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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Bumerang, der auf dem Weg zurück war und ihn bald am Kopf treffen würde. Es ging um Schuld. Wegen Herbert Molin empfand er nichts. Es war nötig gewesen. Etwas, was er seinem Vater schuldig gewesen war. Aber Abraham Andersson wäre nicht gestorben, wenn er Molin nicht totgepeitscht hätte. Die Frage war, ob er es jetzt als notwendig ansehen mußte, Abraham Anderssons Tod zu rächen.
    Seine Gedanken wanderten in dieser Nacht in seinem Kopf hin und her. Dann und wann ging er hinaus und blickte zum sternklaren Himmel auf. Es war kalt. Er fror. Er wickelte sich in eine Wolldecke, während er wartete. Worauf er wartete, wußte er nicht. Daß etwas vorübergehen würde. Sein Gesicht war jetzt bekannt. Elsa Berggren hatte es gesehen. Die Polizei würde verschiedene Einzelheiten zusammenfügen, und sie würden sich fragen, wo er war. Durch die Kreditkarte würden sie seinen Namen erfahren. Das war der einzige Schwachpunkt in seiner Planung gewesen. Daß er plötzlich ohne Bargeld dagestanden hatte. Die Polizisten würden anfangen, nach ihm zu suchen. Sie würden davon ausgehen, daß er auch Abraham Andersson getötet hatte, und jetzt, wo er vielleicht aus Versehen noch einen Polizisten umgebracht hatte, würden sie alles daransetzen, ihn zu fassen. Immer wieder kehrten seine Gedanken zu der Situation zurück. Hatte er zu fest zugedrückt? Hatte er den Polizisten erwürgt? Als er losgelassen und sich dann von der Stelle entfernt hatte, war er sicher gewesen, daß der Mann nur bewußtlos war. Aber jetzt war er nicht mehr sicher. Er mußte fort. So schnell er konnte, und so weit wie möglich. Aber er wußte, daß er es nicht tun würde. Nicht, bevor er Klarheit darüber hatte, was mit Abraham An-dersson geschehen war. Er konnte nicht nach Buenos Aires zurückkehren, wenn er auf seine Fragen keine Antwort bekommen hatte.
    Die Dämmerung brach an. Er war müde, nickte dann und wann ein, als er dort saß und über die Berge blickte. Aber er konnte nicht bleiben. Er mußte fort von hier, sonst würden sie ihn finden. Er trat hinaus ins Freie und pißte. Langsam wurde es heller. Dieses schwache, graue Dämmerlicht, das er aus Argentinien kannte. Wenn es nur nicht so kalt wäre. Er kehrte wieder ins Haus zurück.
    Er sammelte seine Sachen zusammen. Die Weinflaschen, die Konservendosen, das trockene Brot. Um das Auto kümmerte er sich nicht. Das sollte stehenbleiben. Vielleicht würde es noch am gleichen Tag jemand finden, vielleicht würde er einen Vorsprung bekommen. Kurz nach neun verließ er das Haus und ging geradewegs den Berg hinauf. Schon nach einigen hundert Metern blieb er stehen und warf einen Teil des Gepäcks fort. Dann ging er weiter. Immer bergauf. Er war betrunken. Er stolperte oft und fiel und zerkratzte sich das Gesicht auf dem steinigen Untergrund. Aber er ging weiter, bis er das Haus, das er verlassen hatte, nicht mehr sah.
    Gegen zwölf Uhr konnte er nicht mehr.
    Im Schutz eines großen Felsblocks hämmerte er die Zeltstöcke ein, zog die Schuhe aus, breitete den Schlafsack aus und legte sich mit einer Weinflasche in der Hand ins Zelt. Das Licht, das durch den Zeltstoff hereindrang, ließ ihn an einen Sonnenuntergang denken.
    Er dachte an Maria, während er langsam die Flasche leerte. Dachte, daß er erst jetzt begann einzusehen, wieviel sie ihm wirklich bedeutete.
    Dann zog er den Schlafsack zu und schlief ein. Als er erwachte, wußte er, daß er jetzt einen Entschluß fassen mußte.
    *
    Um neun Uhr sollten sich die Polizeibeamten in Erik Johanssons Büro zu einer Besprechung versammeln. Vorher waren die Techniker schon in Elsa Berggrens Haus gewesen, und ein Spürhund hatte nach Spuren des Mannes gesucht, der Stefan und sie überfallen hatte. Stefan hatte ein paar Stunden im Hotel geschlafen.
    Um kurz nach neun rief Giuseppe an und weckte ihn, um zu sagen, daß er an der Sitzung teilnehmen sollte. »Du bist in diese Mordermittlung verwickelt, ob du es willst oder nicht. Ich habe mit Rundström geredet. Er findet auch, daß du dabeisein solltest. Natürlich nicht offiziell. Aber wir können uns in der gegenwärtigen Lage nicht stur an die Regeln halten.«
    »Irgendwelche Spuren?«
    »Der Hund hat uns direkt zur Brücke geführt. Dort muß der Mann seinen Wagen abgestellt haben. Die Techniker gehen davon aus, daß sie gute Reifenabdrücke bekommen werden. Dann müssen wir sehen, ob sie mit irgendwelchen von den anderen übereinstimmen. Wir haben sowohl welche von Molins als auch von Anderssons

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