Die Rückkehr des Tanzlehrers
ist, kann man direkt davor stehen, ohne gesehen zu werden.«
»Ja, und?«
»Nur ein Gefühl. Eine Möglichkeit.«
»Daß jemand unsere Gespräche belauschen konnte?«
»Es ist bestimmt nur Einbildung.«
Giuseppe schloß das Fenster. »Sicherheitshalber«, sagte er und lächelte. »Was hältst du von ihrem Geständnis?«
»Hat es in den Zeitungen gestanden, daß er an einen Baum gebunden war?«
»Ja. Aber nicht, daß der Täter eine Wäscheleine genommen hatte. Außerdem habe ich mit einem Kollegen von der Spurensicherung gesprochen, der den Tatort untersucht hat. Er hat bestätigt, daß es sehr wohl so gewesen sein kann, wie sie behauptet hat.«
»Dann war sie es also?«
»Fakten sind Fakten. Aber du hast sicher bemerkt, daß ich meine Zweifel habe.«
»Wenn sie es nicht gewesen ist. Wenn sie den Täter schützt. Warum tut sie es?«
Giuseppe schüttelte den Kopf. »Wir müssen davon ausgehen, daß dieser Mord aufgeklärt ist. Eine Frau hat die Tat gestanden. Falls wir morgen das Gewehr im Fluß finden, können wir bald sagen, ob die tödlichen Schüsse aus ebendieser Waffe abgegeben wurden.«
Giuseppe saß da und rollte eines seiner abgebrochenen Zigarillos zwischen den Fingern. »In den letzten Tagen ist es ein Krieg an vielen Fronten gewesen. Ich hoffe, daß wir jetzt an einem der Frontabschnitte Ruhe haben.«
»Warum, glaubst du, hat sie sich gerade heute entschlossen, ihr Geständnis abzulegen?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht hätte ich die Frage stellen sollen. Ich nehme an, daß sie ganz einfach einen Beschluß gefaßt hat. Vielleicht hatte sie sogar so viel Respekt vor uns, daß sie eingesehen hat, daß wir sie früher oder später überführen würden.«
»Hätten wir das getan?«
Giuseppe verzog das Gesicht. »Man weiß nie. Manchmal
soll es ja vorkommen, daß sogar schwedische Polizisten einen Verbrecher fassen.«
Es klopfte an der halboffenen Tür. Ein junger Mann mit einem Pizzakarton kam in den Raum. Giuseppe bezahlte die Rechnung und steckte sie in die Tasche. Der Junge verschwand.
»Diesmal knülle ich sie nicht zusammen und lege sie in einen Aschenbecher. Glaubst du immer noch, daß es Hereira gewesen ist, der damals im Speisesaal gesessen und die Rechnung an sich genommen hat?«
»Vielleicht.«
Giuseppe öffnete den Karton. »Das ist das Kontinentalste an Sveg«, sagte er. »Hier gibt es eine Pizzeria. Nicht daß sie normalerweise ins Haus liefern. Aber wenn man Kontakte hat, geht es schon. Willst du ein Stück? Ich hatte noch keine Zeit, etwas zu essen. Ich bin eingeschlafen.«
Giuseppe zerteilte die Pizza mit einem Lineal. »Polizisten werden leicht übergewichtig«, sagte er. »Streß und schlampige Eßgewohnheiten. Dagegen begehen wir nicht besonders häufig Selbstmord. In der Hinsicht sind Ärzte schlimmer. Dafür weisen wir eine bedeutend höhere Sterblichkeit an Herzkrankheiten auf. Was vielleicht gar nicht so verwunderlich ist.«
»Ich habe Krebs«, sagte Stefan. »Ich kann vielleicht eine Ausnahme werden.«
Giuseppe saß mit einem Stück Pizza in der Hand da. »Bowling«, sagte er. »Da kannst du Gift drauf nehmen. Das macht dich gesund.«
Stefan konnte nicht anders als lachen.
»Wenn ich nur das Wort Bowling erwähne, fängst du an zu lachen. Ich glaube nicht, daß es zu deinem Gesicht paßt, ernst zu sein.«
»Wie hat sie mich genannt? Dieser bleiche Polizist aus Boräs?«
»Das war das einzig Lustige, was sie gesagt hat. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist Elsa Berggren ein entsetzlicher Mensch. Ich bin froh, daß sie nicht meine Mutter ist.«
Sie aßen schweigend. Giuseppe stellte den Pizzakarton mit den Resten auf den Papierkorb. »Wir bekommen die eine oder andere Information herein«, sagte er, während er sich den Mund abwischte. »Das Problem ist nur, daß es die falschen sind. Interpol in Buenos Aires hat uns zum Beispiel eine eigenartige Mitteilung geschickt, die besagt, daß es einen Fernando Hereira gibt, der wegen eines so legendären Verbrechens wie Falschmünzerei lebenslänglich im Gefängnis sitzt. Sie fragen, ob er es ist. Was soll man auf so etwas antworten? Daß wir ihre Mitteilung, wenn der Mann sich nachweislich geklont hätte, ernst nehmen würden?«
»Ist das wirklich wahr?«
»Leider. Aber wenn wir Geduld haben, bekommen wir vielleicht noch etwas Besseres von ihnen. Man kann ja nie wissen.«
»Und der rote Ford?«
»Verschwunden. Ebenso der Fahrer. Wir haben den Besitzer immer noch nicht ausfindig gemacht. Harner. Er scheint von
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