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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Frau seit neunzehn Jahren geschieden. Die Lokalisierung der zweiten Ehefrau, mit der Molin während seiner letzten Jahre in Boras verheiratet gewesen war, hatte sich als schwieriger erwiesen.
    Nach dem Gespräch ging Giuseppe zurück ins Haus. Er stellte sich direkt neben die Tür und betrachtete die Spuren eingetrockneten Blutes auf dem Fußboden. Dann tat er vorsichtig einige Schritte zur Seite und sah sie erneut an. Er runzelte die Stirn. Etwas an den Blutspuren begriff er nicht. Er nahm seinen Notizblock heraus, lieh sich von einem der Techniker einen Bleistift und machte eine Skizze. Alles in allem waren es neunzehn Fußabdrücke. Zehn von einem rechten Fuß, neun von einem linken.
    Er ging wieder hinaus auf den Hofplatz. Eine Krähe flatterte davon. Giuseppe betrachtete seine Skizze. Holte dann eine Harke, die er in einem Nebengebäude gesehen hatte. Er glättete den Boden vor dem Haus. Betrachtete, was er getan hatte, und drückte dann seine Füße fest in den Sand. In der gleichen Reihenfolge, in der er die Blutspuren aufgezeichnet hatte. Er stellte sich daneben und betrachtete sein Werk. Ging eine Runde darum herum und betrachtete die Abdrücke von verschiedenen Seiten. Dann setzte er vorsichtig seine Füße hinein und bewegte sich langsam. Er wiederholte die Bewegungen schneller, mit leicht gebeugten Knien.
    Da begriff er, was er vor sich hatte.
    Einer der Techniker kam hinaus auf die Treppe und zündete sich eine Zigarette an. Er blickte auf die Spuren im Sand.
    »Was machst du da?«
    »Untersuche eine Theorie. Was siehst du?«
    »Fußspuren im Sand. Eine Kopie dessen, was wir hier drinnen haben.«
    »Mehr nicht?«
    »Nein.«
    Giuseppe nickte. Der zweite Techniker kam heraus. Er hielt eine Thermoskanne in der Hand.
    »Lag da nicht eine CD im CD-Spieler?« fragte Giuseppe.
    »Das stimmt«, erwiderte der Techniker mit der Thermos-kanne.
    »Was für Musik?«
    Der Techniker gab seinem Kollegen die Thermoskanne und ging zurück ins Haus. Kurz darauf kam er zurück. »Argentinische Musik. Ein Orchester. Ich kann den Namen nicht aussprechen.«
    Giuseppe drehte noch eine Runde um die Spuren im Sand. Die beiden Techniker rauchten und tranken Kaffee, während sie ihm zuguckten.
    »Kann einer von euch Tango tanzen?« fragte er.
    »Nicht so im Alltag. Wieso?«
    Es war der Mann mit der Thermoskanne, der geantwortet hatte.
    »Weil das, was wir hier vor uns haben, Tangoschritte sind. Solche, die man in der Jugend gelernt hat, wenn man in die Tanzschule ging. Die Lehrerin hat Schrittfolgen auf den Boden geklebt, an die man sich halten mußte. Und das hier ist Tango.«
    Um seine These zu beweisen, begann Giuseppe einen Tango zu summen, dessen Namen er nicht kannte. Gleichzeitig bewegte er sich über den Sand. Die Schritte paßten.
    »Dann sind es also Tangoschritte, da drinnen auf dem Fußboden. Jemand hat Molin herumgeschleppt und seine blutenden Füße auf den Fußboden gesetzt, als ob er eine Tanzstunde bekäme.«
    Die Kriminaltechniker sahen ihn ungläubig an, räumten aber ein, daß es stimmen konnte. Zusammen gingen sie wieder ins Haus.
    »Tango«, sagte Giuseppe. »Nichts anderes. Derjenige, der Molin getötet hat, hat ihn zu einem Tango aufgefordert.«
    Schweigend betrachteten sie die Blutspuren auf dem Fußboden.
    »Die Frage ist nur, wer?« fuhr Giuseppe fort, als er wieder das Wort ergriff. »Wer fordert einen toten Mann zum Tanz auf?«
    Stefan Lindman hatte immer stärker das Gefühl, daß seinem Körper alles Blut entzogen wurde. Auch wenn die Laborantinnen ihn äußerst vorsichtig behandelten, war ihm, als würde ihn eine große Mattigkeit nicht mehr loslassen.
    Wegen der Proben, die ihm entnommen werden mußten, hatte er täglich viele Stunden im Krankenhaus verbracht. Er hatte auch noch zweimal mit der Ärztin gesprochen. Jedesmal hatte er sich eine Menge Fragen zurechtgelegt, die er dann doch nicht stellte. Im Innersten wußte er, daß er nur Antwort auf eine Frage haben wollte. Würde er überleben oder nicht? Irgendwo hatte er gelesen, daß der Tod ein Schneider sei, der unsichtbar und schweigend für das letzte Hemd des Menschen Maß nahm. Er hatte das Gefühl, daß seine Stunden bereits gezählt waren, selbst wenn er jetzt überlebte.
    Am vorigen Abend war er zu Elena in die Dalbogata gegangen. Er hatte sich nicht vorher angemeldet, was er sonst immer tat. Schon als er in der Tür stand, sah sie, daß etwas passiert war. Stefan hatte versucht zu entscheiden, ob er es ihr erzählen sollte oder nicht.

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