Die Rückkehr des Tanzlehrers
Vorplatz.«
»Hast du überhaupt geschlafen?«
»Es gibt zu viel zu tun. Ich habe vier Männer aus Östersund kommen lassen, dazu ein paar von Eriks Leuten, die dienstfrei hatten. Wir müssen eine Menge Nachbarn befragen. Jemand muß ganz einfach etwas gesehen haben. Einen dunkelhäutigen Typen, der gebrochen Englisch spricht. Man kann nicht leben, ohne mit Menschen zu reden. Man tankt, man ißt, man kauft ein. Irgend jemand muß ihn gesehen haben. Irgendwann einmal wird er etwas gesagt haben.«
Stefan versprach zu kommen. Er stand auf und betastete seinen schmerzenden Nacken. Bevor er ins Bett gegangen war, hatte er geduscht. Während er sich anzog, dachte er an die Begegnung mit Veronica Molin vor ein paar Stunden. Sie hatten zusammen gefrühstückt. Stefan hatte erzählt, was im Laufe der Nacht passiert war. Sie hatte aufmerksam zugehört, ohne Fragen zu stellen. Dann war ihm plötzlich übel geworden, und er hatte sich entschuldigt. Sie hatten verabredet, sich später am Tag zu treffen, wenn es ihm besserginge. Er hatte sich hingelegt und war sofort eingeschlafen.
Als er von Giuseppes Anruf geweckt wurde, war seine Übelkeit vergangen. Er stellte sich vor den Spiegel im Badezimmer und betrachtete sein Gesicht. Ein Gefühl von Unwirklichkeit befiel ihn mit Macht. Es gelang ihm nicht, sich dagegen zu wehren. Er begann zu weinen, schleuderte ein Handtuch gegen den Spiegel und verließ das Badezimmer. Ich sterbe, dachte
er verzweifelt. Ich habe Krebs. Er ist unheilbar. Ich sterbe, noch bevor ich vierzig werde.
In seiner Jacke, die er auf den Fußboden geworfen hatte, klingelte das Handy. Es war Elena. Er hörte ein Stimmengewirr im Hintergrund.
»Wo bist du?« fragte sie.
»In meinem Zimmer. Und du?«
»In der Schule. Ich hatte das Gefühl, ich müßte dich anrufen.«
»Hier ist alles in Ordnung. Du fehlst mir.«
»Du weißt ja, wo ich bin. Wann kommst du nach Hause?«
»Am neunzehnten soll ich im Krankenhaus sein. Ich komme auf jeden Fall irgendwann vorher.«
»Ich habe heute nacht geträumt, daß wir nach England gefahren sind. Können wir das nicht machen? Ich wollte schon immer mal nach London.«
»Müssen wir das jetzt entscheiden?«
»Ich erzähle dir nur einen Traum. Ich finde, wir brauchen etwas, worauf wir uns freuen können.«
»Natürlich können wir nach London fahren. Wenn ich lange genug lebe.«
»Was meinst du damit?«
»Nichts, ich bin nur müde. Ich muß jetzt zu einer Sitzung.«
»Ich dachte, du bist krankgeschrieben.«
»Sie haben mich gebeten, dabeizusein.«
»Gestern hat etwas über diese Morde in der Boras Tidning gestanden. Es war ein Bild von Herbert Melin dabei.«
»Molin. Herbert Molin.«
»Ich muß jetzt Schluß machen. Ruf mich heute abend an.«
Stefan versprach, sich zu melden. Er legte das Handy auf den Tisch. Was würde ich ohne Elena sein, dachte er. Nichts.
Als sie sich versammelten, überraschte Rundström Stefan damit, daß er ihm freundlich die Hand gab. Erik Johansson zog ein Paar schmutzige Gummistiefel aus. Ein Hundeführer aus Östersund fragte gereizt, ob irgend jemand, der »Anders« hieß, sich gemeldet hätte. Giuseppe klopfte mit einem Bleistift auf
den Tisch und begann. Er gab eine kurze, aber genaue Zusammenfassung der nächtlichen Ereignisse.
»Elsa Berggren hat darum gebeten, daß wir erst heute abend eingehender mit ihr sprechen«, endete er, »was nur verständlich ist. Außerdem gibt es eine Menge anderer Dinge, die genauso eilig sind.«
»Wir haben Fußspuren«, sagte Erik Johansson. »Sowohl aus Elsas Haus als auch aus dem Garten. Wer es auch gewesen ist, der sie besucht und Lindman niedergeschlagen hat, er ist unvorsichtig gewesen. Bei Herbert Molin und Abraham Anders-son haben wir ebenfalls Fußspuren gefunden. Das erste, was die Techniker jetzt zu klären haben, wird sein, ob es da Übereinstimmungen gibt. Dort und bei den Reifenabdrücken.«
Giuseppe nickte. »Der Hund hat eine Spur aufgenommen, die zur Brücke führte. Und was ist dann passiert? Irgendwelche Funde?«
Der Hundeführer antwortete. Er war ein Mann in mittleren Jahren, und über seine linke Wange lief eine Narbe. »Nein.«
»Da ist ein Parkplatz«, schob Erik Johansson ein. »Eigentlich ist es nur eine Aufschüttung am Straßenrand, aber da enden die Spuren. Wir können also davon ausgehen, daß sein Wagen dort gestanden hat. Außerdem ist er bei Dunkelheit da schwer zu sehen. Die Straßenlampen stehen gerade an der Stelle ein bißchen ungünstig. Im Sommer kommt es
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