Die Rückkehr des Tanzlehrers
über die er als Kind in Edward S. Ellis' Büchern gelesen hatte. Dann und wann hatten sie miteinander gesprochen. Gelegentlich hatten sie auch gelacht.
Nach dem Spaziergang waren sie ins Haus gegangen, und als Aaron sich auf der Rückseite herangeschlichen hatte, konnte er Musik durch die Wand hören. Beim erstenmal hatte er seinen Ohren nicht getraut, als da jemand Spanisch sang. Argentinisches Spanisch mit diesem charakteristischen Tonfall, der in keinem anderen spanischsprechenden Land üblich war. Nach der Musik, die häufig zwischen einer halben und einer Stunde gedauert hatte, war es still gewesen. Er hatte sich gefragt, ob sie sich liebten, aber er hatte es nie genau herausbekommen. Falls es so gewesen war, war es immer in Stille geschehen. Kein Stöhnen, keine Bettgeräusche waren je durch die Wände gedrungen. Molin hatte sie anschließend zu der Stelle begleitet, an der ihr Wagen stand. Sie hatten sich die Hand geschüttelt, nie einander umarmt. Dann war sie auf die Hauptstraße eingebogen und in Richtung Osten verschwunden.
Er hatte sich Gedanken über diese Frau gemacht. Jetzt vermutete er, daß sie Elsa Berggren hieß. Dieser Name hatte zusammen mit Herbert Molins und Abraham Anderssons auf der Rückseite der Rechnung gestanden, die der Polizeibeamte zusammengeknüllt in den Aschenbecher gelegt hatte. Was es bedeutete, verstand er immer noch nicht. War Elsa Berggren auch eine alte Nazi, die sich hier in die Wälder Härjedalens zurückgezogen hatte?
Er blickte über die Berge und versuchte eine Möglichkeit zu formulieren. Ein Dreieck, in dem Herbert Molin, Elsa Berg-gren und Abraham Andersson die drei Spitzen ausmachten. Ob Elsa Berggren auch Abraham Andersson gekannt hatte, wußte er nicht. Er hatte nie beobachtet, daß sie sich getroffen hatten. Andersson und Elsa Berggren waren Nebenfiguren in dem Drama gewesen, das zum Abschluß zu bringen er in die Wälder heraufgekommen war. Mehr nicht.
Er ging noch einmal um das Haus. In der Ferne meinte er ein Flugzeug zu hören. Dann war es wieder still. Nur der Wind war zu hören, der an den Berghängen entlangstrich.
Es gibt keine andere Erklärung, dachte er. Zwischen diesen dreien muß es eine Gemeinsamkeit gegeben haben. Ein Geheimnis. Genau wie es der Polizist auf seine Rechnung geschrieben hat. Weil Herbert Molin tot ist, muß auch Abraham Andersson sterben. Und jetzt ist nur noch die Frau da, Elsa Berggren. Sie ist diejenige, die den unsichtbaren Schlüssel um den Hals trägt.
Er kehrte wieder ins Haus zurück. Aus der Gefriertruhe hatte er ein weiteres Paket Hamburger herausgeholt, das jetzt auf der Spüle auftaute. Er mußte Kontakt mit Elsa Berggren aufnehmen, um zu erfahren, was geschehen war.
Im Verlauf des Abends entwickelte er einen Plan. Er hatte die Gardinen vorgezogen und die Tischlampe auf den Fußboden gestellt, damit kein Licht ins Dunkel nach draußen drang, das ihn umgab. Er blieb bis Mitternacht am Tisch sitzen. Da wußte er, was er tun würde. Er sah ein, daß er ein Risiko einging, aber er hatte keine Wahl. Bevor er zu Bett ging, rief er eine Telefonnummer in Buenos Aires an. Der Mann, der sich meldete, hatte es eilig. Im Hintergrund war das Geräusch von vielen Menschen zu hören.
»La Cabana«, rief der Mann. »Hallo?«
Aaron legte auf. Das Restaurant existierte noch. Bald würde er durch die Tür hereinkommen und sich an seinen Stammplatz setzen. Rechts, direkt neben dem Fenster, das auf die Seitenstraße der Avenida Corrientes hinausging.
Neben dem Telefon lag ein Telefonbuch, in dem er Elsa Berggrens Nummer und Adresse fand. Auf dem Stadtplan im Telefonbuch sah er, daß es eine Straße südlich des Flusses war, und er stieß einen Seufzer der Erleichterung darüber aus, nicht die Wälder nach ihr absuchen zu müssen. Aber das Risiko, daß ihn jemand sehen würde, war natürlich größer. Er schrieb die Adresse auf ein Stück Papier und legte das Telefonbuch zurück.
In dieser Nacht schlief er unruhig. Als er aufwachte, fühlte er sich völlig kraftlos. Er blieb den ganzen Tag im Bett liegen und stand nur ein paarmal auf, um etwas zu essen.
Er blieb noch drei Tage in Frostengrens Haus, bevor er merkte, daß seine Kräfte allmählich zurückkehrten. Am Morgen des vierten Tages räumte er das Haus auf, blieb aber bis zum späten Nachmittag, bevor er abschloß und den Schlüssel zurück unter den Treppenstein legte. Als er zum Wagen kam, schlug er die Karte auf. Auch wenn es unwahrscheinlich war, daß die Polizei
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