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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Künstler namens Matisse darauf. Hatte er den Namen schon einmal gehört? Er wußte es nicht genau. Das Motiv war ein großer Garten. Im Hintergrund des Bildes waren zwei Frauen in weißen Kleidern zu erkennen. Stefan betrachtete die anderen Schachteln. Auf fast allen waren Kunstwerke abgebildet. Es waren große Puzzles, mit vielen Teilen. Er öffnete den Schrank daneben. Auch der war voller Puzzles. Alle noch ungeöffnet. Er richtete sich vorsichtig auf. Stets gewärtig, der Schmerz im Rücken könnte wiederkommen. Herbert Molin hat einen Teil seiner Zeit mit Puzzles verbracht, dachte er. Das war erstaunlich. Aber vielleicht nicht seltsamer, als sinnlose Zeitungsausschnitte über Elfsborgs Fußballclub zu sammeln.
    Er blickte sich im Raum um. Es war so still, daß er seinen Puls in den Ohren pochen hörte. Er dachte, daß er Kontakt mit dem Polizeibeamten in Östersund aufnehmen müßte. Dem mit dem ungewöhnlichen Vornamen. Vielleicht sollte er hinfahren und am Montag mit ihm reden? Aber er hatte nichts mit der Mordermittlung zu tun. Das würde er von vornherein klarstellen. Er war nicht nach Härjedalen gekommen, um eigene Nachforschungen darüber anzustellen, wer Herbert Molin getötet haben konnte. Mit größter Wahrscheinlichkeit gab es eine einfache Erklärung für den Mord. Das Motiv für ein Gewaltverbrechen war fast immer eine Frage von Geld oder Rache. Außerdem war oftmals Alkohol im Spiel. Der Täter stammte häufig aus dem Kreis nahestehender Familienmitglieder und Freunde.
    Vielleicht hatten Giuseppe und seine Kollegen bereits ein Motiv eingekreist und dem Staatsanwalt einen Verdächtigen präsentiert? Es sprach nichts dagegen.
    Stefan schaute sich noch einmal um. Fragte sich, was der Raum über das, was sich hier abgespielt hatte, erzählen konnte. Aber er fand keine Antwort. Dann überlegte er, was die blutigen Fußspuren auf dem Fußboden bedeuten mochten. Sie bildeten ein Muster. Was ihn erstaunte, war ihre Deutlichkeit. Als seien sie bewußt hinterlassen worden. Nicht Spuren eines Streits oder eines Todeskampfes. Er überlegte, was für Schlußfolgerungen die Spurensicherung und Giuseppe daraus gezogen haben mochten.
    Dann trat er an das große zerschossene Fenster.
    Er fuhr zusammen.
    Draußen auf dem Hofplatz stand ein Mann. Er hatte ein Gewehr in der Hand. Er stand vollkommen unbeweglich und starrte zum Fenster hinauf.
    Stefan blieb keine Zeit dafür, Angst zu haben. Als er den Mann mit dem Gewehr in der Hand draußen auf dem Hofplatz entdeckt hatte, trat er einen Schritt zurück und duckte sich neben dem Fenster. Fast unmittelbar darauf hörte er, wie ein Schlüssel ins Schloß gesteckt wurde. Wenn der Gedanke, daß es der Täter sein konnte, durch Stefans Kopf gewirbelt war, so verschwand er nun sofort. Der Mann, der Herbert Molin getötet hatte, würde wohl kaum einen Haustürschlüssel haben.
    Die Wohnzimmertür wurde aufgestoßen. Der Mann blieb in der Türöffnung stehen. Er hielt die Waffe seitlich am Körper. Stefan sah, daß es eine Schrotflinte war.
    »Hier sollte niemand sein«, sagte der Mann. »Und trotzdem ist jemand hier.«
    Er sprach langsam und deutlich. Aber er sprach nicht wie das Mädchen in der Hotelrezeption. Er hatte einen anderen Dialekt, den Stefan jedoch nicht einordnen konnte.
    »Ich kannte den Toten«, sagte er.
    Der Mann nickte. »Ich glaube Ihnen«, meinte er. »Die Frage ist nur, wer Sie sind.«
    »Herbert Molin und ich haben einige Jahre zusammen gearbeitet. Er war Polizist, ich bin es noch immer.«
    »Das ist ungefähr das einzige, was ich von Herbert weiß«, sagte der Mann. »Daß er Polizist gewesen ist.«
    »Wer sind Sie?«
    Der Mann machte Stefan ein Zeichen, mit ihm hinauszugehen. Er nickte zu dem leeren Hundezwinger hinüber.
    »Eigentlich glaube ich, daß ich Shaka besser gekannt habe«, sagte er. »Besser als Herbert. Ihn hat keiner gekannt.«
    Stefan betrachtete den Hundezwinger und dann den Mann an seiner Seite. Er hatte eine Glatze, war um die Sechzig, mager und mit Zimmermannshosen und einer Jacke bekleidet. An den Füßen trug er Gummistiefel. Er wandte den Blick vom Hundezwinger ab und sah Stefan an.
    »Sie wollen wissen, wer ich bin?« fragte er. »Warum ich einen Schlüssel habe und das Gewehr?«
    Stefan nickte.
    »Hier oben sind die Abstände groß. Ich nehme an, daß Ihnen auf dem Weg hierher nicht besonders viele andere Wagen begegnet sind. Und nicht eben viele Menschen. Auch wenn ich zehn Kilometer von hier entfernt wohne, kann man wohl

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