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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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daß der Mörder am See gezeltet hat. Nachdem er Herbert Molin getötet hat, macht er sich davon. Aber er kommt zurück. Er wird sein Zelt wohl kaum wieder am gleichen Ort aufgeschlagen haben. Die Frage ist also, wo er wohnt.«
    Giuseppe sah ihn ungläubig an. »Sollte er im Hotel gewohnt haben?«
    »Es könnte sich auf jeden Fall lohnen, das einmal zu untersuchen.«
    Giuseppe schaute auf die Uhr. »Wann servieren sie da Frühstück?«
    »Zwischen sechs und halb sieben.«
    »Dann sind sie schon dabei. Komm, wir fahren hin.«
    Ein paar Minuten später betraten sie die Rezeption. Das Mädchen hinter der Theke sah sie verwundert an. »Zwei Frühaufsteher, die Frühstück haben möchten?«
    »Das hat Zeit«, sagte Giuseppe. »Wer hat in der letzten Woche im Hotel gewohnt? Notieren Sie sich die Namen Ihrer Gäste auf losen Zetteln oder in einem Gästebuch?«
    Das Mädchen wurde unruhig. »Ist etwas passiert?«
    »Wir machen nur eine Routineuntersuchung«, sagte Stefan, »nichts Schlimmes. Haben hier in den letzten Wochen irgendwelche Ausländer gewohnt?«
    Sie dachte nach. »In der vorigen Woche hatten wir für zwei Nächte vier Finnen hier. Mittwoch und Donnerstag.«
    »Sonst niemand?«
    »Nein.«
    Giuseppe überlegte. »Er kann woanders gewohnt haben«, sagte er. »Es gibt mehrere Übernachtungsmöglichkeiten.«
    Er wandte sich an das Mädchen.
    »Als wir neulich hier gegessen haben, hat ein weiterer Gast im Speisesaal gesessen. Was für eine Sprache, hat er gesprochen?«
    »Englisch, aber er war Argentinier.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Er hat mit Kreditkarte bezahlt und mir seinen Paß gezeigt.«
    Sie erhob sich und verschwand in einem Raum hinter der Rezeption. Dann kehrte sie mit einem Visastreifen in der Hand zurück. Sie lasen den Namen. Fernando Hereira.
    Giuseppe grunzte zufrieden. »Da haben wir ihn«, sagte er. »Wenn er es denn ist.«
    »Ist er noch öfter hiergewesen?« fragte Stefan.
    »Nein.«
    »Wissen Sie, was für einen Wagen er fuhr?«
    »Nein.«
    »Hat er gesagt, woher er kam oder wohin er wollte?«
    »Nein. Er war wortkarg, aber freundlich.«
    »Können Sie sein Aussehen beschreiben?«
    Das Mädchen überlegte. Stefan sah, daß sie sich anstrengte. »Ich habe ein so schlechtes Gedächtnis für Gesichter.«
    »Aber irgend etwas müssen Sie gesehen haben. Ähnelte er einem von uns?«
    »Nein.«
    »Wie alt ist er gewesen?«
    »Vielleicht sechzig.«
    »Das Haar?«
    »Grau.«
    »Die Augen?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    »War er dick oder dünn?«
    »Ich erinnere mich nicht, aber ich glaube nicht, daß er dick war.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Ein blaues Hemd, glaube ich. Vielleicht eine Sportjacke.«
    »Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«
    »Nein.«
    Giuseppe schüttelte den Kopf und setzte sich mit dem Visastreifen in der Hand auf eines der braunen Sofas in der Rezeption. Stefan folgte ihm. Es war jetzt halb sieben am Morgen des zwölften November. In sieben Tagen würde sich Stefan im Krankenhaus in Boras einfinden. Giuseppe gähnte und rieb sich die Augen. Keiner von ihnen sagte etwas.
    Da ging die Tür zum Flur auf, an dem die Hotelzimmer lagen.
    Stefan sah auf und begegnete dem Blick von Veronica Molin.
    Aaron Silberstein sah die Morgendämmerung kommen. Für einen kurzen Augenblick kam es ihm so vor, als sei er wieder in Argentinien. Es war dieses Licht, das er oft erlebt hatte, wenn sich die Sonne über den Horizont erhoben und ihre Strahlen über die Ebenen westlich von Buenos Aires gesandt hatte. Aber nach ein paar Minuten verschwand das Gefühl.
    Jetzt befand er sich in der schwedischen Gebirgsregion nahe der Grenze zu Norwegen. Gleich nach dem mißglückten Besuch bei Elsa Berggren war er zu Frostengrens Haus zurückgekehrt. Der Mann, den er hinter dem Haus entdeckt hatte und den er niederschlagen und mit einem Würgegriff außer Gefecht setzen mußte, war einer der beiden Polizisten, die er an jenem Abend im Speisesaal des Hotels gesehen hatte. Er konnte nicht verstehen, was der Mann dort in der Nacht getan hatte. Wurde Elsa Berggrens Haus doch bewacht? Er hatte sorgfältig Ausschau gehalten, bevor er an die Tür geklopft hatte und eingedrungen war.
    Er zwang sich, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, die ihm eigentlich unerträglich war. Hatte er zu fest zugedrückt? Konnte es sein, daß der Mann tot war?
    Er war in hohem Tempo durch die Nacht gefahren. Nicht weil er fürchtete, verfolgt zu werden, sondern weil er das Verlangen nach Alkohol nicht mehr beherrschen konnte. Er hatte

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