Die Rückkehr (German Edition)
Dummköpfe, vor allem, weil sie sich nun selbst wie einer fühlte. Chad und Stevie brachten ihre Schäfchen ins Trockene, und sie würde nie erfahren, ob sich ihre harte Arbeit am Ende ausgezählt hätte. Diese Suite, die für fast die Hälfte ihres Lebens ihr Zuhause gewesen war, würde gemeinsam mit dem Rest des Hotels der Abrissbirne zum Opfer fallen. Und außerhalb ihrer Wände lag eine Welt, die sie nicht verstand.
Janey ertappte sich dabei, wie sie die Schatten in den Ecken ihres Schlafzimmers beobachtete. Sie hatte noch nie bemerkt, wie lang und schräg sie waren oder wie sie sich zu bewegen schienen, obwohl die Nachttischlampe einen festen Platz hatte. Janeys Lektüre, ein Liebesroman, der so durchschnittlich war, dass sie sich nicht an den Titel erinnern konnte, war nicht in der Lage, sie in den Schlaf zu betäuben.
Sie berührte das Telefon und überlegte sich, ob sie die Küche anrufen sollte. Die Jungs würden wahrscheinlich sauber machen und dabei Marijuana rauchen, während Rockmusik aus ihren CD-Spielern dröhnte. Gelegentlich gab sie nach Feierabend noch eine besondere Bestellung auf, einerseits, um den Fortgang der Arbeiten zu kontrollieren, andererseits um ihre Macht zur Schau zu stellen. Ein paar Spiegeleier wären genau das Richtige, um einen Koch und einen Tellerwäscher zu ärgern – ein letzter Befehl einer im Untergang begriffenen Königin.
Sie wählte die Nummer der Küche, während sie die Kammer im Auge behielt und an die Andeutung des jungen Cody dachte, dass im Hotel Dämonen leben könnten. Ganz offensichtlich war das die Ausgeburt einer Fantasie, die von Comics und Science Fiction gespeist wurde, und vermutlich auch gelegentlichem Klebstoffschnüffeln, aber der Gedanke jagte ihr trotzdem einen Schauer ein.
»Hallooo«, sagte eine männliche Stimme, die sie nicht erkannte.
»Ich bin’s, Janey. Ich wollte nur wissen, ob die Küche noch offen ist.«
»Wir haben sie vor 15 Minuten geschlossen.«
»Oh.« Sie bemühte sich um ein enttäuschtes Jammern. »Ich haben einen Riesenhunger.«
»Wir können Ihnen was machen. Kein Problem.«
Sie gab ein fröhliches Cheerleader-Kichern von sich. »Das würden Sie für mich tun?«
»Klar. Für Sie tu’ ich alles, Miss Mays.«
»Wow. Wer sind Sie? Ich will sicher gehen, dass ich einen positiven Eintrag in ihre Personalakte mache.«
»Ich bin’s, die Streitaxt.«
»Wie bitte?«
Die Stimme wurde tiefer und klang so, als ob sie sich verdoppelt hätte: »Das Ding unter dem Keller.«
Janey richtete sich auf, ihr Taschenbuch fiel auf den Boden. »Das ist nicht witzig. Ich lasse Sie feuern–«
»Noch zwei Tage, Miss Mays«, stichelte die seltsame Stimme. »Lassen Sie sie glauben, was sie glauben wollen.«
Sie erkannte wieder, was sie früher am Tag zu Violet gesagt hatte. Also tratschten die Angestellten unter einander. Sie würde auf die harte Weise aufräumen müssen, Violet dazu zwingen, sich mit diesem ungestümen Koch zu befassen, bevor sie sie beide hochkantig hinauswarf.
Aber woher wussten sie, dass das Hotel schließen würde? Sie hatte es niemandem gesagt.
»Sie sind gefeuert«, sagte sie ins Telefon, wobei sie das Beben der Wut in ihrer Stimme kaum unter Kontrolle halten konnte.
»Eher angefeuert durch die Schmiede ganz unten, Miss Mays. Der nette Junge hat versucht, es Ihnen klar zu machen, aber Sie glauben nur, was Sie glauben wollen, oder?«
Es war niemand anderes in der Nähe gewesen, als Cody die Dämonen erwähnt hatte. Ihr Griff um das Mobilteil des Telefons verkrampfte sich, und sie blickte in die Kammer. Die Schatten waren näher an das Bett herangekrochen.
Nein, das ist unmöglich.
Sie ließ sich durch Codys Fantasie beeinflussen. Wenn sie davon überzeugt war, dass die Schatten in die Zimmerecken gehörten, dann blieben sie da auch.
Verfolgungswahn. Eine anstehende Veränderung. Angst vor dem Unbekannten.
Es lief alles auf einen Kontrollverlust hinaus.
»Ich komme nach unten«, sagte sie. »Sie haben sich bis dahin besser ausgestempelt und das Haus verlassen, sonst lasse ich Sie wegen Hausfriedensbruch verhaften. Und sollte auch nur ein einziger Teelöffel fehlen, werde ich Sie auch wegen Unterschlagung belangen.«
Unterschlagung war eine praktische Drohung. Sie konnte das Bestandsverzeichnis des Hotels ändern und jeden Angestellten zur Rechenschaft ziehen: Violet wegen der Handkasse, Rosalita für Bettwäsche und Handtücher, diese namenlose Ratte für Küchengeräte. Und genau wie ein angeblicher
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