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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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los?« Dean kratzte sich nervös am Ohr und trat von einem Bein auf das andere.
    »Dann ist’s ja gut«, sagte Sedem und gab seinem Pferd mit dem Zügel ein Zeichen, worauf es sich in Bewegung setzte. »Es täte mir leid, wenn ich feststellen müßte, daß du mein Vertrauen nicht verdienst. Ich müßte es Edvard sagen.«
    Dean wurde es schlagartig heiß. Von allen Seiten hagelte es plötzlich Drohungen. Mervec machte schon genug Probleme, die Worte seines Partners in Izola waren nicht minder eindeutig gewesen, dann tauchte auch noch dieser Polizist aufund stellte komische Fragen, obgleich klar war, daß er nicht deswegen vorbeigekommen war. Und jetzt noch Sedems Anspielung. Einmal nur hatte Dean eine Begegnung mit Dukes Sekretär gehabt, ganz zu Anfang, als er seine Nase zu tief in die Angelegenheiten seiner neuen Nachbarn gesteckt hatte, wie er es aus seinem früheren Beruf gewohnt war. Monatelang kurierte er die gebrochenen Rippen aus. Woher sollte er wissen, daß Sedem sich niemals den Leuten seines Vaters anvertrauen würde?
     
    *
     
    Sie wurde durch das Summen des elektrischen Rollstuhls geweckt. Pina blinzelte in das noch matte Licht, das durchs Fenster fiel, es schien ein sonniger Tag zu werden. Sedems Haare waren naß von dem Bad, das er nach seinem Ausritt genommen hatte, und seine Wangen von der frischen Morgenluft gerötet. Er hielt ein Tablett in der linken Hand, auf dem eine Tasse Espresso stand, während er mit der rechten den Joystick bediente, mit dem er sein Gefährt steuerte.
    »Ich war mir ziemlich sicher, daß du ihn ohne Milch trinkst, und habe zwei Löffel Zucker reingetan. Liege ich richtig?« fragte Sedem und hielt vor ihrem Bett.
    »Wie hast du das erraten?« Pina nahm die Tasse. »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach acht. Wenn du Lust hast, den Markt in Rijeka zu sehen, dann müssen wir bald los. Später ist es zu voll, als daß ich problemlos mit diesem Gerät durchkomme.«
    Pina sprang auf. »Bis du mir noch einen Kaffee gemacht hast, bin ich soweit. Was hältst du da hinter deinem Rücken?«
    »Entschuldige, aber ich dachte, die paßten farblich etwas besser.« Sedem zog eine Packung mit durchsichtigen Damenstrümpfen hervor.
    Pina riß ihm die Packung aus den Händen und verschwand im Bad.
     
    Viele Gebäude in Rijeka erinnerten Pina an Triest, und sie erfreute sich am Anblick der Fähren der Jadrolinija, die im Hafen vertäut lagen. Der Maserati zog viel Aufmerksamkeit auf sich, als er am Opernplatz hielt. Pina und Sedem kamen an der Statue des Komponisten Ivan Zajc vorbei und erreichten auf der anderen Seite des Platzes die alte Markthalle, die Velika Tržnica, unter deren Dächern täglich der reiche Fischmarkt unzählige Kunden anzog. Und in den Seitenstraßen um das Gebäude herum bogen sich die Verkaufsstände unter der Last des frischen Gemüses, das die Bauern aus dem größeren Umland feilboten. Pina gefiel das Gedränge und das Rufen der Verkäufer, die ihre Ware anpriesen. Hier ließ sich die pathetische Weihnachtsatmosphäre größerer Städte leicht vergessen. Sie war schwer bepackt, denn Sedem machte keine Anstalten, seine Kauflust zu zügeln.
    »Man muß die Chancen beim Schopf greifen, wenn wir schon einmal hier sind«, sagte er. Er hatte soeben eine Kiste wuselnder Scampi erstanden und verhandelte den Preis einer riesigen, drei Kilo schweren Dorade. »Die können wir heute abend essen, wenn Duke und Vera von der Zeremonie zurück sind.«
    Als sie den Gemüsemarkt unter die Lupe nahmen, hielt Sedem auf einen Schlag an. Pina merkte es erst, als sie schon ein paar Schritte entfernt war. An der Wand der Markthalle prangte das Konterfei seines Vaters auf einem Plakat mit zweisprachigem Text. »Besser tot als lebendig« stand in dicken Lettern am unteren Rand. Die zehn Sätze darüber waren die übliche Polemik, die sie schon auf dem Muster in Laurentis Büro gelesen hatte.
    »Das ist es also.« Sedem hatte einen hochroten Kopf und brach endlich sein Schweigen. Aber es schien, als redete ermit sich selbst. »Na warte. Ich werde dir beibringen, was es heißt, mich zu betrügen.« Endlich schaute Sedem sie an. Sein Blick war verändert, als hätte sich eine Wand aus Panzerglas vor seine Pupillen geschoben.
    »Er ist immerhin mein Vater. Häng es ab, ich will es mitnehmen.«
    Es dauerte eine Weile, bis Sedem seine Fassung wiedergefunden hatte. Er zeigte auf eine Bar, die auch im Winter Tische im Freien hatte. Er bat Pina, eine Cola für ihn zu bestellen und verschwand mit seinem

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