Die Rückkehr des Tanzlehrers
gehört.«
»Wir sollten auf jeden Fall vorsichtig vorgehen«, sagte Erik Johansson. »Hanna hat bestimmt viele gute Seiten gehabt. Aber sie stand auch in dem Ruf, neugierig zu sein. Solche Leute wissen manchmal nicht genau, wie sie zwischen Wahrem und Erfundenem unterscheiden sollen.«
»Was meinst du damit?« unterbrach Giuseppe ihn gereizt. »Sollen wir ihre Aussage ernst nehmen oder nicht?«
»Wir sollten vielleicht nicht zu sicher sein, daß es Elsa Berg-gren gewesen ist, die sie vor Abraham Anderssons Haustür gesehen haben will.«
»Wenn es denn überhaupt so gewesen ist«, sagte Giuseppe. »Ich glaube eher, daß sie durch ein Fenster geguckt hat.«
»Dann hätte der Hund gebellt.«
Giuseppe zog ungeduldig eine andere Mappe heran. Er suchte nach etwas, ohne es zu finden. »Irgendwo habe ich doch gelesen, daß Abraham Andersson nach dem Mord an Molin gesagt hat, er würde den Hund manchmal mit ins Haus nehmen. Es kann doch eine solche Gelegenheit gewesen sein. Obwohl ich zugebe, daß viele Wachhunde bellen, wenn sie im Haus sind und auf dem Hof etwas hören.«
»Als ich dort war, hat er als Wachhund nicht gerade den wachsamsten Eindruck gemacht«, sagte Stefan. »Es war auch eher ein Jagdhund.«
Erik Johansson zweifelte immer noch. »Gibt es etwas, was die beiden miteinander verbindet? Daß Elsa und Molin Nazis waren, wissen wir jetzt. Wenn wir dem, was bisher ans Tageslicht gekommen ist, glauben können, war das ihre Gemeinsamkeit. Zwei Idioten, aber ungefährlich. Ist Andersson auch Nazi gewesen?«
»Er war Mitglied in der Zentrumspartei«, erwiderte Giuseppe sarkastisch. »Vorübergehend hat er sogar in Helsingborg im Gemeinderat gesessen. Obwohl er seine kommunalen Ämter nach einem Streit über die finanziellen Zuschüsse für das Sinfonieorchester niederlegte, hat er die Zentrumspartei nicht verlassen. Wir können nicht nur mit Sicherheit davon ausgehen, daß Abraham Andersson ein Mann gewesen ist, der keinerlei Verbindung zu der widerwärtigen politischen Bewegung hatte, die wir Neonazismus nennen, wir können im Gegenteil davon ausgehen, daß er sich eindeutig davon distanziert hat. Man kann sich fragen, was er wohl gedacht hätte, wenn er erkannt hätte, daß sein Nachbar ein ehemaliges Mitglied der Waffen-SS war.«
»Vielleicht hat er es gewußt«, hörte Stefan sich sagen.
Giuseppe sah ihn an. Es war still im Raum. »Noch mal.«
»Ich meine nur, daß man dieses Argument ja auch umdrehen kann. Wenn Abraham Andersson entdeckt haben sollte, daß sein Nachbar Herbert Molin und vielleicht auch Elsa Berggren Nazis waren, dann eröffnet das die Möglichkeit auf ein tatsächlich existierendes Verbindungsglied.«
»Und was sollte das gewesen sein?«
»Ich weiß es nicht. Aber Molin hat sich im Wald versteckt. Er wollte um jeden Preis, daß seine Vergangenheit weiterhin ein gut gehütetes Geheimnis blieb.«
»Meinst du, daß Andersson gedroht haben könnte, ihn zu entlarven?«
»Man kann sich sogar Erpressung vorstellen. Herbert Molin hat alles getan, um sich zu verstecken, seine Vergangenheit zu verbergen. Er hat vor etwas Angst gehabt. Vermutlich vor einer Person, aber vielleicht auch vor mehreren. Wenn nun Abraham Andersson sein Geheimnis erkannt haben sollte, drohte vielleicht sein gesamtes Dasein einzustürzen. Elsa Berggren hatte ihm das Haus beschafft. Nun entstand plötzlich eine Situation, in der er wieder ihre Hilfe brauchte.«
Giuseppe schüttelte zweifelnd den Kopf. »Aber paßt das zusammen? Wäre Abraham Andersson vor Herbert Molin getötet worden, könnte ich es verstehen. Aber nicht nachdem Molin schon tot war.«
»Vielleicht ist Andersson die Person gewesen, die dem Mörder geholfen hat, Molin zu finden, und dann ist irgend etwas schiefgegangen. Es gibt noch eine weitere Möglichkeit. Elsa Berggren hat Abraham auf irgendeine Weise verantwortlich gehalten für das, was mit Molin geschehen ist, und sie hat sich gerächt.«
Erik Johansson protestierte. »Das kann nicht stimmen. Wie sollte Elsa, eine Frau über Siebzig, Abraham Andersson in den Wald hinausgezogen, ihn an einen Baum gebunden und erschossen haben? Das kann nicht sein. Waffen besitzt sie auch nicht.«
»Waffen lassen sich bekanntlich stehlen«, sagte Giuseppe kalt.
»Ich kann mir Elsa nicht als Mörderin vorstellen.«
»Das kann keiner von uns. Aber wir wissen alle, daß die äußerlich friedlichsten Menschen grobe Gewaltverbrechen begehen können.«
Erik Johansson schwieg.
»Was Stefan sagt, ist natürlich
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