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Die Rückkehr (German Edition)

Die Rückkehr (German Edition)

Titel: Die Rückkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Korridoren aufhängen lassen und schwächere Glühbirnen einsetzen lassen. Alles, um Atmosphäre zu schaffen.
    Ein Geniestreich, das Hotel als Ausflugsziel für Geisterjäger zu vermarkten. Lasst uns die Spinnweben hochjubeln. Das ist leichter als Staubwischen.
    »Stellen Sie sicher, dass Mr. Wilson das bekommt, was er braucht«, sagte Janey. »Er redet davon, dass er das zu einer jährlichen Veranstaltung machen möchte.«
    »Er ist ein wenig unheimlich«, sagte Violet.
    »Spielen Sie mit. Tun Sie so, als ob Sie Angst hätten. Lassen Sie ihn glauben, was er glauben möchte.«
    »Er hat mich gefragt, ob ich hier jemals ›Erfahrungen‹ gehabt hätte.«
    »Eine kleine harmlose Lüge hat noch nie jemandem geschadet«, sagte Janey und genoss die Ironie. Sie hatte Violet wegen Unterschlagung hochgehen lassen, aber nun förderte sie Unehrlichkeit als ausgesprochen guten Geschäftssinn.
    Als Violet in einem Hauch aus Lavendel und Apfel hinausging, lächelte Janey, wobei das Pergament ihrer Wangen faltig wurde. Das Vergnügen stand noch immer auf ihrem Gesicht geschrieben, als das Telefon läutete. Handys funktionierten hier auf der Kruste der östlichen kontinentalen Wasserscheide nur selten, ein weiterer Pluspunkt für den neuen Marketingansatz. Die nervenaufreibenden Telefone und rauschende Leitungen trugen zum geheimnisvollen Nimbus bei.
    »Janey, hier ist Stevie.«
    »Hi, gute Neuigkeiten. Wir sind für die Konferenz ausgebucht.«
    »Gut«, sagte Stevie, wobei sein Tonfall nicht wirklich überzeugte.
    »Ist was nicht in Ordnung?«
    »Das ist nicht einfach für mich. Du weißt, wie sehr ich das Hotel mag.«
    Janey fiel nicht darauf herein. Stattdessen verkrampfte sich ihr Magen in schlechtem Vorgefühl.
    »Chad und ich haben ein Angebot bekommen.«
    »Ein Angebot? Ich wusste nicht mal, dass ihr verkaufen wollt–«
    »Zwei Millionen pro Morgen. Für Eigentumswohnungen. Sie werden ein wenig von den Abrisskosten verrechnen, aber sie wollen das Geschäft so schnell wie möglich machen, wegen der guten Zinssätze. Das konnten wir uns nicht entgehen lassen, schon allein wegen der Verluste, die das Hotel macht.«
    »Wann?«, fragte Janey. Ihre Haut kribbelte in der Hoffnung, dass ihr noch ein gutes halbes Jahr bleiben würde, um die Kasse zu plündern. Es gab Schlimmeres als Vorruhestand.
    »Sonntag.«
    Sonntag. In zwei Tagen.
    »Ich weiß nicht–«
    »Wir kommen nächste Woche, um alles zu regeln. Keine Angst, Janey, du wirst eine prächtige Abfindung bekommen. Chad und ich sind keine Monster.«
    »Was ist mit den Angestellten?«, fragte Janey, obwohl ihr das völlig egal war. Sie spielte auf Zeit, um ihrem in Panik geratenen Geist die Gelegenheit zu geben, sich zu beruhigen.
    »Sag noch nichts, damit sie nicht einfach abhauen. Sorgt dafür, dass die Geisterjäger auf ihre Kosten kommen. Ein letzter Schwanengesang für das White Horse, oder?«
    Darauf kannst du deinen süßen kleinen Arsch wetten, Stevie.
    »Mach’s gut, Teure.« Stevie legte auf.
    Das Hotel war ihr Leben, ihre Identität, ihr Spielplatz. Sie hatte sich ausgemalt, dass sie ihr Zimmer im ersten Stock behalten würde, bis man sie in einem Plastiksack hinausbeförderte. Janey hielt das totenstille Telefon in ihren Händen, unfähig, der Leere ins Auge zu blicken, die sich vor ihr auftat.
    » Zwei Tage. «
    Hatte sie das laut gesagt?
    Sie hatte das intensive Gefühl, dass sie beobachtet wurde.
    Janey drehte sich um. Nichts.
    Verfolgungswahn.
    Aber das hieß nicht, dass sie sie nicht beobachteten.
    Sie fragte sich, ob sie gelauscht hatten.
    Zwei Tage.

 
     
     
    Kapitel 6
     
    Riecht nach Taubenkot und Mumien hier oben.
    Wayne ließ den Strahl seiner Taschenlampe über den schmalen Streifen Bohlenbelag wandern, der als Zwischendecke diente. Der Dachboden war mit zerrissenen Zeitungen gedämmt, weshalb es an ein Wunder grenzte, dass das White Horse nicht schon lange abgebrannt war, vor allem wenn man den lausigen Zustand der elektrischen Leitungen in Betracht zog. Die Sparren waren kreuz und quer mit Kabeln und Rohren überzogen und bewiesen, dass das Hotel versuchte, sich dem Lauf der Zeit anzupassen. Die Nachrüstungen waren planlos vonstattengegangen, und das Gewirr vermittelte das Gefühl, das jeden Moment monströse, haarige Spinnen aus den Schatten kriechen konnten.
    Er wollte den Dachboden zum Jagdschauplatz machen, konnte sich aber nicht vorstellen, wie es ihm gelingen würde, einen Haufen vierzigjähriger paranormaler Möchtegerngeisterjäger die

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