Die Rückkehr des Tanzlehrers
weitergegeben worden sind, und nirgendwo sonst.«
Giuseppe schaute auf seine Hände. »Der Beschluß über die
Straßensperren ist hier gefaßt worden«, sagte er nach einer Weile. »Wir haben über einen Mann gesprochen, der auf dem Weg von Funäsdalen in südöstlicher Richtung unterwegs war.«
»Denkst du an den roten Ford? Den Mann, der geschossen hat?«
»Ich denke eher daran, daß wir die Möglichkeit diskutiert haben, ob es bei uns eine undichte Stelle gibt. Diese undichte Stelle würde demnach in einem angelehnten Fenster bestehen.«
Stefan zögerte. »Ich hatte in den letzten Tagen bei verschiedenen Gelegenheiten das Gefühl, daß mir jemand gefolgt ist. Das Gefühl eines Schattens hinter mir. Geräusche auf dem Bürgersteig. Aber ich bin mir nicht sicher.«
Giuseppe sagte nichts. Statt dessen stand er auf und ging zur Tür. »Geh zur Wand«, sagte er. »Rede weiter mit mir. Wenn ich das Licht ausmache, siehst du durchs Fenster hinaus.«
Stefan tat, wie ihm gesagt wurde. Giuseppe begann, irgend etwas über Johannisbeeren zu reden. Warum schwarze so viel besser waren als rote. Stefan war beim Fenster angelangt. Giuseppe machte das Licht aus. Stefan versuchte das Dunkel draußen mit dem Blick zu durchdringen. Aber alles war schwarz.
Giuseppe machte das Licht wieder an und kehrte an den Schreibtisch zurück. »Hast du etwas gesehen?«
»Nein.«
»Das bedeutet noch lange nicht, daß niemand dort gewesen ist. Oder daß dort nicht früher jemand gestanden hat. Aber wir können sehr wenig dagegen tun.«
Er schob zwei kleine Plastikbeutel zur Seite, die auf einem Aktenordner lagen. Einer davon fiel auf den Fußboden. »Der Techniker hat die Beutel vergessen«, sagte Giuseppe. »Es ist Papier und Abfall, den er auf der Straße, ein Stück von dem blauen Golf entfernt, gefunden hat.«
Stefan beugte sich nach dem Beutel auf dem Fußboden. Darin konnte er eine Benzinquittung sehen. Shell. Sie war schmutzig, kaum lesbar. Giuseppe folgte seinem Blick. Stefan hielt den Beutel näher an die Augen. Jetzt konnte er die Schrift entziffern. Die Benzinquittung stammte von einer Tankstelle in Sö-derköping.
Er legte den Beutel langsam auf den Tisch und sah Giuseppe an. Die Gedanken in seinem Kopf rotierten. »Elsa Berggren hat Abraham Andersson nicht getötet«, sagte er langsam. »Das hier ist eine Nummer größer, Giuseppe. Elsa Berggren hat ihn nicht getötet. Und es kann sehr wohl jemand draußen im Dunkeln gewesen sein, der gehört hat, worüber wir in diesem Zimmer gesprochen haben.«
Es begann wieder zu schneien. Giuseppe trat ans Fenster und schaute aufs Thermometer. Ein Grad unter Null. Er setzte sich wieder und sah Stefan an. Später sollte sich Stefan an diesen Augenblick erinnern. Ein klares und deutliches Bild davon, wie sich plötzlich etwas zusammenfügte. Die Bestandteile waren der Schnee, der zu fallen begonnen hatte, Giuseppe mit seinen blutunterlaufenen Augen und die Sache, die in Kalmar geschehen war. Die Entdeckung, die er gemacht hatte, als er in Wetterstedts Wohnung eingebrochen war. Er erinnerte sich, daß er nur ein paar Stunden zuvor Veronica Molin davon erzählt hatte. Jetzt war es Giuseppe, der ihm mit großer Aufmerksamkeit zuhörte. War er überrascht? Stefan konnte seinem Gesichtsausdruck nichts entnehmen. Er suchte nach einem Gesamtbild. Die verschmutzte Benzinquittung einer Shelltankstelle in Söderköping erschien ihm als Schlüssel, der endlich zu allen Schlössern passen würde. Doch um überhaupt Schlußfolgerungen ziehen zu können, mußte er die ganze Geschichte erzählen. Nicht nur Teile davon.
Was war es denn, was er verstanden hatte, als er den Plastikbeutel hochhob, der vom überfüllten Schreibtisch auf den Fußboden gefallen war? Vor allem, daß etwas detonierte. Lautlos. Eine Mauer wurde durchbrochen. Das bisher begrenzte Geschehen nahm plötzlich eine andere Dimension an. Die ganze Ermittlung hatte einen lokal begrenzten Charakter gehabt. Sie hatten die Lösung in Härjedalen gesucht. Jetzt stürzten die künstlichen Wände ein. Wie ein Projektil durchschlug die Benzinquittung ihr Gedankengebäude, und endlich war es möglich, klar zu sehen.
Jemand tankt in Söderköping einen roten Ford Escort auf, der einem Mann namens Harner mit einer Postfachadresse in Portugal gehört. Anschließend fährt dieser Jemand den Wagen durch Schweden, hält an einer Landstraße westlich von Sveg und schießt auf ein Auto, das vom Fjäll herunterkommt. Obwohl sie die schmutzige
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