Die Rückkehr des Verführers
wie gut du dich erholt hast. Ich habe schon immer gewusst, dass du die Stärke deiner Mutter geerbt hast. Und das hast du in den letzten drei Jahren mehr als einmal unter Beweis gestellt.“
„Das hast du schon immer behauptet, aber ich habe mich nie so gefühlt. Mir ist alles immer zugeflogen, ohne eine Herausforderung zu sein.“ Aus diesem Grunde hatte sie damals vermutlich begonnen, sich mit Chris zu treffen, denn er war die erste Sache in ihrem Leben gewesen, für die sie sich wirklich hatte anstrengen müssen. Natürlich hatte es ihr auch Spaß gemacht, schließlich war er schon zu Highschoolzeiten ein attraktiver junger Mann gewesen. Natürlich hatte auch der Reiz des Verbotenen eine erhebliche Rolle dabei gespielt.
„Ich habe halt nie gewollt, dass du dich anstrengen musst. Mein Vater hat mir keinen Cent geschenkt und mich zweimal so schwer wie die anderen in der Baufirma schuften lassen, damit ich meinen Wert unter Beweis stelle. Das habe ich ihm wirklich übel genommen und nie gewollt, dass du auch mal so über mich denkst.“
Macy stand auf und umarmte ihren Vater. „Das habe ich nie – selbst dann nicht, als du mir vorgeschrieben hast, wen ich treffen soll und wen nicht.“
Er zuckte mit den Schultern, und Macy musste plötzlich daran denken, wie sie als kleines Mädchen auf ihnen gesessen und von dort aus den Festumzügen zugeschaut hatte. Ihr Dad war ihr erster Held gewesen und hatte stets dafür gesorgt, dass sie sich wie eine kleine Prinzessin vorgekommen war. „Ich habe immer nur versucht, dich zu beschützen.“
„Und trotzdem bin ich verletzt worden. Ist das Leben nicht manchmal seltsam?“
Gleichgültig, wie sehr ihr Vater versucht hatte, sie vor allem Übel zu bewahren – sie hatte trotzdem schmerzhafte Fehler begangen und Fehlentscheidungen getroffen. Dazu gehörte unter anderem auch, Benjamins Heiratsantrag angenommen zu haben. Natürlich hätte es gar nichts gebracht, wenn ihr Dad gesagt hätte, dass er Benjamin nicht ausstehen konnte. Das hätte sie nur noch mehr angestachelt, diese Beziehung aufrechtzuerhalten.
„Ja, das ist es“, gestand Harrison. „Wir können nur nach unseren eigenen Vorstellungen leben und hoffen, dass wir auf unserer Reise nicht zu viele Menschen verletzen.“
„Ich finde, du hast großartige Arbeit geleistet, Dad.“
„Danke, meine Kleine. Ich habe heute Vormittag ein Treffen im Club. Da geht es um die geplanten Baumaßnahmen.“
„Warum bist du eigentlich so scharf auf diesen Auftrag? Wir brauchen ihn doch gar nicht“, bemerkte Macy.
„Ich möchte sichergehen, dass durch Sebastians Fehlverhalten mein guter Ruf keinen Schaden nimmt. Immerhin ist er mein Freund gewesen, und ich habe nicht bemerkt, was er eigentlich getrieben hat.“
„Niemand macht dir einen Vorwurf“, beruhigte Macy ihren Vater.
„Ich mache mir selbst den Vorwurf, nichts von Sebastians Machenschaften mitbekommen zu haben“, erklärte Harrison. „Der Club ist schon immer mein zweites Zuhause gewesen, und ich möchte gerne, dass das so bleibt.“
Das verstand sie nur zu gut. Ihr Vater war ausgesprochen loyal. „Isst du heute Abend zu Hause?“
„Nein. Es wird vermutlich spät. Auf dem Heimweg halte ich noch mal im Club an. Und du?“
„Ich weiß noch nicht. Ich lese gerade ein neues Buch.“
Harrison lachte und schüttelte den Kopf. „Mädchen, du führst wirklich ein aufregendes Leben.“
Lächelnd umarmte sie ihren Vater. „Ich weiß. Ich setze alles dran, dass es so bleibt.“
Nachdem ihr Vater gegangen war, trank Macy ihren Tee, bevor sie sich für die Arbeit umzog. Sie freute sich bereits auf ihre Verabredung zum Lunch mit Chris. In der vergangenen Nacht hatte sie ziemlich heiße Träume von Chris gehabt und hoffte, diese Träume heute Wirklichkeit werden zu lassen. Sie wünschte sich, dass Chris zu ihr gehörte und nicht länger nur ein netter Typ war, den sie von früher kannte und mit dem sie sich traf. Der vergangene Abend war mehr als ungewöhnlich für sie gewesen.
Wollte sie wirklich zulassen, dass sich die Dinge zwischen ihnen weiterentwickelten? Konnte sie überhaupt etwas dagegen unternehmen? Zum ersten Mal in ihrem Leben sehnte sie sich nicht nach einem Verlobten oder einem Freund, sondern nach einem leidenschaftlichen Liebhaber. Ein seltsames Gefühl durchströmte sie bei diesem Gedanken, und sie betrachtete im Spiegel ihr wiederhergestelltes Gesicht. Sie begann allmählich, diese neue Frau, die sie geworden war, zu akzeptieren, und es war
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