Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr (German Edition)

Die Rückkehr (German Edition)

Titel: Die Rückkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
Tausend«, sagte Janey. »Nicht gerade eine Kleinigkeit.«
    »Bitte«, sagte Violet.
    Violet Felkerson war eine von den hübschen. Hausdamen hatten es leichter, wenn sie hübsch waren; die Gäste fanden sich eher mit kaltem Wasser, schmutziger Bettwäsche und überteuertem Zimmerservice ab, wenn die Entschuldigungen über anziehende, lächelnde und demütige Lippen kamen. Und Janey genoss diesen Teil ihres Jobs mehr, wenn sie attraktiv waren. Sie hatten es verdient, das hässliche Innere kennen zu lernen.
    »Normalerweise bedeutet ein Ausrutscher den Abschied«, sagte Janey. »Dieses Hotel beruht auf Tradition, Hingabe und Ehrlichkeit, und jemand, der damit nichts am Hut hat, hat im White Horse nichts verloren.«
    Violets dichte Wimpern senkten sich und zuckten. Sie würde gleich zu weinen beginnen. Janey hatte mit ihren Worten eine geschickte Wahl getroffen, denn sie wirkten nur bei denen, die es sich nicht leisten konnten zu gehen.
    »Ich muss meinen Ruf wahren«, sagte Janey. »Man nennt mich nicht umsonst die ›Streitaxt‹.«
    Tatsächlich war »Streitaxt« nur einer ihrer Spitznamen. Sie hatte auch »Pferdearsch«, »Madam Mayflower« und »Gefängnisleiterin« gehört, und bestimmt hatten im Laufe der Jahre noch andere, weitaus vulgärere, die Runden gemacht.
    Sie zog an ihrer Zigarette und ließ den Rauch aus ihrem Mund über Violets blinzelndes Gesicht strömen. »Ich sag Ihnen was. Ich denke, wir können es abdecken, indem wir Geld vom Reparaturbudget rüberschieben. Vielleicht ein unerwartetes Leck im Warmwasserkreislauf. Chad und Stevie werden das schon schlucken.«
    Violet lehnte sich noch weiter vor, mit gefalteten Händen, als sei Janey der Geist von Mutter Teresa. Janey stopfte sich ihre Zigarette in den Mund, um ein Schmunzeln zu unterdrücken.
    »Danke«, sagte Violet. »Ich kann es in sechs Wochen zurückgeben.«
    »Sie werden es niemandem sagen?«
    Sagte die Spinne zu der Fliege.
    Violet stotterte fast. »Werden Sie?«
    Janey drückte ihre Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus, wodurch eine der mit Lippenstift beschmierten Kippen herausrollte und auf den Boden fiel. »Ich denke, wir werden eine Lösung finden.«
    Ein paar Tausend hatte Violet gesagt. Nach Janeys Berechnung belief sich der tatsächliche Umfang der Veruntreuung auf ungefähr viertausend Dollar, plus-minus ein paar hundert. Janey hatte es bemerkt, weil sie ständig berechnete, wie viel sie selbst stehlen konnte. Schließlich musste man sich als Frau zu helfen wissen. Wenn einen das Aussehen im Stich ließ, blieb nur noch die List. Das war eine Erkenntnis, zu der Violet erst in zwei Jahrzehnten kommen würde.
    Chad und Steve würden die geplünderte Kasse niemals bemerken. Sie hatten das Hotel als eine »Investition« gekauft, die in Wirklichkeit als Steuerabschreibung dazu dienen sollte, die Millionen auszugleichen, die sie mit ihren Eigentumswohnungen in Palm Beach verdienten. Bei dem einzigen Mal, das sie bislang zu Besuch gewesen waren, hatten sie lieber ein Zimmer im Courtyard by Marriott im benachbarten Boone gebucht, als unter ihrem eigenen undichten Dach zu schlafen. Deshalb war Janeys Buchhaltung wie das Geschäft einer Hure in einer Hafenstadt – mit der Flut kam das Geld, doch nachdem es versickert war, folgte die Ebbe.
    Violet sah so überschwänglich glücklich aus, dass sich Janey wünschte, sie noch ein wenig länger hingehalten zu haben. Aber Janey hatte einen zu hohen Verschleiß, und mit dem neuen Image als »das verspukteste Hotel in den Blue Ridge Mountains« wurde Violets Position immer schwieriger zu besetzen, und das trotz der Rezession und der Nebenleistung gelegentlicher kostenloser Getränke an der Bar.
    »Wir können ein paar zusätzliche Leistungen auf Wayne Wilsons Rechnung setzen.« Janey stand, der Stuhl ächzte mit metallener Brüchigkeit, die dem Ruf des Hotels gerecht wurde. »Eine Einrichtungsgebühr hier, einen Wartungszuschlag da. Wir geben ihm das Hotel für das ganze Wochenende, also sollte er sich über ein paar Überraschungen nicht wundern.«
    Janey vollführte einen langsamen, würdevollen Gang durch den Raum, was schwierig war, weil der Boden mit Reisemagazinen, einem Elektroheizer, einer kaputten Lampe und einem Putzeimer mit Wischmopp einem Hindernisparcours glich. Sie öffnete feierlich die Tür, die sich mit einem Quietschen bedankte. Sie hatte dem Hausmeister die Anweisung gegeben, auf das Schmieren der Türangeln zu verzichten. Sie hatte auch zusätzliche Spiegel in den

Weitere Kostenlose Bücher