte das Brecheisen hervor. Die Taschenlampe war so klein, daß er sie zwischen den Zähnen halten konnte. Er wußte, daß er das Brecheisen nur einmal ansetzen konnte. Bekam er die Tür damit nicht auf, mußte er verschwinden. Schon in seiner Anfangszeit als Polizist hatte er sich das Elementarwissen angeeignet, das Einbrecher verwendeten. Einmal brechen, wenn möglich nicht öfter. Ein einziges unerwartetes Geräusch erregte meistens keine Aufmerksamkeit. Doch wenn man mehr als einmal brechen mußte, bestand die Gefahr, daß jemand etwas hörte und Verdacht schöpfte. Er ging in die Hocke, legte das Brecheisen auf den Fußboden und schob den Schraubenzieher so weit wie möglich hinein. Als er auf Widerstand stieß, begann er zu stemmen. Die Tür gab nach. Er preßte den Schraubenzieher tiefer hinein und zog ihn dann so hoch er konnte, bis er unterhalb des unteren Schlosses festgekeilt war. Er beugte sich nach dem Brecheisen, drückte es zwischen den beiden Schlössern hinter die Tür und preßte das Bein gegen den Schraubenzieher, um den Spalt weiter zu verbreitern. Vor Anstrengung war ihm bereits der Schweiß ausgebrochen. Er war noch nicht zufrieden. Wenn er jetzt stemmte, war die Gefahr groß, daß nur der Türrahmen splitterte und die Schlösser nicht aufgingen. Er drückte stärker gegen den Schraubenzieher, und es gelang ihm, das Brecheisen ein bißchen tiefer zwischen Tür und Rahmen zu schieben. Dann holte er Luft, bevor er noch einmal das Brecheisen befühlte. Weiter konnte er es nicht hineinschieben.
Er wischte sich die Stirn ab. Dann stemmte er mit aller Kraft und drückte gleichzeitig ein Bein gegen den Schraubenzieher. Die Tür ging auf. Außer einem Knacken und dem Fallen des Schraubenziehers, der auf seinem Fuß gelandet war, hatte er kein Geräusch gemacht. Er knipste die Taschenlampe aus und horchte ins Dunkel, bereit, fortzulaufen. Nichts passierte. Er öffnete vorsichtig die Tür und zog sie hinter sich zu. In
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