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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Vielleicht mehr wie eine Hinrichtung.
    (Die zweite Frage beantwortet, dachte Stefan. Aber Giuseppe glaubt ihr nicht ganz.)
    EB: Ich muß auf die Toilette.
    GL: Dann machen wir hier eine Pause. Es ist fünfzehn Uhr zweiunddreißig. Erik zeigt Ihnen, wo es ist.
    Das Tonband wurde wieder eingeschaltet, das Verhör ging weiter. Giuseppe kehrte zum Ausgangspunkt zurück, wiederholte alle Fragen, blieb aber bei immer mehr Details stehen. Ein klassisches Verhör, dachte Stefan. Giuseppe ist müde. Er hat mehrere Tage fast ohne Unterbrechung gearbeitet, aber er kontrolliert, was sie sagt. Schritt für Schritt.
    Das Band blieb stehen. Giuseppe hatte den Schlußpunkt gesetzt. Siebzehn Uhr zwei. Das letzte, was er auf dem Band sagte, war die einzige Schlußfolgerung, die er ziehen konnte.
    GL: Ich denke, wir können hier einen Schlußpunkt machen. Sie haben gestanden, Elsa Berggren, am dritten November kurz nach Mitternacht Abraham Andersson vorsätzlich und nach einem vorgefaßten Plan vor seinem Haus in Dunkärret erschossen zu haben. Sie haben erklärt, wie es vor sich ging. Ihr Motiv war, daß Sie und Herbert Molin erpreßt wurden. Sie haben außerdem erklärt, daß Sie die Waffe, die Sie benutzt haben, von der alten Eisenbahnbrücke in den Ljusnan geworfen haben. Ist das richtig?
    EB: Ja.
    GL: Wollen Sie an dem, was Sie gesagt haben, noch etwas ändern?
    EB: Nein.
    GL: Möchten Sie sich äußern, Herr Anwalt?
    SH: Nein.
    GL: Dann werden Sie, Elsa Berggren, jetzt vorläufig festgenommen und ins Polizeipräsidium nach Östersund gebracht. Dort wird der Staatsanwalt den Haftbefehl erlassen. All dies kann Anwalt Hermansson Ihnen erklären. Wollen Sie noch etwas hinzufügen?
    EB: Nein.
    GL: Und Sie haben es so erzählt, wie es gewesen ist?
    EB: Ja.
    GL: Dann beende ich hiermit das Verhör.
    Stefan stand auf und streckte den Rücken. Es war stickig im Raum. Er öffnete das Fenster einen Spaltbreit und trank die halbvolle Ramlösaflasche aus, die auf dem Tisch stand. Dachte über das nach, was er gehört hatte. Er hatte das Bedürfnis, sich zu bewegen. Giuseppe schlief irgendwo. Er schrieb einen Zettel und legte ihn auf den Tisch. Kurzer Spaziergang. Zwischen den Brücken hin und her. Stefan.
    Er ging schnell, weil er fror. Der Fußweg am Fluß entlang war beleuchtet. Wieder hatte Stefan das Gefühl, daß ihm jemand folgte. Er blieb stehen und drehte sich um. Niemand. Ich bilde mir etwas ein, dachte er. Da ist niemand. Er ging weiter auf die Brücke zu, von der Elsa Berggren, wie sie ausgesagt hatte, die Waffe in den Fluß hatte fallen lassen. Nicht geworfen, sondern fallen gelassen. Sagte sie die Wahrheit? Davon mußte er ausgehen. Niemand bekannte sich zu einem Mord, den er nicht begangen hatte, wenn es nicht ganz besondere Gründe gab, einen Schuldigen zu schützen. Und dann handelt es sich meistens um einen Minderjährigen, dachte er. Es kommt vor, daß Eltern die Schuld ihrer Kinder auf sich nehmen wollen. Aber sonst? Er erreichte die Brücke. Versuchte, sich das Gewehr da unten im Wasser vorzustellen, und ging zurück. Eine Frage hat Giuseppe vergessen, dachte er. Warum hat sie gerade diesen Tag für ihr Geständnis gewählt? Warum nicht gestern? Warum nicht morgen? Ist es einfach so, daß ihr Beschluß an diesem Tag gereift ist? Oder gibt es noch einen anderen Grund?
    Er kam wieder zum Bürgerhaus und ging auf die Rückseite des Gebäudes. Das Fenster stand immer noch einen Spaltbreit auf. Giuseppe war jetzt zurückgekommen. Er sprach am Telefon. Mit Rundström, konnte Stefan hören. Die Bibliothek war immer noch geöffnet. Er ging in den Lesesaal und schaute nach, ob Boras Tidning da war. Sie hatten die Zeitung nicht. Er kehrte zum Polizeibüro zurück. Giuseppe sprach immer noch mit Rundström. Stefan blieb in der Tür stehen. Betrachtete das Fenster. Hielt den Atem an. Er hatte draußen im Dunkeln gestanden und alles hören können, was Giuseppe am Telefon gesagt hatte. Er ging zum Fenster, schloß es und verließ den Raum. Als er wieder auf der Rückseite des Hauses stand, konnte er nichts mehr von dem verstehen, was hinter dem Fenster gesprochen wurde. Er ging zurück ins Büro. Giuseppe beendete gerade sein Gespräch mit Rundström. Stefan öffnete das Fenster.
    Giuseppe sah ihn fragend an. »Was machst du da eigentlich?«
    »Ich habe entdeckt, daß man alles hören kann, was hier drinnen gesprochen wird. Sehr klar und deutlich. Wenn das Fenster nur angelehnt ist und man selbst sich draußen befindet.
    Wenn es dunkel

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