Die Rückkehr des Tanzlehrers
in Sveg Wein und Cognac gekauft, als habe er geahnt, daß ein Zusammenbruch bevorstand. Jetzt sah er ein, daß er nicht länger ohne Alkohol auskam. Die einzige Hemmschwelle, die er sich noch hatte auferlegen können, war, keine der Flaschen zu öffnen, bevor er angekommen war.
Es war drei Uhr geworden, als er das schwierige letzte Wegstück zu Frostengrens Haus hinauffuhr. Er war von kompakter Dunkelheit umgeben, als er sich zur Tür tastete. Gleich nach dem Eintreten öffnete er eine der Weinflaschen und leerte sie zur Hälfte in zwei langen Zügen.
Langsam war seine Ruhe zurückgekehrt. Er hatte sich an den Tisch vor dem Fenster gesetzt und weitergetrunken. Vollkommen unbeweglich, ohne einen Gedanken im Kopf. Dann hatte er das Telefon herangezogen und Marias Nummer gewählt. Es rauschte und schnarrte in der Leitung, aber ihre Stimme war trotzdem ganz nah. Es war, als fühlte er ihren Atem durch den Hörer.
»Wo bist du?« fragte sie.
»Ich bin immer noch hier.«
»Was siehst du durchs Fenster?«
»Dunkelheit.«
»Ist es, wie ich glaube?«
»Was glaubst du denn?«
»Daß du nicht zurückkommen wirst.«
Die Frage machte ihn unruhig. Er trank noch mehr Wein, bevor er antwortete. »Warum sollte ich nicht zurückkommen?«
»Ich weiß es nicht. Du allein weißt, was du tust und warum du nicht hier bist. Aber du lügst mich an, Aaron, du sagst nicht die Wahrheit.«
»Warum sollte ich lügen?«
»Du hast diese Reise nicht unternommen, um dir Möbel anzusehen. Es geht um etwas anderes. Um was, weiß ich nicht. Vielleicht hast du eine Frau getroffen. Du allein weißt es. Und Gott.«
Sie hatte also nicht begriffen, was er ihr bei ihrem letzten Gespräch gesagt hatte. Daß er einen Menschen getötet hatte.
»Ich habe keine andere getroffen. Ich komme bald zu dir zurück.«
»Wann?«
»Bald.«
»Ich weiß immer noch nicht, wo du bist.«
»Hoch oben in den Bergen. Es ist kalt.«
»Hast du wieder angefangen zu trinken?«
»Nicht viel. Nur um zu schlafen.«
Das Gespräch wurde unterbrochen. Als Aaron die Nummer erneut wählte, kam er nicht durch. Er versuchte es noch ein paarmal. Ohne Erfolg.
Dann hatte er dagesessen und auf die Morgendämmerung gewartet. Die Entscheidung stand bevor, das war ihm klar. Elsa Berggren hatte sein Gesicht gesehen, als sie ihm die Mütze vom Kopf gerissen hatte. Er war vollkommen überrascht gewesen und in Panik geflohen. Er hätte bleiben sollen, sich die Mütze wieder überziehen, sie zwingen, ihm die Antwort zu geben, von der er wußte, daß sie ihr bekannt war. Statt dessen war er geflohen und über den Polizeibeamten gestolpert.
Obwohl er sich mit Alkohol vollaufen ließ, war er während des langen Wartens auf die Dämmerung noch in der Lage zu denken. Er erlebte immer einen Augenblick großer Klarheit, bevor der Rausch ihn überwältigte. Er hatte gelernt, wieviel er trinken konnte und wie schnell, um möglichst lange die Kontrolle über sein Denken zu behalten. Er mußte jetzt klar denken. Die Entscheidung stand bevor.
Nichts war so geworden, wie er es sich gedacht hatte. Allen Plänen, aller Sorgfalt zum Trotz. Und alles war Abraham An-derssons Fehler. Richtiger gesagt: Der Fehler bestand darin, daß ihn jemand getötet hatte. Es konnte niemand anders gewesen sein als Elsa Berggren. Die Frage war nur, warum. Was waren das für Kräfte, die er freigesetzt hatte, als er Herbert Molin getötet hatte.
Er fuhr fort zu trinken und seinen Rausch zu kontrollieren. Womit er sich am wenigsten abfinden konnte, war, daß eine siebzigjährige Frau den Mord an Abraham Andersson begangen haben sollte. Hatte sie wenigstens einen Mittäter gehabt? Und wenn es so war, wer war derjenige? Wenn die Polizisten annahmen, daß sie den Mord begangen hatte, warum wurde sie dann nicht verhaftet? Er fand keine Antworten und begann noch einmal von vorn. Elsa Berggren hatte gesagt, sie wisse nicht, wer Abraham Andersson ermordet habe. Aber er hatte die ganze Zeit gedacht, daß sie nicht ehrlich war. Als sie vom Mord an Herbert Molin gehört hatte, war sie in die Nacht hinausgegangen, hatte sich in ihr Auto gesetzt, war zu Abraham Anderssons Haus gefahren und hatte ihn getötet. War es Rache? Glaubte sie, daß Andersson Molin getötet hatte? Was für Verbindungen, die er nicht erklären konnte, bestanden zwischen diesen Menschen? Verbindungen, die auch für die Polizei von Bedeutung sein mußten. Er hatte immer noch den zusammengeknüllten Zettel, auf dem die drei Namen standen.
Die Rache war ein
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