Die Rückkehr des Verführers
Hier kennt wirklich jeder jeden.“
„Du bist also wirklich schon eine Weile nicht mehr ausgegangen?“ Chris beugte sich vor, und diese vertrauliche Geste gab Macy plötzlich das Gefühl, allein mit ihm hier zu sein.
„Seit Jahren nicht mehr.“ Kurz nach dem Unfall war sie noch zu traumatisiert gewesen, um das Haus zu verlassen. Und als sie sich endlich wieder getraut hatte, hatte sie die neugierigen Blicke der anderen nicht ertragen können. Stattdessen hatte sie sich auf der Ranch ihres Vaters versteckt.
„Und wie ist es deiner Meinung nach gelaufen, dein erstes Dinner seit Jahren?“, wollte Chris wissen.
„Ich schätze, ganz gut“, gab Macy zu. „Es ist auch gleichzeitig mein erstes Date seit Jahren.“
„Ich bin sehr froh“, erklärte Chris. „Natürlich nicht wegen der tragischen Umstände, die dazu geführt haben. Aber ich fühle mich sehr geehrt, dass ich der erste Mann bin, mit dem du ausgehst.“
Dieser Nettigkeit wollte sie allerdings nicht zu viel Bedeutung beimessen – Chris war sicherlich nur freundlich. Außerdem wusste sie, dass sie augenblicklich noch sehr verletzlich war. Trotzdem hatte ihr dieser Abend sehr viel Spaß gemacht, und wenn sie ehrlich war, hoffte sie, dass Chris sie um ein weiteres Treffen bat.
„Ich bin auch froh, dass du es gewesen bist“, entgegnete sie. „Ich hätte mir keine angenehmere Gesellschaft wünschen können, um zu feiern, endlich meine Bandagen losgeworden zu sein. Danke, Chris.“
„Es ist mir wirklich eine große Freude gewesen, Macy.“
In Royal fühlte sich Chris stets wie auf dem Präsentierteller. In einer Großstadt wie in Dallas war es den Menschen gleichgültig, mit wem er ausging, aber heute Abend wurde er das Gefühl nicht los, dass die ganze Stadt von seinem gemeinsamen Dinner mit Macy wusste. Ein Grund mehr, sich darüber zu freuen, damals aus Royal fortgegangen zu sein und den Kleinstadtmief abgeschüttelt zu haben.
„Ich hatte ganz vergessen, wie es ist, in Royal zu leben.“
„Da wette ich drauf. Und du vermisst es nicht besonders, oder?“, fragte Macy, nachdem er die Rechnung bezahlt hatte. Sie saßen noch für einen Moment zusammen, um die Baileys zu trinken, die Chris abschließend bestellt hatte.
„Meine Mom fehlt mir“, gestand Chris. „Sie ist in Royal geboren und aufgewachsen. Ich habe versucht, sie zu einem Umzug nach Dallas zu bewegen, aber sie lässt sich nicht darauf ein. Stattdessen versucht sie, mich wieder hierherzulocken.“
„Ist dein Dad nicht genauso gewesen?“
„Ach, der war ein waschechter Yankee“, erwiderte Chris. „Er ist von der Ostküste hierhergekommen, weil er sein Leben dem Öl verschrieben hatte. Meine Eltern waren glücklich verheiratet bis zu seinem Tod.“
„Mir hat es wahnsinnig leidgetan, als ich davon gehört habe“, sagte Macy. „Hast du die Blumen bekommen, die ich geschickt habe?“
„Das weiß ich nicht, Mom hat sich um alles gekümmert. Warum bist du eigentlich nicht zur Beerdigung gekommen?“
Sein Vater war gestorben, als Chris gerade mit der Uni begonnen hatte. Dadurch war er in seinem Entschluss bestärkt worden, etwas aus seinem Leben zu machen und hatte sich voll und ganz auf sein Studium konzentriert.
„Ich hatte nicht geglaubt, willkommen zu sein“, rechtfertigte sich Macy. „Aber ich erinnere mich noch daran, wie freundlich er immer zu mir gewesen ist. Er war ein sehr netter Mann.“
„Ja, aber so idyllisch ist es bei uns nur zugegangen, wenn Besuch da war.“
Ganz im Gegensatz zu Macys Dad, der ihr den Umgang mit Chris verboten hatte, hatten seine Eltern das Mädchen verehrt und sie wie ihre Tochter behandelt, wenn sie abends bei ihnen gegessen hatte. Doch Chris und sein Vater waren zu anderen Gelegenheiten oft genug aneinandergeraten, weil beide den gleichen Dickkopf gehabt hatten.
„Wollen wir gehen?“, fragte er, um das Thema zu wechseln.
„Ja. Es ist wirklich ein schöner Abend gewesen.“
„Finde ich auch“, entgegnete er, bevor er ihr die Hand an den Rücken legte, um sie durch den Speisesaal zum Ausgang des Clubs zu führen. Er mochte dieses Gefühl. Damals waren sie zu jung gewesen, um sich körperlich wirklich nahe zu kommen – mehr als leidenschaftliches Petting hatten sie nicht miteinander angestellt. Er erinnerte sich daran, sie einmal im Sommer im Bikini gesehen zu haben, aber das war es dann auch schon gewesen, und er fragte sich, wie sie jetzt wohl aussehen mochte.
Als sie vor das Gebäude traten, blieb Macy plötzlich stehen
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