Die Rückkehr des Tanzlehrers
untersuchen?
Schließlich stand er auf. Die Fragen häuften sich. Aber am wichtigsten war es, den Ort des Verbrechens aufzusuchen.
Er zog sich an und ging hinunter in die Rezeption. Das Mädchen, das ihn empfangen hatte, führte ein Telefongespräch. Stefan faltete seine Karte auseinander und wartete. Er hörte, daß sie mit einem Kind sprach. Sie sagte, daß sie bald abgelöst würde und nach Hause käme.
»Ist das Zimmer in Ordnung?« fragte sie, nachdem sie das Gespräch beendet hatte.
»Alles in Ordnung«, versicherte Stefan. »Aber ich habe eine Frage. Ich bin nicht hergekommen, um die Belastbarkeit von Autos zu testen. Auch nicht als Tourist, oder um zu fischen. Ich bin hier, weil ein guter Freund von mir in der vorigen Woche in dieser Gegend ermordet wurde.«
Sie war sofort ernst. »Sie meinen den, der draußen hinter Linsell gewohnt hat?« fragte sie. »Der Polizist gewesen ist?«
»Genau den.«
Er reichte ihr seinen Polizeiausweis und wies dann auf die Karte. »Können Sie mir zeigen, wo er gewohnt hat?«
Sie drehte die Karte zu sich herum und suchte mit dem Blick. Dann zeigte sie mit dem Finger. »Sie fahren nach Linsell«, sagte sie. »Dort biegen Sie Richtung Lofsdalen ab. Sie überqueren den Ljusnan und kommen dann zu einem Straßenschild, auf dem Linkvarnen steht. Daran fahren sie vorbei. Nach ungefähr zehn Kilometern liegt sein Haus auf der rechten Seite. Die Zufahrt ist hier nicht eingezeichnet.«
Sie sah ihn an. »Ich bin nicht besonders neugierig«, sagte sie. »Aber ich kenne viele, die hingefahren sind, um zu gucken. Wir hatten ein paar Polizisten aus Östersund hier, die bei uns übernachtet haben, und ich habe gehört, wie sie am Telefon jemandem den Weg beschrieben. Jemandem, der mit dem Hubschrauber kommen wollte.«
»Ich vermute, daß hier in der Gegend Morde nicht besonders häufig sind«, meinte Stefan.
»Ich habe nie von einem gehört. Und ich bin hier in Sveg geboren. Als es noch eine Entbindungsstation gab.«
Stefan versuchte, die Karte zusammenzufalten, aber es gelang ihm nicht.
»Ich helfe Ihnen«, sagte sie und nahm die Karte, glättete sie und faltete sie zusammen.
Als Stefan auf den Vorplatz des Hotels trat, hatte sich das Wetter sehr verändert. Jetzt war der Himmel hoch und klar. Die Wolkendecke der frühen Morgenstunden war verschwunden. Er sog die frische Luft in die Lungen.
Dann dachte er, daß er so gut wie tot war. Und er fragte sich, wer zu seiner Beerdigung kommen würde.
Um kurz nach zwei war er in Linsell. Zu seiner Verwunderung entdeckte er dort eine Konditorei, die damit warb, gleichzeitig ein Internetcafe zu sein. Im Ort gab es außerdem eine Tankstelle und einen Lebensmittelladen. Er bog nach links über die Brücke ab und fuhr weiter. Zwischen Sveg und Linsell hatte er drei entgegenkommende Autos gezählt. Er fuhr langsamer. Ungefähr zehn Kilometer, hatte sie gesagt. Nach sieben Kilometern entdeckte er eine fast unsichtbare Abfahrt zu einer Schotterpiste, die auf der rechten Seite im Wald verschwand. Er bog hinein und folgte dem holprigen Weg etwa einen halben Kilometer weit. Dann endete er. Ein paar selbstgemachte Schilder besagten, daß die Wege, die in verschiedene Richtungen abgingen, Scooterspuren für den Winterverkehr waren. Er wendete und fuhr zur Hauptstraße zurück. Nach einem weiteren Kilometer fand er die nächste Abfahrt. Sie war fast unpassierbar und endete nach zwei Kilometern bei einem Holzlagerplatz. Mehrmals war er mit dem Chassis über Steine geschrammt, die aus dem schlecht unterhaltenen Weg hinausragten.
Als er nach Dravagen kam, wurde ihm klar, daß er zu weit gefahren war. Er wendete. Jetzt kamen ihm ein Laster und zwei Personenwagen entgegen. Dann war die Straße wieder leer. Er fuhr sehr langsam, mit heruntergekurbeltem Seitenfenster. Dann und wann kehrte der Gedanke an die Krankheit zurück. Er fragte sich, was wohl passiert wäre, wenn er nach Mallorca gefahren wäre. Dort hätte es keinen Weg gegeben, nach dem er suchen mußte. Was hätte er statt dessen getan?
Tief in irgendeiner dunklen Bar gehockt und sich vollaufen lassen?
Schließlich entdeckte er den Weg. Er lag unmittelbar hinter einer Kurve. Sofort wußte Stefan, daß es der richtige war. Er bog ab und fuhr noch langsamer. Der Weg führte aufwärts und verlief in drei Kurven, die unmittelbar hintereinander lagen. Die Piste war eben und mit einer Lage von Schotter bedeckt. Nach etwa zwei Kilometern sah er die Gebäude zwischen den Bäumen. Er fuhr auf den
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