Die Rückkehr des Tanzlehrers
Straßensperren errichtet hatte, zog er es vor, nicht auf direktem Weg nach Sveg zu fahren.
Statt dessen fuhr er in nördlicher Richtung nach Valadalen. In Mittadalen bog er nach Hede ab und erreichte Sveg, als es bereits dunkel geworden war. Er parkte am Ortseingang, wo es Geschäfte und Tankstellen und auch eine Übersichtskarte von Sveg gab. Er suchte Elsa Berggrens Adresse auf der anderen Seite des Flusses. Sie wohnte in einem weißen Haus, das von einem großen Garten umgeben war. In einem Fenster im Untergeschoß war Licht. Er sah sich um, und als er genügend gesehen hatte, kehrte er zum Wagen zurück.
Er hatte immer noch viele Stunden Wartezeit vor sich. In einem Laden suchte er eine gestrickte Mütze und stellte sich dann in die Schlange, die am längsten war und an deren Ende die Kassiererin gestreßt wirkte. Er bezahlte mit passendem Geld, und als er den Laden verließ, war er sich sicher, daß sie sich nicht daran erinnern würde, wie er ausgesehen hatte oder wie er angezogen war. Im Wagen dröselte er die Maschen der Mütze mit Hilfe eines Messers auf, das er aus Frostengrens Haus mitgenommen hatte.
Um acht Uhr ließ der Verkehr spürbar nach. Er fuhr über die Brücke und bog auf einen Parkplatz ein, auf dem sein Wagen von der Straße nicht zu sehen war. Dann wartete er weiter. Um sich die Zeit zu vertreiben, bezog er im Kopf das Sofa neu, das Don Batista seiner Tochter zur Hochzeit schenken wollte.
Gegen Mitternacht machte er sich auf den Weg.
Aus dem Kofferraum nahm er eine kleine Axt, die er ebenfalls aus dem Haus mitgenommen hatte.
Er wartete, bis ein Lastwagen vorübergefahren war.
Dann lief er über die Straße und verschwand auf dem Pfad, der am Fluß entlangführte.
Um zwei Uhr in der Nacht verließ Stefan voller Wut Elenas Wohnung. Aber sein Zorn war bereits verflogen, bevor er auf die Straße hinaustrat. Dennoch konnte er sich nicht dazu überwinden zurückzugehen. Er setzte sich in den Wagen und fuhr in die Stadt, doch die Alleegata vermied er. Er wollte noch nicht nach Hause. Er fuhr zur Gustav-Adolf-Kirche hinaus und stellte den Motor ab. Um ihn her war es menschenleer und dunkel.
Was war eigentlich passiert? Elena hatte ihn voller Freude empfangen. Sie hatten in der Küche gesessen und zusammen eine Flasche Wein getrunken. Er hatte ihr von seiner Reise erzählt, von den plötzlichen Schmerzen, die ihn in Sveg befallen hatten. Von Herbert Molin, Abraham Andersson und Emil Wetterstedt hatte er nicht mehr als nötig gesprochen. Elena wollte wissen, wie es ihm ging. Sie war voller Fürsorge, und ihre Augen verrieten, wie beunruhigt sie war. Sie saßen lange auf, aber als er fragte, ob sie müde sei, hatte sie den Kopf geschüttelt. Nein, sie wollte ihm weiter zuhören.
»Ein Mensch muß nicht immer schlafen«, sagte sie. »Nicht, wenn etwas anderes wichtiger ist.«
Nach einer Weile waren sie dennoch aufgestanden, um schlafen zu gehen. Da hatte sie ganz nebenbei, als sie die Gläser abwusch, gefragt, ob er sie nicht trotz allem etwas öfter hätte anrufen können. Wußte er nicht, welche Sorgen sie sich machte?
»Du weißt doch, daß ich keine Telefone mag. Das haben wir doch schon hundertmal besprochen.«
»Aber nichts hindert dich daran, anzurufen, kurz hallo zu sagen und wieder aufzulegen.«
»Jetzt machst du mich wirklich wütend. Du bedrängst mich.«
»Ich frage nur, warum du so selten angerufen hast.«
Da hatte er seine Jacke vom Haken gerissen und war gegangen, und schon auf der Treppe bereute er es.
Er dachte, daß er eigentlich nicht Auto fahren sollte. Wenn er in eine Verkehrskontrolle geriete und blasen müßte, wäre er dran. Ich fliehe, dachte er. Die ganze Zeit bin ich auf der Flucht vor dem neunzehnten November. Ich irre in den Wäldern Härjedalens umher. Ich breche in eine Wohnung in Kalmar ein. Ich fahre betrunken Auto. Die Krankheit treibt mich vor sich her, oder die Angst, genauer gesagt. Sie ist so stark, daß ich nicht einmal in der Lage bin, mit dem Menschen zusammenzusein, der mir im Leben am nächsten steht. Einer Frau, die wirklich absolut ehrlich ist und zeigt, daß sie mich liebt.
Er nahm das Telefon und wählte ihre Nummer.
»Was war denn los?« fragte sie.
»Ich weiß es nicht, aber ich möchte mich entschuldigen. Ich habe es nicht böse gemeint.«
»Das weiß ich. Kommst du zurück?«
»Nein, ich schlafe bei mir.«
Er wußte nicht, warum er so antwortete. Sie sagte nichts mehr.
»Ich melde mich morgen«, fuhr er fort und versuchte,
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